(Post-) Koloniale Orte in Freiburg -Der Werthmannplatz (I) |
|
"Deutsche Erde zu deutscher Erde" - Die Pflanzung einer Kolonial-Eiche 1935 in Freiburg von Heiko Wegmann und Joachim Zeller Mitte Juni 1935 kamen die Mitglieder des Reichskolonialbundes zu ihrer Jahrestagung in Freiburg i. Br. zusammen. Auf dem Programm der mehrtägigen Veranstaltung standen neben zahlreichen Sitzungen der angeschlossenen Verbände u.a. ein „kolonialer Werbeabend“ im Paulussaal und eine Kolonialausstellung in der städtischen Festhalle. Propagandistischer Höhepunkt der Tagung war die „koloniale Kundgebung“ auf dem Münsterplatz am 16.6.1935 mit anschließender Pflanzung einer Kolonialeiche vor der neuen Universität (Werthmannplatz, Ecke Werder- und Rempartstraße). Die Freiburger Zeitung kündigte die Pflanzung an jenem Sonntag wie folgt an: Das folgende Bild ist der Kolonial-Post Nr. 7/1935 entnommen. Die Bildunterschrift lautet: "Auf dem Wege zur Kolonialeiche von links: Reichsstatthalter von Baden Staatsrat Wagner, General v. Epp, Oberstlt. v. Boemcken, S.S. Stand.-F. Oberstlt. Bauszus, Oberstlt. Knecht" (Oberstleutnant Max Knecht war der Tagungsleiter und erster Vorsitzender der Oberbadischen Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft; Robert Wagner, der gleichzeitig das Amt des NSDAP-Gauleiters inne hatte, war Nationalsozialist der 'ersten Stunde' und sollte wegen seiner zahllosen Verbrechen 1946 hingerichtet werden).
Der Bundesführer des Deutschen Kolonialkriegerbundes und Leiter der Kolonialpolitischen Amtes der NSDAP, General Ritter v. Epp, sagte bei der Pflanzung der Eiche: „Im Boden zweier Erdteile stehen die Wurzeln des Baumes, im historischen Heimatboden des alten Kulturlandes der Rheinebene und im Sande, den alte Kolonialkrieger aus Südwest eigens zu diesem Zwecke vom historischen Boden vom Nautilus bei Lüderitzbucht nach Deutschland gesandt haben. Möge dieser Baum als Sinnbild der alten deutschen Kraft wachsen und stark werden und möchten seine Zweige dereinst wieder deutschen Geschlechtern Schatten spenden, die einen deutschen Kolonialbesitz als etwas Selbstverständliches wieder erleben“ (zit. n. Jakob 1935: 87). Dem Nachlass des Freiburger Polizisten Sacksowsky (Vorlage Foto: Stadtarchiv Freiburg, K1/49) enstammt diese Aufnahme, die von Epp im Kreise der Nazi- und Kolonialnomenklatura beim Pflanzungsakt zeigt: In der Berichterstattung der „Kolonial-Post“ vom 23. Juli 1935 heißt es zum weiteren Ablauf: „Nachdem der Reichsstatthalter Wagner, der OB Dr. Kerber, der Landeskommissar Schwörer, der Rektor der Universität, Prof. Kern, ein Farmer aus Deutsch-Südwest, ein Marineoffizier, die Vertreter der SS, SA und der verschiedenen Organisationen einen Spatenstich getan hatten, endete dieser symbolische Akt, der die unauslösliche Verbundenheit des Heimatlandes mit seinen Kolonien, aus der Verbundenheit aber das Herauswachsen des deutschen Volkes zu Kraft und Stärke, Geschlossenheit und Einigkeit darstellt. Dann schritt der Bundesführer noch einmal die Front seiner Kolonialkrieger ab.“ Auf dem Kolonialkriegertag, der wenig später, am 30. Juni in Berlin abgehalten wurde, äußerte Ritter v. Epp, dass in Freiburg bei der Pflanzung der Kolonialeiche „deutsche Erde zu deutscher Erde“ gebracht worden sei (zit. n. Jacob 1935: 88 f.). Folgende Bilder: Das linke Bild stammt aus der Tageszeitung "Der Alemanne - Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens" (17.6.1935, S. 1). Das rechte ist ein Nachdruck aus der Kolonial-Post Nr. 7/1935: "General v. Epp pflanzt die Kolonialeiche".
In dieser Ausgabe des Alemannen findet sich weiter das folgende Bild, das ebenfalls später von der Kolonial-Post übernommen wurde (Bildunterschrift im Alemannen: "Vorbeimarsch der Kolonialkrieger und N.S.-Formationen vor General Ritter von Epp und Gauleiter Wagner. Personen von links nach rechts: General von Epp, Gauleiter Wagner, Oberstleutnant a.D. von Boemcken, Oberbürgermeister Dr. Kerber"): Der Freiburger Zeitung vom 17.6.1935 (Morgenausgabe, S. 5) sind noch weitere Details zu entnehmen, etwa dass ein ehemaliger afrikanischer Soldat im Dienste der Schutztruppen (Askari) an der Pflanzung teilnahm: "Nach dieser Kundgebung bewegte sich der Zug, gefolgt von vielen Neugierigen, auf Umwegen nach dem Werthmannplatz, wo der Vorbeimarsch vor Ritter von Epp und seiner Begleitung, in der sich u.a. auch Reichsstatthalter Wagner, Oberstleutnant a.D. von Boemcken, Oberbürgermeister Dr. Kerber befanden, stattfand. Eine große Menschenmenge hatte sich hierzu und zu der nun folgenden Pflanzung einer Kolonialeiche auf dem Rasen bei dem kleinen Teich am Alleegarten eingefunden. Reichsstatthalter Ritter von Epp, umgeben von seiner Begleitung und der 'Fahnenkompagnie' nahm selbst die feierliche Handlung vor. Zuvor übergab ihm ein Angehöriger des Arbeitsdienstes ein Körbchen mit afrikanischer Erde von den deutschen Gefallenengrabstätten in Deutschsüdwest, die jetzt in deutsche Erde geworfen wurde, an der Stelle, wo die Kolonialeiche ihren Platz fand. Reichsstatthalter Ritter von Epp sprach dabei ungefähr folgende Worte: Zur Erinnerung an die diesjährige deutsche Kolonialtagung soll diese Eiche gepflanzt werden, der deutsche Baum als Symbol des deutschen Volkes, das wieder mächtig werden möge, wie wir es gekannt haben. Aus zwei Erden soll die Eiche ihre Nahrung ziehen und stark und mächtig werden. - Dann wurde der junge Baum eingesetzt, von einem Kolonialkrieger festgehalten, während Reichststatthalter Ritter von Epp die ersten drei Schaufeln Erde hinzufügte. Ihm folgten der Reichsstatthalter Robert Wagner, Oberbürgermeister Dr. Kerber, Landeskommissär Schwörer, Universitätsrektor Professor Dr. Kern, ein Marineoffizier, Farmer Helmut von Wernsdoff, je ein Vertreter der SA., SS., Oberstleutnant a.D. Knecht für den Kyffhäuserbund, ein Vertreter des Arbeitsdienstes, ein 'Askari', der 'Afrikanerbub', eine Vertrterin der Kolonialreferentin, ein Hitlerjunge, ein Charchierter der Kolonialschule Witzenhausen, ein Forstbeamter, zwei deutsche Frauen und ein Vertreter der Presse. Reichsstatthalter Ritter von Epp verabschiedete sich hierauf von den Kolonialkriegern, indem er sie aufforderte, dafür zu sorgen und zu werben, daß der Gedanke für die Rückgewinnung der Kolonien je mehr und mehr auf fruchtbaren Boden im Volke falle. Mit dieser feierlichen Handlung hatte die Tagung ihr offizielles Ende erreicht." Die Freiburger Zeitung brachte auch am folgenden Tag noch einmal ein Foto mit Epp bei der Pflanzung (18.06.1935, 2. Ausgabe, S. 5), um einen Bericht über eine koloniale Schulung Freiburger Corpsstudenten durch Gouverneur i.R. Schnee zu illustieren: Kolonialdenkmäler in anderen Städten Die Pflanzungen von Kolonialeichen wie die in Freiburg lassen sich auch in anderen Städten nachweisen, z.B. in Bernburg a.d. Saale (1924), Gladbeck (1924), Leipzig (1924), Nordhausen (1924) und Königsberg (heute Kaliningrad, 1927). Anlass dafür boten die seinerzeit fast jährlich in jeweils wechselnden Städten abgehaltenen Kolonialtagungen oder die (Reichs-)Treffen der Kolonial-Kriegervereine. War kein Kolonialdenkmal vorhanden, welches bei Propagandaaufmärschen zu Kranzniederlegungen genutzt werden konnte, behalf man sich schon mal mit der Pflanzung eines solchen „kolonialen Erinnerungsbaumes“, der damit eine Sonderform des Kolonialdenkmals bildete. Darüber hinaus lassen sich weitere Beispiele unter den von der kolonialrevisionistischen Bewegung errichteten Monumenten benennen, bei denen die verwendeten Materialien wie in Freiburg historische Bezüge aufwiesen. So wurde bei dem 1937 eingeweihten Kolonialdenkmal in Mannheim ein Steinblock aus Lüderitzbucht (nach dem Bremer Kaufmann und Kolonialpionier Adolf Lüderitz, 1834-1886, benannte Stadt im ehemaligen DSWA) sowie ein Säckchen afrikanischer Erde in den Grundstein eingemauert, um damit die Verbundenheit mit und den Anspruch auf die ehemaligen deutschen Kolonien symbolisch zu bekräftigen. Zu den beiden wichtigsten überregionalen Kolonialdenkmälern gehörten das „Kolonial-Ehrenmal“ in Bremen und das Wißmann-Denkmal in Hamburg (vor der Universität). Den anderen Kolonialdenkmälern, die das Netz der propagandistischen Identifikationsorte bildeten, kam eine Bedeutung für die jeweilige Region zu, wie dem Braunschweiger Kolonialdenkmal und dem Hannoveraner Peters-Denkmal für Niedersachsen, dem Kolonial-Gedenkbrunnen in Weimar für Thüringen, dem Kolonialkriegerdenkmal in Dresden für Sachsen, dem Breslauer Kolonialdenkmal für Schlesien oder dem Düsseldorfer Kolonialkriegerdenkmal für das Rheinland (siehe zu Kolonialdenkmälern in anderen Städten die Rubrik Links). Die Freiburger Kolonialeiche stand ungefähr im Bereich der heutigen Abbiegespur vom Werderring Richtung Rempartstraße oder der Fußgängerinsel (siehe Bilder). Es gibt zwar verschiedene Angaben über ihren Verbleib, so wurde sie möglicherweise nach 1945 infolge eines Straßenneubaus beseitigt, nach anderen Angaben fällte sie ein Sturm. Nach Angaben des Fotoarchivars des Stadtarchivs befand sie sich auf dem Rosendreieck zwischen Rempartstraße und Werderstraße und wurde später vor die Hindenburgschule am Holzmarkt (heute Goethegymnasium) verpflanzt. Diese Variante ist sehr wahrscheinlich, denn eine Umpflanzung dorthin war von Beginn an für den Herbst des Jahres 1935 geplant. Volltexte/Scans der zitierten Zeitungsartikel:
Literatur:
Joachim Zeller und Heiko Wegmann, Stand: 03.02.2008 |