Pressedokumentation auf www.freiburg-postkolonial.deAnthropologen-Besuch bei der Singhalesen-Völkerschau in Freiburg |
Freiburger Zeitung, 27. April 1888 (Tagesausgabe), 3. Seite Von fachwissenschaftlicher Seite wird uns geschrieben: Die Singhalesen-Karawane des Hrn. Hagenbeck, welche seit dem letzten Samstag in Freiburg weilt, wurde am Dienstag von einigen Anthropologen besichtigt. Die Messungen, welche an 7 Personen vorgenommen wurden, bestätigen im Wesentlichen das Resultat der Virchow'schen Untersuchungen im Jahre 1885. Die Singhalesen sind in der That nicht, wie man bisher angenommen hatte, dolichokephal (langköpfig), sondern mesokephal (mittelköpfig). Dadurch gewinnt die Ansicht, auf welche die Forschung zunächst durch die Betrachtung der aus arischen und einheimisch-dravidischen Elementen zusammengesetzten singhalesischen Sprache geführt wurde, die höchste Wahrscheinlichkeit: - die Singhalesen sind ein Mischvolk. Bereits der erste Blick zeigt, daß wir den vertretern einer verhältnismäßig civilisierten Race gegenüberstehen. Das wohlgebildete, broncefarbene Gesicht mit den großen, dunkelbraunen, lebhaft glänzenden Augen, zeugt unzweideutig von intellektueller Begabung. Das lange, schwarze Haar, welches am Hinterkopf zu einem Knotenzusammengebunden ist, ist schlicht und nur etwas am Ende gewellt. Der Mund ist klein: und bei den Meisten schimmert zwischen den vollen Lippen ein beneidenswertes Gebiß hervor. - Der Körper zeigt bei einer mittelgroßen Statur eine beinahe weiblich zierliche Bildung. - Uebrigens sei bei dieser gelegenheit bemerkt, daß die Truppe, abgesehen von einer Zwergin, welche dem Tamil-Stamm angehört und also keine Singhalesin ist, ausschließlich aus Männern besteht. - Daß die Muskulatur der Singhalesen nichts destoweniger gut entwickelt ist, daran kann man sich am besten bei der Aufführung ihrer Tänze überzeugen. Diese Tänze, welche im verein mit den Aufzügen ein höchst interessantes Bild eines fremdartigen Volkslebens gewähren, sind dieselben, welche bei den großen buddhistischen Festen zu kandy, wo der Zahn des Buddha aufbewahrt wird, aufgeführt werden. Die Schlangenbeschwörer, welche sich bei den Aufführungen zeigen, sind keine Singhalesen sondern Indier. Allerdings wird nur ein einigermassen geübtes Auge im Stande sein, die feinen Differenzen zu erkennen, welche die Festländer von den Ceylonesen unterscheiden. Gleich der Mehrzahl der mohamedanischen Bevölkerung Central-Asiens sprechen sie das stark mit persisch-arabischen Elementen versetzte Hindu oder Hindostan. Zum Schluß könne wir nicht umhin, unser Bedauern darüber auszudrücken, daß das verdienstvolle und hochinteressante Unternehmen hier bisher nicht die Beachtung gefunden hat; - vermuthlich, weil man dasselbe, ganz zu Unrecht, auf eine Stufe mit den gewöhnlichen Meßschaustellungen stellt. Scan der Originalseite auf dem Server der UB-Freiburg | Zurück zum April 1888 der Pressedokumentation
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