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Veröffentlicht auf freiburg-postkolonial.de am 14.09.2011

 

 

 

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Rezension von:

Michael Pesek:

Das Ende eines Kolonialreiches.

Ostafrika im Ersten Weltkrieg

Den Kriegszug, den der deutsche General Paul von Lettow-Vorbeck 1914-1918 gegen das britische Empire in Ostafrika führte, war der „Höhepunkt der Ausbeutung Afrikas: seine Verwendung als reines Schlachtfeld“, schrieb 1979 der Historiker John Iliffe. Der jahrelange Klein- und Guerillakrieg kostete hunderttausenden von Afrikanern das Leben wie auch langfristige ökologische Verheerungen für Ostafrika die Folge waren. Lettow-Vorbeck bedachte die afrikanischen Opfer mit keinem Wort in seiner späteren Autobiographie, abgesehen davon, dass er den Mythos von den „treuen Askaris“ pflegte.

Gleichermaßen schenkte die spätere Geschichtswissenschaft den Afrikanern wenig Beachtung. Diese Forschungslücke schließt nun der Berliner Historiker Michael Pesek mit seiner Studie über „Ostafrika im Ersten Weltkrieg“. Explizit unter einer afrikanischen Perspektive untersucht er - trotz der äußerst schwierigen Quellenlage - das Leben, Leiden und Sterben der Afrikaner (und Inder), die unter der Knute der kleinen Anzahl von Europäern als Träger, Arbeiter und Soldaten, den Durchhaltekrieg überhaupt erst ermöglicht haben.

Der Autor gewährt Einblicke in die Alltagserfahrungen der Afrikaner, darunter auch deren Erinnerungskultur, Lieder und Tänze. Die Schilderungen die Kriegsverbrechen, der massenhaften Vergewaltigung von Frauen und die Ausplünderung der Zivilbevölkerung zeigen einmal mehr, dass dieser Krieg keinesfalls, wie seinerzeit von den Weißen stets behauptet, „ehrenhaft“ und „fair“ geführt wurde. Die Afrikaner verglichen denn auch nicht zu Unrecht den Ersten Weltkrieg mit den Sklavenjagden der vorangegangenen Jahrhunderte. R esümierend stellt Pesek fest, dass der Krieg in Ostafrika „von seinen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen her (…) mit dem Dreißigjährigen Krieg im Europa des 17. Jahrhunderts“ (S. 383) durchaus vergleichbar sei. Die Kolonialpolitik, so stellt er weiter fest, war kaum der Anlass für den Ersten Weltkrieg, aber der Krieg war dafür verantwortlich, die koloniale Landkarte der Welt zu verändern.

Das Buch ist gut lesbar geschrieben, abgesehen davon, dass die ein oder andere neuere Veröffentlichung nicht berücksichtigt wurde, wie etwa die Studie von Thomas Morlang „Askari und Fitafita. ‚Farbige’ Söldner in den deutschen Kolonien“ (2008) oder wie sich manch k leinere Ungenauigkeit eingeschlichen hat. Beispielsweise war der „Deutsche Kolonialbund“ keinesfalls die mächtigste Lobbygruppe innerhalb der deutschen Kolonialpolitik (S. 284), sondern die Deutsche Kolonialgesellschaft, sowohl vor, als auch nach dem Ersten Weltkrieg. Trotz alledem weist das Werk Wege auf, wie die Geschichtsschreibung der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert jenseits eurozentrischer Betrachtungsweisen aussehen kann. Damit liegt Pesek ganz auf der Linie der Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“, welche - bei allen um sie geführten Auseinandersetzungen - auf diesem Weg vorangeschritten ist.

Joachim Zeller

Michael Pesek: Das Ende eines Kolonialreiches. Ostafrika im Ersten Weltkrieg, Campus, Frankfurt / New York 2010, 419 Seiten, 27 Abbildungen, Reihe: Eigene und fremde Welten, Bd.17, EAN 9783593391847, € 39,90

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Siehe auch zum Thema:

  • Möhle, Heiko: Die Preußen Afrikas - Lettow-Vorbeck und die Pflege kolonialer Traditionen (1998) Zum Text
  • Michels, Eckhard: Paul von Lettow-Vorbeck. Eine Biographie. Ein preußischer Kolonialoffizier (2008) Zur Rezension
  • Schulte-Varendorff, Uwe: Kolonialheld für Kaiser und Führer – General Lettow-Vorbeck (2006) Zur Rezension

Kolonialrevisionistische Veranstaltungen mit Lettow-Vorbeck in Freiburg:

24.10.1927, General Paul von Lettow-Vorbeck: "Ostafrikanische Kriegserlebnisse", Veranstalterin: Koloniale Arbeitsgemeinschaft Freiburg, Ort: Paulussaal (siehe Freiburger Zeitung vom 25.10.1927 Artikel und Jambo, Heft 12 / 1927. Artikel)

13.06.1935, General Paul von Lettow-Vorbeck: Die wirtschaftliche Bedeutung unserer ehemaligen Kolonien“, veranstaltet von der Deutschen Arbeitsfront/Kreisverwaltung Freiburg, siehe Bericht in "Der Alemanne", 14.06.1935, Artikel

25.6.1938, General Paul von Lettow-Vorbeck über die "Verteidigung Deutsch-Ostafrikas" in der Städtischen Festhalle, Veranstalter: Kreisverband Freiburg des Reichskolonialbundes, siehe Freiburger Zeitung vom 24.6.1938 Artikel und 27.06.1938, Artikel