iz3w-Reihe zum Deutschen Kolonialismus |
Dieser Text ist zuerst erschienen in: iz3w Nr. 284 (April/Mai 2005), S. 40ff.
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»Deutsch spricht wirklich jeder Schwarze« Sprachenpolitik in Togo als Mittel kolonialer Herrschaft Schon bevor Togo 1884 zum deutschen »Schutzgebiet« ernannt wurde, waren deutsche Missionare und Handelshäuser an diesem westafrikanischen Küstenabschnitt aktiv. Die mit der Norddeutschen Mission verbundene Bremer Kaufmannsfamilie Vietor errichtete 1874 eine erste Faktorei in dem Küstenort Anecho. Von Beginn an erfolgten die deutschen Aktivitäten auf dem Gebiet des späteren Togo in scharfer Konkurrenz zu Großbritannien und Frankreich. Erst durch Grenzverträge wurde 1902 das Territorium der deutschen Kolonie Togo endgültig festgelegt. Es umfasste rund 87.000 km2 (etwa so groß wie die heutigen Bundesländer NRW und Niedersachsen zusammen) und eine Bevölkerung von einer Mio. Menschen. Im Hinblick auf die Bedürfnisse des deutschen Marktes förderten die Kolonialherren den Anbau von Baumwolle, Mais, Reis, Kautschuk, Teakholz und Kakao. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellten die deutschen Kolonialisten Überlegungen an, die Afrikaner durch Deutschunterricht enger an sich zu binden. Die Sprachenpolitik in Togo wurde zu einem Vehikel, an dem sich die politisch-ideologische Praxis deutscher Kolonialherrschaft besonders deutlich zeigt. Doch alle Anstrengungen nutzten nichts: 1916 wurde Togo unter Großbritannien und Frankreich aufgeteilt. Erst 1960 erlangte das Land die Unabhängigkeit. Der Artikel von Celia Sokolowsky in unserer Reihe »Deutscher Kolonialismus« knüpft an die zahlreichen Beiträge an, die seit iz3w 275 (März 2004) zu verschiedenen Aspekten deutscher Kolonialherrschaft und der damit verbundenen Vergangenheitspolitik erschienen sind. von Celia Sokolowsky * »Deutsch spricht wirklich jeder Schwarze, keinen Zuschuss zahlt das Reich« – mit diesen Worten besingt ein Gedicht aus dem Jahr 1907 die so genannte »Musterkolonie« Togo als die »allerbeste« der deutschen Besitzungen auf dem afrikanischen Kontinent. Die Verbreitung der deutschen Sprache in dem kleinsten ihrer afrikanischen ‚Schutzgebiete’ galt den Kolonialherren als Indikator und Symbol ihrer Macht zugleich, denn hieran glaubte man die Loyalität der Kolonialbevölkerung gegenüber dem Kaiserreich messen zu können. Zugleich bekräftigte man damit gegenüber den konkurrierenden imperialistischen Nationen den Anspruch auf das deutsche Gebiet an der westafrikanischen Küste. Der Hinweis auf die Selbstfinanzierung der Kolonie richtete sich dagegen an innenpolitische Gegner des deutschen Kolonialismus, die in den überseeischen Eroberungen nichts als kostspielige Prestigeobjekte des Reiches zu erkennen vermochten. Togo war die erste und neben Kamerun auch einzige Kolonie des Deutschen Reiches, in der versucht wurde, die deutsche Sprache unter der autochthonen Bevölkerung als Umgangs- und Verkehrssprache einzuführen. Togo kann somit durchaus als sprachenpolitisches Experimentierfeld des deutschen Imperialismus bezeichnet werden. Doch die Entscheidung des Gouvernements in Lomé, Deutsch in Togo zur Landessprache zu machen, war seinerzeit nicht unumstritten: Gerade weil dieser Entschluss als richtungweisend für die zukünftige Sprachen- und Kulturpolitik in den deutschen Kolonien verstanden wurde, löste er sowohl zwischen den Missionsgesellschaften und der Kolonialadministration vor Ort als auch auf den Deutschen Kolonialkongressen in Berlin heftige Kontroversen aus. Deutsche Reichsflagge gehisst Togo war zur Zeit der Etablierung der deutschen Kolonialherrschaft ab 1884 ein sprachlich zersplittertes Territorium. An der Küste im Süden – wo die europäischen Handelshäuser seit Mitte des 19. Jahrhunderts ansässig waren, die Missionare mit ihrer Tätigkeit begannen, bevor sie ins Hinterland vordrangen, und auch die Kolonialadministration ihren Hauptsitz hatte – herrschten vor allem Dialekte des Ewe vor. Ewe wurde daher zur Missionssprache für Togo erkoren und durch die Missionare zur Schriftsprache gemacht. Die europäischen und afrikanischen Händler an der westafrikanischen Küste pflegten sich auf Englisch zu verständigen. Auch nachdem 1884 die deutsche Reichsflagge in Togo gehisst worden war, wickelten die deutschen Kaufleute vor Ort ihre Geschäfte weiterhin auf Englisch ab und griffen auf britische Maße und Gewichte und das Pfund als Währung zurück. Zwar brauchte der deutsche Kolonialismus etwa anderthalb Jahrzehnte, um seine Herrschaft über Togo zu festigen, doch mit der Jahrhundertwende kann die Konsolidierungsphase der deutschen Kolonialherrschaft über Togo als abgeschlossen gelten. Zu diesem Zeitpunkt waren mit den anderen imperialistischen Mächten in der westafrikanischen Region – Großbritannien und Frankreich – Grenzverträge geschlossen, Widerstand in der autochthonen Bevölkerung niedergeworfen und eine Verwaltungsstruktur aufgebaut worden. Die Konsolidierung der politischen Herrschaft war eine wesentliche Vorbedingung für den nachfolgenden Wirtschaftsaufschwung, der auf einer wechselseitigen Dynamik wirtschaftlicher, infrastruktureller und administrativer Entwicklung beruhte. Die wirtschaftliche Expansion und der Ausbau der Infrastruktur in Togo verliefen dabei nicht nur parallel zueinander, sondern bedingten sich gegenseitig und stärkten wiederum die Stabilität der deutschen Herrschaft – nicht zuletzt, weil auch die autochthone Bevölkerung partiell am Wirtschaftsboom partizipieren konnte. Eine Teilhabe an den Institutionen der sozialen und ökonomischen Fortentwicklung des Landes wurde den Afrikanern von den Kolonialherren allerdings nur dort zugestanden, wo es kolonialen Interessen förderlich schien. Die Formulierung und Umsetzung sprachenpolitischer Konzeptionen in der Kolonie Togo fällt mit dem Beginn des wirtschaftlichen Aufschwungs zeitlich zusammen. Die Sprachenpolitik des Gouvernements in Lomé war Ausdruck der sozioökonomischen Interessen, die die deutschen Kolonialherren in Togo verfolgten: die Stabilisierung der deutschen Herrschaft und die profitable Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des Schutzgebiets. Die Kolonisatoren waren daher bestrebt, größtmögliche Akzeptanz der Fremdherrschaft durch die afrikanische Bevölkerung zu erreichen. Zum einen wurden daher die Missionsgesellschaften als Hauptträgerinnen des Schulsystems von der Administration in Lomé bereits seit den 1890er Jahren dazu angehalten, Deutsch an Stelle des Englischen zu unterrichten. Ab 1906 war es allen Schulträgern, die staatliche Beihilfen erhalten wollten, untersagt, eine andere lebende europäische Sprache als die deutsche zu unterrichten. Dies stellte den Versuch dar, den Einfluss anderer Großmächte, insbesondere Großbritanniens, in Togo zurückzudrängen. Da Englisch schon lange vor Errichtung der deutschen Kolonialherrschaft als Lingua Franca des Handels an der westafrikanischen Küste gedient hatte und die benachbarte britische Goldküstenkolonie unter anderem wegen der besseren Bildungsmöglichkeiten ein beliebtes Auswanderungsziel war, sah das deutsche Gouvernement zu-letzt nur im Verbot einen wirksamen Weg, das Deutsche zur wichtigsten europäischen Fremdsprache in Togo zu machen. Das Kolonialterritorium sollte auch sprachlich als deutsch markiert werden. Zum anderen erhielten ausgewählte Afrikaner während der gesamten deutschen Kolonialherrschaft Unterricht im Deutschen, um sie zu Fachkräften für die Institutionen des Kolonialregimes heranzuziehen. Denn selbst zur Zeit ihrer wirtschaftlichen Blüte lebten und arbeiteten nur wenige hundert Deutsche und Europäer in der Kolonie. Vor allem der Verwaltungsapparat, aber auch andere Bereiche des öffentlichen Sektors sowie die vor Ort vertretenen Handelshäuser waren daher in wachsendem Maße auf afrikanisches Personal angewiesen, das neben einer fachlichen Ausbildung auch über gute Deutschkenntnisse verfügte, um ihren Bedarf an Schreibern, Dolmetschern, Buchhaltern oder Vorarbeitern zu decken. Diese Gruppe, die die deutsche Sprache möglichst fließend beherrschen sollte, nahm gleichzeitig die Funktion einer Mittlerschicht zwischen Kolonialherren und -untertanen ein. Neben der privilegierten sozialen Stellung stellte die gemeinsame Sprache von Kolonialherren und ihren afrikanischen Gehilfen ein verbindendes Element dar. Kontroverse um Sprachenpolitik Als 1904 die Kolonialregierung in Lomé unter Gouverneur Graf von Zech die Initiative ergriff, das Deutsche als Umgangs- und Verkehrssprache im ganzen Land zu etablieren, löste dies eine Kontroverse um koloniale Sprachenpolitik aus, die weit über Togo hinausging. Ab der ersten Klasse sollte jedes Schulkind in Togo nicht nur Unterricht in der Fremdsprache Deutsch erhalten, sondern das Deutsche sollte auch als Unterrichtssprache für andere Fächer an den Kolonialschulen benutzt werden, um es auf diesem Wege langfristig zur Verkehrssprache zu machen. Die vom Gouvernement 1906 erlassene Schulordnung verbot den Schulen in Togo nicht nur den Unterricht in anderen europäischen Fremdsprachen, sondern schrieb ihnen auch vor, bereits im ersten Schuljahr sechs Stunden, im zweiten acht und ab dem dritten Schuljahr mindestens zehn Wochenstunden ihres Unterrichts Deutsch zu unterrichten bzw. in Deutsch als Unterrichtssprache abzuhalten. In den Regierungsschulen (d.h. staatlichen, nicht von den Missionen betriebenen Schulen) nahm der Deutschunterricht sogar noch extensivere Ausmaße an: So wurden beispielsweise an der Regierungsschule Sebevi in den fünf Schuljahren jeweils bis zu 25 der insgesamt 30 Wochenstunden Unterricht auf die verschiedenen Fächer des Deutschunterrichts verwandt (Anschauungsunterricht, Lesen, Aufsatz, Sprachlehre, Übersetzen, Sprechübungen, Auswendiglernen, Rechtschreiben, Schönschreiben und Singen). Damit erhielt das Deutsche in den Lehrplänen der elementarbildenden Schulen einen Status, der weit über den eines gewöhnlichen Fremdsprachenunterrichts hinausging. Mit diesem Vorstoß provozierte die Regierung in Lomé den Widerspruch von anderen Trägern des Kolonialregimes, insbesondere der Missionen, die sich bei der Verbreitung ihrer Lehre grundsätzlich auf lokale Sprachen stützten. Dabei führten die Gegner der Verbreitung des Deutschen unter der autochthonen Kolonialbevölkerung in der Auseinandersetzung mit Gouverneur Zech und seinen Parteigängern als zentrales Argument an, dass eine solche Maßnahme sich destabilisierend auf die Kolonie auswirken könnte. Denn die deutsche Sprache verschaffe den afrikanischen Untertanen des Deutschen Reiches Zugang zu Herrschaftswissen und fördere die Verbreitung emanzipatorischer Ideen. So betonten die evangelischen Missionsgesellschaften in einer gemeinsamen Stellungnahme, mit der allgemeinen Vermittlung des Deutschen ziehe die Administration »ein eingebildetes, anspruchsvolles und leicht auch unzufriedenes Geschlecht heran; denn die Eingeborenen hören von den Europäern vieles, was schädlich wirkt, und fühlen sich im Besitz der Sprache der Europäer versucht, sich ihnen gleich zu stellen«. Der Linguist und Afrikanist Carl Meinhof argumentierte auf dem Deutschen Kolonialkongress 1905 in Berlin: »Sobald der Eingeborene deutsch lesen und schreiben kann, sind ihm deutsche Gespräche und deutsche Blätter teilweise zugänglich. Das hat nun auf ihn natürlich nicht die Wirkung, dass er sich für einen Deutschen hält – diese Meinung würde ihm auch bald genommen werden, sondern er wird, so viel er kann, die so gewonnene Erkenntnis nutzen, um sein Volk über die Absichten der Deutschen und die politischen und sittlichen Zustände Deutschlands aufzuklären.« Die Warnung insbesondere vor dem Deutsch lesenden Afrikaner tauchte nicht nur auf dem Kolonialkongress auf, sondern findet sich auch in vielen kolonialpolitischen Schriften, so zum Beispiel bei Vietor, der von der Verbreitung des sozialdemokratischen Organs Vorwärts in Togo berichtet, oder bei Kolonialinspektor Schlunk, der ebenfalls vor dem Vorwärts und anderer »vaterlandsloser« Literatur in den Kolonien warnt. Einer der größten Albträume deutscher Kolonialherren bestand offensichtlich darin, dass eine unzufriedene Kolonialbevölkerung von emanzipatorischen Bewegungen in Deutschland inspiriert werden könnte. Bei einer Kampfabstimmung am Ende des Berliner Kolonialkongresses standen sich die beiden Forderungen gegenüber: die eine, durch Meinhof vertretene Seite forderte, die deutsche Sprache höchstens besonders zuverlässigen Eingeborenen zu vermitteln, während deutsche Regierungsbeamte in den Kolonien die Eingeborenensprachen zu lernen hätten. Die Gegenseite beharrte darauf, dass, »mit allen Mitteln dahin gestrebt werden [muss], dass die Eingeborenen Deutsch als Haupt- und Umgangssprache lernen, denn dies ist das deutlichste Zeichen der Herrschaft. Nur so werden wir auf Dauer Herren in den Kolonien bleiben.« So grundverschieden der Ansatz beider Positionen war, so gemeinsam war ihnen das Ziel, das sie verfolgten: Sicherung und Stabilisierung der deutschen Kolonialherrschaft. Auf dem Kolonialkongress setzte sich die so genannte »deutsch-nationale« Tendenz durch, die das Deutsche als Haupt- und Umgangssprache in den Kolonien verbreitet sehen wollte. Der Gouverneur von Togo, dessen Pläne die Diskussion auf dem Kongress überhaupt in Gang gesetzt und angefacht hatten, sah sich durch diese Resolution bestätigt, sein Vorhaben gegen den Widerstand der Missionen durchzusetzen. Wende gegen Gleichstellung Wenige Jahre später jedoch vollzog die Regierung in Lomé, immer noch unter der Führung von Gouverneur Zech, eine Wende in der Sprachenpolitik, die allen Einwänden auf dem Kolonialkongress und von Seiten der Missionsgesellschaften Recht zu geben schien. Mit einer neuen Schulordnung im Jahre 1910 sprach sich das Gouvernement nun dafür aus, den Deutschunterricht für die Masse der Kolonialbevölkerung fallen zu lassen. Stattdessen sei die »Erziehung zur Arbeit« in den Vordergrund zu stellen und nur noch »einer verhältnismäßig kleinen Zahl auserlesener Schüler eine möglichst gründliche Ausbildung, namentlich im Deutschen, zu geben«. Die Möglichkeit, die Fremdsprache zu erwerben, erhielten somit nur noch jene wenigen Schüler, die aufgrund schulischer Leistungen oder ihrer gehobenen sozialen Herkunft aus der autochthonen Elite zu einer höheren Bildungsinstitution zugelassen wurden. Doch der Zugang zu höherer Bildung wurde von vielen Missionsvertretern und Kolonialpolitikern selbst dann noch als problematisch angesehen, wenn er auf eine schmale und privilegierte Schicht beschränkt blieb. So argumentierte der von seinem Plan zur allgemeinen Verbreitung des Deutschen geläuterte Gouverneur Zech auf einer Schulkonferenz 1909 gegen höhere Bildung für Afrikaner: Es mache »sich bei den Schwarzen der Wunsch geltend, den Europäern gleichgestellt zu werden; das ist von den besseren Schwarzen begreiflich, aber nicht gerechtfertigt. Ähnlich ist es mit dem Drang zur Bildung. Wir dürfen hier übertriebenen Wünschen nicht entgegenkommen. Es würde uns sonst gehen wie in manchen anderen Kolonien, in Dahomey, Südnigerien, in der Goldküste. Aber wie sind dort die Zustände? Man hat dort die Klasse der farbigen Rechtsanwälte, Ärzte, Journalisten, die Gleichberechtigung von Weiß und Schwarz, und die Regierungen sehnen sich nach Zuständen, wie sie in Togo sind, ohne sie je wieder herbeiführen zu können.« Die sprachenpolitische Wende war also verbunden mit der Erkenntnis, dass die Sprache nicht die Funktion eines gesellschaftlichen Bindemittels erfüllen konnte. Ganz im Gegenteil: Dem sprachlich vermittelten Kontakt mit der Kultur der Kolonialherren folgte das Bedürfnis der Afrikaner nach einem unbeschränkten Zugang zu deren Wissen und Lebensstandard. Da die deutschen Kolonialherren weder gewillt noch in der Lage waren, das soziale und kulturelle Niveau der gesamten Kolonialbevölkerung zu heben, konnte die fremdsprachliche Bildung im Deutschen der Artikulation von Unzufriedenheit und der Entstehung einer antikolonialen Bewegung dienen. Selbst bei jener Schicht europäisch gebildeter Afrikaner, deren Loyalität sich das Kolonialsystem zu sichern gedachte, war das Gouvernement daher bemüht, den Einblick in das Herrschaftswissen möglichst gering zu halten. Nicht nur die Möglichkeit eines Deutschlandaufenthalts wurde äußerst restriktiv gehandhabt, sondern auch der unkontrollierte Zugang zu deutschen Publikationen und zu höherer Bildung in den benachbarten Kolonien. Im Deutschunterricht an den Kolonialschulen spiegelte sich die sprachenpolitische Wende in der pragmatischen Ausrichtung der Unterrichtsinhalte. Den afrikanischen Schülern wurden nur jene sprachlichen Fertigkeiten vermittelt, die sie für ihre spätere berufliche Tätigkeit in der Kolonialwirtschaft und -administration benötigten. Jede Form von literarischer Bildung oder einer vergleichenden Landeskunde blieb dagegen vollständig ausgespart. Während man die Geschichte des deutschen Kaiserhauses und des deutsch-französischen Krieges 1870/71 in der Kolonialschule behandelte, um die Superiorität der Deutschen und die Legitimität ihrer Herrschaft zu belegen, sollten die Schüler in ihren Alltagsvorstellungen möglichst nicht über die Kolonie hinausblicken. Sie sollten sich keine intellektuellen Werkzeuge aneignen können, die eine kritische Hinterfragung der ideologischen Grundlagen der Kolonialherrschaft erlaubten. * Celia Sokolowsky ist wissenschaftliche Hilfskraft im Fachbereich Deutsch als Fremdsprache an der Uni Bielefeld. Der Beitrag beruht auf ihrem Buch »Sprachenpolitik des deutschen Kolonialismus: Deutschunterricht als Mittel imperialer Herrschaftssicherung in Togo (1884-1914)« (Ibidem, Stuttgart 2004). |