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(post-) koloniale Orte in Freiburg:

Die "Große Deutsche Kolonialausstellung" in der städtischen Festhalle von Freiburg i.Brsg 1935.

von Heiko Wegmann (22.7.2006, letzte Aktualisierung: 6.4.2017)

Abzeichen der Kolonialausstellung: Adelhausermuseum Freiburg / MNM ©; mit diesem Abzeichen gab es diverse Vergünstigungen in der Stadt bis hin zur Schauinslandseilbahn.

 

Ankündigung

Die tägliche Ankündigung in der Freiburger Zeitung

Vom 16.06.1935 bis zum 07.07.1935 wurde in der städtischen Festhalle im Stadtgarten die "Große Deutsche Kolonialausstellung" des Reichskolonialbundes gezeigt, die erstmalig 1933 im Rahmen der 39. Jahresausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) in Berlin dargeboten wurde. Vor der hiesigen Station war sie bereits in einer ganzen Reihe anderer Städte zu sehen und wurde auch danach noch in weitereren Orten aufgebaut (siehe Bowersox 2005). In Freiburg wurde sie von der Oberbadischen Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG) mit Unterstützung der Stadtverwaltung organisiert. Der erste Vorsitzende der DKG, Max Knecht, beauftragte Dr. Wilhelm Winterer mit Aufbau und Leitung der Ausstellung. Winterer teilte dies dem Freiburger Oberbürgermeister Kerber in einem Schreiben vom 30.4.1935 mit und beantragte verbindlich die Zurverfügungstellung der städtischen Festhalle vom 11.6.-12.7.1935, da die Ausstellung nunmehr in Berlin geordert worden sei. Er unterschrieb mit "Mit Deutschem Gruß Heil Hitler! Major a.D. der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika" (Stadtarchiv Freiburg C 4/VIII/31/7). An der Ausstellung beteiligt waren drei Kolonialschulen, zwei Hochschulen, zwei Missionen, zwei Museen, fünf Firmen und zwei koloniale Frauenverbände (letztere richteten eine "Ostafrikanische Kaffe-Stube" ein, die die ganze Zeit geöffnet war).

Die zwei ständigen Schirmherren der Ausstellung waren Gouverneur i.R. Schnee und der Leiter des kolonialpolitischen Amtes der NSDAP und Reichsstatthalter von Bayern, Ritter von Epp. Für die Freiburger Station übernahm zusätzlich der NSDAP-Gauleiter und Reichsstatthalter für Baden, Robert Wagner, die Schirmherrschaft. Dies war kein Zufall, denn mit der Ausstellung hatte die Kolonialbewegung sich an den Nationalsozialismus angepasst und versuchte gleichzeitig, diesen nachhaltig für das Kolonialthema zu begeistern. Im NS-Kampfblatt "Der Alemanne" vom 14.6.1935 erschien unter der dem Titel "Wir grüßen die Kämpfer für Raum und Volk" folgender "Aufruf des Reichsstatthalters! Die Behauptung, Deutschland besitze nicht die Befähigung zu kolonisieren, weist das ganze deutsche Volk als eine Beleidigung zurück. Deutschland hat wie jede Kulturnation berechtigten Anspruch auf Kolonien. Diesen Anspruch werden wir auch durch die Kolonial-Ausstellung in Freiburg erheben und verteidigen. Der Reichsstatthalter in Baden [handschriftliche Unterschrift:] Robert Wagner"

Kolonialausstellung EinladungKolonialausstellung Einladung 2

Bild: Die Einladung der DKG zur Ausstellungseröffnung stellte deutliche koloniale Ansprüche und kombinierte dabei symbolträchtig Hakenkreuz und Kokospalme. Es handelte sich um ein Standardmotiv der Kolonialbewegung während der NS-Herrschaft, das hier in die gedruckten Einladungen integriert wurde. (Foto: H. Wegmann)

Im Sprachgebrauch knüpfte man an Vorstellungen wie die "Raumnot des deutschen Volkes" und die nötige Erweiterung des "deutschen Lebensraumes" an und wies bei jeder Gelegenheit auf prokoloniale Äußerungen des Führers Adolf Hitler hin. So etwa Ausstellungsleiter Winterer am Ende seines zweiteiligen Artikels zur Kolonialgeschichte in der Freiburger Zeitung:

"Es bleibt vielleicht nur noch übrig, ein Wort gegenüber vielen Zweiflern auszusprechen, die nicht an den Wiedergewinn unserer eigenen Kolonien glauben wollen. Sie wähnen, daß unser Führer, Adolf Hitler sich dem Kolonialgedanken gegenüber ablehnend verhielte. Ein großer Irrtum! Hitler hat schon am 11. Februar 1933 zu einem Vertreter der 'Sunday Expreß' geäußert: Es gibt eine große Menge Dinge, die Deutschland aus den Kolonien beziehen muß, und wir brauchen Kolonien genau so nötig wie irgend eine Macht! Aehnlich sprach er auch bei späteren Anlässen. Wir dürfen unbedingt das feste Vertrauen in unseren Führer und Reichskanzler setzen, daß er das Kolonialproblem, dessentwegen wir keinen Tropfen Blut verlieren werden, anschneiden wird, sobald er die Zeit hierfür für geeignet erachtet. Diese kann die Reichsregierung besser beurteilen als wir, da wir doch keinen Ueberblick über unsere Außenpolitik haben. Verdoppeln wir unsere Kenntnisse kolonialer Sachgebiete, dann erleichtern wir auch unserem Führer sein schweres Amt. Die beste Gelegenheit hierzu ist der Besuch der großen Kolonialausstellung in Freiburg i. Br., über die an anderer Stelle schon geschrieben worden ist. Es wird eine solche Unmenge hochinteressanter Ausstellungsgüter gezeigt, daß jeder unzweifelhaft einen gewissen Einblick in die Wichtigkeit und Notwendigkeit unserer kolonialen Bestrebungen erhalten wird!" (Freiburger Zeitung, 17.6.1935 zum Volltext).

Eine der Besonderheiten in Freiburg war, dass die Eröffnungsfeier im Rahmen der großen Bundestagung des Reichkolonialbundes stattfand und erstmalig alle Leiter der kolonialen Verbände die Ausstellung sahen. Die Freiburger Presse berichtete ausführlich und sehr wohlwollend über die Tagung wie auch über die Ausstellung (siehe Artikelliste unten und sowie weitere Artikel zur Kolonialtagung in der Rubrik Lokalpresse/ Jahr 1935). Die Besucherangaben schwanken zwischen 22.000 und 25.000, was allgemein als ein überaus gutes Ergebnis angesehen wurde (Freiburg hatte zu der Zeit ca. 100.000 EinwohnerInnen). Diese hohe Zahl ging darauf zurück, dass im großen Stil Schulklassen, SA, SS, NS-Frauenschaft, NS-Arbeitsdienst, die TeilnehmerInnen der Kolonialtagung sowie einer teilnehmerstarken Kraft-durch-Freude-Fahrt aus der Pfalz zur Ausstellung kamen. In vielerlei Hinsicht standen Kolonialtagung und Ausstellung im Zeichen des Hakenkreuzes und auch im Zentrum der Festhalle prangte eines.

Die DKG (Reichsebene) schrieb zur Station Freiburg in einer Auswertung: "In der Städtischen Festhalle mit etwa 800 qm Fläche fand die Ausstellung statt. Der Aufbau gestaltete sich sehr schwierig und teuer, und musste in äußerst kurzer Zeit fertiggestellt werden. Sie war 3 Wochen geöffnet, vom 16. Juni bis 7. Juli. (...) Die Presse stellte sich in hervorragender Weise in den Dienst der Ausstellung und berichtete vorzüglich. Die Schulen erschienen vollzählig, und der größte Teil der SA, SS NS-Frauenschaft und der Verbände ebenfalls. Aber auch hier blieb wieder die Parteigenossenschaft aus. - Besondere Plakate wurden gedruckt. Andenkenbänder wurden verkauft. Es wurde sehr eng und gut mit dem Verkehrsamt zusammengearbeitet, dessen Unterstützung sehr wertvoll war. Ueberhaupt kann man den Erfolg als sehr gut bezeichnen, der hauptsächlich auf ideellem Gebiet liegt. Die Kolonialbewegung hat, nicht zu letzt durch die Ausstellung, in Baden einen erheblichen Aufschwung erlebt." (BArch R1001/6396, Paginierung 270f.). Tatsächlich erzielte die Ausstellung z.B. im mit 161.000 EinwohnerInnen wesentlich größeren Wiesbaden nur ca. 10.000 BesucherInnen, obwohl sie dort eine Woche länger gezeigt wurde. Berücksichtigt man auch die große Zahl an aktiv mitveranstaltenden Organisationen, läßt sich bestätigen, dass es den Freiburger Organisatoren gelang, ausgerechnet in der küstenfernen Südwestecke Deutschlands ein besonders hohes Maß an Interesse für ihre Kolonialpropaganda zu wecken.

Bild: Redner Schirmherr Ritter von Epp, rechts von ihm der ehemalige Gouverneur Deutsch-Ostafrikas, Heinrich Schnee mit Südwester-Hut (entnommen aus der Kolonialpost, 23.07.1935).

Epp und Schnee

"Rundgang durch die Kolonialausstellung" (aus: Deutsche Kolonialzeitung 1935, S. 172, Fotos: Karl Müller/Freiburg)

Rundgang

(Bild vergrößern)

Gang durch die Ausstellung

"Der Alemanne" schrieb am 24.06.1935: "Schon in der Vorhalle wird man durch eine Zusammenstellung erlesener Hölzer aus den Kolonien, Masken usw. ganz in die Atmosphäre dieser Ausstellung gezogen. In überaus glücklicher Weise ist die Festhalle für diesen Ausstellungszweck aufgeteilt worden. Entlang den langen Wänden (...) geht der Blick auf die Stirnseite der Halle, wo flankiert von Hakenkreuzfahnen eine riesige Karte von Afrika angebracht ist, mit den ehemaligen deutschen Kolonialgebieten und zum Vergleich dazu im selben Größenverhältnis die Karte von Deutschland. Den Abschluß nach unten bildet ein von dem Bilde des Führers und des Feldmarschalls von Hindenburg abgegrenzter Schriftstreifen, der den dritten Punkt unseres Parteiprogramms trägt:

'Wir fordern Land und Boden (Kolonien) zur Ernährung unseres Volkes und Ansiedlung unseres Bevölkerungsüberschusses.'

Beim weiteren großen Überblick über die Halle fallen einem dann noch die zwei großen Schriftbänder auf, die an der ganzen Längsseite entlanglaufen und die gleichsam Leitspruch der ganzen Ausstellung sind: 'Kolonien sind eine Lebensfrage für die deutsche Wirtschaft!' und: 'Wir fordern koloniale Gleichberechtigung!'".

Die folgenden fünf Bilder wurden auf der Kolonialausstellung aufgenommen und zeigen Bereiche, die von den Städtischen Sammlungen Freiburg i.Br. - vor allem aus der damals nur noch magazinierten ethnologischen Sammlung - beigesteuert wurden und nicht an anderen Ausstellungsorten zu sehen waren (die Sammlung gehörte zuvor zum 1895 gegründeten Museum für Natur- und Völkerkunde, ab 1962 Völkerkundemuseum, später Adelhausermuseum für Natur- und Völkerkunde und heute zum Museum Natur und Mensch). Der "Alemanne" schrieb dazu wiederum: "Leihgaben aus dem völkerkundlichen Museum [HW: d.h. Sammlung] geben der Schau dann noch eine besondere Farbigkeit und Reichhaltigkeit. Zusammen mit Gaben von Missionsgesellschaften ist hier alles zusammengetragen, was zum Lebensbereich der Farbigen gehört. Gebrauchsgegenstände, Musikinstrumente, Götzenbilder und Tanzmasken, Waffen, Schnitzereien Flechtarbeiten usw. Ebenso viele Großtiere aus dem Museumsbesitz. Viele Bilder zeigen die Arbeit der heutigen Farmer, deutsche Kolonialschulen, Häuser des Deutschen Roten Kreuzes und des Frauenvereins für Deutsche über See." (24.06.1935).

Deutsch Südwest

Foto: Bereich "Deutsch-Südwest", © Adelhausermuseum Freiburg / MNM

 

Ausstellung

Foto: © Adelhausermuseum Freiburg / MNM

 

Ausstellung 2

Foto: Bereich "Deutsch-Ostafrika", © Adelhausermuseum Freiburg / MNM

 

Ausstellung 3

Foto: © Adelhausermuseum Freiburg / MNM

 

Ausstellung 4 - Südsee

Foto: Bereich "Südsee" - Die Gipsfigur stellt den "Neuguinea-Krieger Kubai" dar (zur Geschichte Herrn Kubais und der Figur siehe: Brüll 1995: 137ff.) und befindet sich bis heute im Museum. Affe und Leopard gehören nicht zum Südsee-Bereich, sondern zum angrenzenden Afrika-Bereich © Adelhausermuseum Freiburg / MNM

Zeitungsberichte zur Freiburger Kolonialausstellung 1935

Zwei Beispiele für die begleitende Propaganda in der Lokalpresse, in der Motive der Ausstellung übernommen wurden:

1. "Die deutsche Raumnot", Freiburger Zeitung, 27.06.1935 (Artikel vergrößern)

2. "Der Kreislauf der nationalen Wirtschaft", Freiburger Zeitung, 30.06.1935 (Artikel vergrößern)

Dokumentation der Presseberichterstattung (siehe auch ausführlicher den Bereich 1935 der Pressedokumentation)

  • "Die Kolonialtagung und Kolonialausstellung in Freiburg", Freiburger Tagespost, 17.05.1935, Artikel
  • Vergünstigungen mit Festabzeichen für die Kolonialausstellung, Der Alemanne, 11.06.1935, Artikel
  • "Vor der Eröffnung der Kolonialausstellung", Freiburger Zeitung, 16.06.1935, Artikel
  • Wilhelm Winterer: "Aus der deutschen Kolonialgeschichte", Freiburger Zeitung, 16.6.1935 (Teil I) und 17.6.1935 (Teil II). Artikel (ca. 700 kb)
  • Eröffung der Kolonialausstellung, Freiburger Zeitung, 17.06.1935, Artikel
  • "Noch ein Gang durch die Ausstellung: Wunder der Kolonien", Freiburger Zeitung, 23.06.1935, Artikel
  • "Eine Stunde in den Kolonien - Ein Rundgang durch die Große Freiburger Kolonial-Ausstellung", Der Alemanne, 24.06.1935 Artikel
  • "Zur Kolonialausstellung. Die deutsche Raumnot", Freiburger Zeitung, 27.06.1935, Artikel
  • "Der 10.000. Besucher in der Freiburger Kolonialausstellung", Freiburger Zeitung, 28.06.1935, Artikel
  • "Zur Kolonialausstellung. Der Kreislauf der nationalen Wirtschaft", Freiburger Zeitung, 30.06.1935, Artikel
  • "Das Institut für ausländische und koloniale Forstwirtschaft" Tharandt auf der Freiburger Kolonialausstellung, Freiburger Zeitung, 01.07.1935, Artikel
  • "Abschluss der Kolonialausstellung", Der Alemanne, 08.07.1935. Artikel
  • Abschluß der Kolonialausstellung, Freiburger Zeitung, 09.07.1935, Artikel
  • "Die Bundestagung in Freiburg" (des Reichskolonialbundes), Kolonial-Post, 23.07.1935. Artikel
  • Kolonial-forstwirtschaftliche Ausstellung auf der deutschen Kolonialtagung in Freiburg i. Br. 16.6.-7.7.1935, Koloniale Rundschau, Heft 1 / Januar 1936, Artikel

Externe Weblinks

Literatur

  • Bowersox, Jeff (2005): „Neuer Lebensraum in unseren Kolonien“. Die Berliner Kolonialausstellung von 1933; in: Ulrich van der Heyden, Joachim Zeller (Hg.): „... Macht und Anteil an der Weltherrschaft“ - Berlin und der deutsche Kolonialismus, Unrast Verlag, Münster 2005.
  • Brüll, Margarete (1995): Kolonialzeitliche Sammlungen aus dem Pazifik, in: Stadt Freiburg (Hg.): Als Freiburg die Welt entdeckte. 100 Jahre Museum für Völkerkunde, Freiburg, S. 109-145; Mehr (pdf, 28 Seiten)

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