Siehe zum Thema auf freiburg-postkolonial.de:
Tanja Berger: Räuber, Retter und Gelehrte - Die Debatte um die Rückgabe geraubter Kulturgüter (2001), Zum Text
Margarete Brüll: Kolonialzeitliche Sammlungen aus dem Pazifik - Ethnografika im Adelhausermuseum als Freiburger Erbe des Kolonialismus (pdf, 28 Seiten) Mehr
Edgar Dürrenberger: Freiburg und Afrika - Afrikanische Ethnografika als Freiburger Erbe des Kolonialismus im Adelhausermuseum Mehr
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Siehe auch die Aktivitäten des Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlags (BER) zur Kulturgüterproblematik und Nofretete Mehr |
Siehe Veranstaltungsbericht: Hartmut Buchholz: Mauern, vertagen und vertrösten. Eine Freiburger Veranstaltung thematisiert die kaum untersuchten Umstände von Kunstraub, Badische Zeitung, 27.06.2007, S. 6 , Artikel
20.06.2007 - Vortrags- und Diskussionsveranstaltung:
Kulturerbe des Kolonialismus - Wie es nach Deutschland kam und wie man heute damit umgeht
Kommunales Kino Freiburg, Urachstr. 40 | 20.06.2007, 20.00 Uhr, Eintritt: 2 €
Viele Kunst- und Kulturobjekte in westlichen »Völkerkundemuseen« sind Relikte der Ausplünderung durch koloniale Herrschaft. Anja Kuhr und Lena Blosat (CulturCooperation Hamburg) erzählen die Geschichte der Nofretete-Büste, der „berühmtesten Berlinerin“. Dazu wird auch ein 15min. Filmausschnitt aus dem aktuellen Dokumentarfilm "Federn lassen. Heimkehr aus dem Exil" gezeigt (s.u.). Anschließend wird die gerade neu entbrannte Debatte um eine Ausleihe oder Rückgabe an Ägypten vorgestellt.
Auch sehr viele Stücke des 1895 gegründeten städtischen Freiburger Adelhausermuseum. Natur- und Völkerkunde gehen auf Erwerbungen in den deutschen Kolonien in Afrika, Ozeanien und China zurück. Der Museumsmitarbeiter Edgar Dürrenberger gibt Einblicke, wie Freiburg vor 100 Jahren den Gouverneur des damaligen Deutsch-Südwestafrikas für die Sammlungen einspannte und was heute mit den Gegenständen passiert.
Moderation: Heiko Wegmann
Eine Veranstaltung von www.freiburg-postkolonial.de (informationszentrum 3. welt e.V.)
"Federn lassen. Heimkehr aus dem Exil" Dokumentarfilm, 2006, von Gustav W. Trampitsch.
Dieser Film dokumentiert die Geschichte dreier kultureller Streitobjekte: der Federkrone des Montezuma, der Büste der Nofretete, und Teile des Parthenon – Frieses.
"Federn lassen" schildert von der Einzigartigkeit der Kulturgüter, deckt auf, warum sie sich im Exil befinden und erzählt ihren Weg in eine fremde Heimat.
Wird der legendenumwobene angebliche Kopfschmuck des letzten Aztekenherrschers Montezuma nach gut 500 Jahren aus Wien wieder nach Mexiko zurückkehren können? Wird der weltberühmte Marmorfries des Parthenon bald schon statt in London in Athen und die Büste der Königin Nofretete statt in Berlin in Ägypten zu bewundern sein?
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Die Veranstaltung wird gefördert von:
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1. Zum Kampagnen-Start "Nofretete geht auf Reisen"
2. Audio-Beiträge zum Thema Ethnologie und geraubte Kulturgüter
3. Presseerklärung zur Kampagne “Nofretete geht auf Reisen”
CulturCooperation e.V. vom 16.04.2007 |
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1. Die Kampagne "Nofretete geht auf Reisen"
Im April 2007 startete die Kampagne der CulturCooperation (Hamburg). Aufhänger ist die in 2006 neu entfachte Debatte um Rückgabe, Verbleib oder Ausleihung der auf der Berliner Museumsinsel befindlichen, antiken ägyptischen Nofretete-Büste, Ziel ist jedoch allgemeiner die 'Entkolonialisierung' der deutschen Museen durch die öffentliche Debatte über den Umgang mit 'fremden' Kulturgütern.
Die CulturCooperation schreibt:
"Seit 1913 befindet sich die Büste der Nofretete in Berlin - und fast genauso lange fordert Ägypten ihre Rückgabe. Die 'berühmteste Berlinerin' ist ein Publikumsmagnet, aber auch ein ungelöster Streitfall. Die ägyptische Seite hat protestiert, gedroht, andere bedeutende Kulturgüter zum Tausch angeboten und bedeutendste Kulturgüter für Ausstellungen in Deutschland zur Verfügung gestellt. Bewegt hat sich jedoch nichts: Seit 95 Jahren pocht man in Berlin darauf, dass der Besitztitel juristisch einwandfrei sei und verweist darauf, dass 'Nofretete' längst ein integraler Bestandteil unserer kulturellen Identität sei, den wir nicht mehr hergeben. Selbst eine Ausleihe der Büste für eine befristete Ausstellung in Ägypten steht für die verantwortlichen Museen in Berlin offenbar nicht zur Debatte. Eine entsprechende Bitte, die der Chef der Ägyptischen Antikenverwaltung im Mai 2006 bei der Eröffnung der Ausstellung der Unterwasserschätze aus Alexandria im Gropiusbau in Berlin erneut geäußert hat, wurde bisher nicht beantwortet.
Lösungen finden
Der Streit über den Verbleib der Büste der Nofretete steht beispielhaft für das ungelöste Problem des Umgangs mit fremden Kulturgütern, die vor langer Zeit auf meist zweifelhafte Weise in europäische Museen gelangten, wo sie noch heute selbstverständlich als Teil des eigenen Kulturbesitzes, häufig sogar des eigenen Kulturerbes vereinnahmt werden. Obwohl die europäischen Museen nur in wenigen Fällen mit konkreten Restitutionsforderungen oder Anfragen für Ausleihen konfrontiert werden, weigern sich die meisten Museen bis heute, die fragwürdigen Besitztitel aufzugeben und den Ländern, denen bedeutende Kulturgüter einst geraubt oder durch fragwürdigen Tausch- bzw. Ankaufgeschäfte verloren gegangen sind, endlich ein faires Angebot zu machen. So ist es auch in Berlin, wo sich die zuständigen Vertreter der Museen und die verantwortlichen Kulturpolitiker bisher jeder Debatte über eine konsensfähige Lösung verweigert haben.
Die Kampagne
Um diese Blockadehaltung aufzulösen, erscheint es uns notwendig und überfällig, dass sich die Öffentlichkeit jetzt einmischt und darüber diskutiert, wie dieser Konflikt von deutscher Seite fair gelöst werden kann. Mit der Kampagne 'Nofretete geht auf Reisen' bieten wir dafür eine Plattform."
Umfangreiche Informationen zu Nofretete, Kampagnenmaterial und Veranstaltungshinweise bietet die neue Website
Einen aktuellen Aufriss der Problematik um Nofretete, geraubte Kulturgüter und die Doppelmoral im Fall der sogenannten "Beutekunst" bietet auch das Editorial der Ausgabe 67/68 (April 2007) der IKA - Zeitschrift für Internationalen KulturAustausch
Zum Editorial (pdf, 5 Seiten, 288 KB)
2. Radiosendung von freiburg-postkolonial und RDL zum Thema:
Kolonialismus, Ethnologie & der Raub von Kulturgütern
- Die ganze Sendung (mit Moderation, 30:05 Min., 28 MB, Erstsendetermin 27.02.07) Anhören
- Einzelne Teile:
- Zum Verhältnis von Kolonialismus und Ethnologie - Interview mit Christoph Seidler (8:48 Min., 8 MB) Anhören
- Das Adelhausermuseum in Freiburg – Kulturgüter der Kolonialzeit aus Ozeanien (9:05 Min., 8,3 MB) Anhören
- Interview mit Lena Blosat von CulturCooperation Hamburg über die Kampagne „Nofretete geht auf Reisen“ (9:55 Min., 11,3 MB) Anhören
3. Presseerklärung der CulturCooperation e.V. vom 16.04.2007 zum Echo auf die Kampagne “Nofretete geht auf Reisen”
Nofretete kann nicht reisen?
Dass Herr Neumann unseren Vorschlag, Ägypten eine Ausleihe der Büste
anzubieten mit dem Hinweis ablehnt, dass Fachleute “ernstzunehmende
konservatorische und restauratorische Bedenken gegen einen längeren
Transport” haben, wirkt zum jetzigen Zeitpunkt nicht besonders überzeugend
und wirft eine Reihe neuer Fragen auf:
Warum lässt Herr Neumann die Bedenken der „Fachleute“ nicht zunächst prüfen,
indem er z.B. ein Gutachten einholt, um dann zu entscheiden, ob er einer
Ausleihe zustimmen kann?
Da die Büste seit 1913 ständig in Deutschland transportiert wurde und die
Stiftung Preußischer Kulturbesitz die erneute Verlagerung der Büste 2009 in das
Neue Museum plant, klingt es unglaubwürdig, dass die Büste nicht auch nach
Ägypten reisen kann. Hoch spezialisierte Transportunternehmen transportieren
regelmäßig antike Kunstwerke in der ganzen Welt. Deshalb ist die
Unterscheidung zwischen einem längeren Transport nach Ägypten und dem
bereits geplanten Transport innerhalb Berlins nicht nachvollziehbar.
Um weiteren Spekulationen über den Zustand der Büste zu unterbinden, fordern
wir, dass der Staatsminister die Stellungnahmen der Fachleute veröffentlicht.
Sollten dann auch andere internationale Experten zu dem Ergebnis kommen,
dass die Büste Schäden aufweist, die einen Transport tatsächlich verbieten,
stellen sich völlig andere Fragen. Dann müssten die zuständigen Vertreter des
Museums nämlich erklären, wie es zu den Schäden kommen konnte: Sind die
Schäden bereits bei der kriegsbedingten Auslagerung 1939 entstanden, als die
Büste sicherlich unter nicht optimalen Bedingungen in das Lager in Thüringen
transportiert wurde? Oder entstanden die Schäden erst später und welche sind
ihre Ursachen? Hier besteht Klärungsbedarf!
Dass Herr Lehmann in seiner Erklärung erneut den deutschen Besitzanspruch an
der Büste hervorhebt, aber jeden Hinweis vermissen lässt, dass er eine Ausleihe
als ein wichtiges kulturpolitisches Signal begrüßen würde, ist enttäuschend.
Die Stellungnahme des Staatsministers zeigt, dass die von uns gewünschte
Debatte über den Umgang mit fremden Kulturgütern überfällig ist.
Das Ziel unserer Kampagne besteht darin, bei den verantwortlichen Kulturpolitikern
und den Museumsvertretern die Bereitschaft zu fordern, sich endlich
von fragwürdigen Besitztiteln zu verabschieden. Was wir fordern, sind kulturpolitische
Angebote, die sowohl die Rechte und legitimen Interessen der Länder
aus denen die Objekte stammen, angemessen würdigen, und auch der kulturhistorischen
Bedeutung der Objekte gerecht werden. Für den Fall Nofretete
bedeutet dies, dass die von offiziellen Vertretern Ägyptens mehrfach erbetene
Ausleihe selbstverständlich sein sollte.
Deshalb fordern wir Staatsminister Neumann weiterhin auf, alles zu
unternehmen, um eine Ausstellung der Büste in Ägypten zu ermöglichen.
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