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Mahn- und Informationstafel zum „Afrika-Haus“ in Berlin eingeweiht

Als Oumar Diallo vor dreißig Jahren sein interkulturelles Begegnungszentrum in der Bochumer Straße 25 in Moabit eröffnete und ihm den Namen Afrika-Haus gab, war ihm nicht klar, dass es bereits viele Jahrzehnte zuvor ein „Afrika-Haus“ in Berlin gegeben hat. Im (neuen) Afrika-Haus ist auch der gemeinnützige Verein Farafina angesiedelt, dessen Gründer der aus Conakry/Guinea stammenden Soziologe ist. Vom Verein Farafina ging die Initiative aus, eine Mahn- und Informationstafel am historischen Ort des (alten) Afrika-Hauses zu errichten. Nach jahrelanger Vorarbeit konnte nun am 20. September 2023 die Stele eingeweiht werden.

Foto 1 Foto 1: Einweihung der Mahn- und Informationstafel zum „Afrika-Haus“ Am Karlsbad 10 im Tiergarten am 20. September 2023. Links direkt neben der Stele steht Oumar Diallo, der Gründer des Vereins Farafina und Hauptinitiator des Denkmalprojekts und links außen der Historiker Joachim Zeller, ebenfalls Mitglied des Vereins Farafina. An der Einweihung nahmen auch der Berliner Kultursenator Joe Chialo (rechts) und die Bezirksstadträtin Almut Neumann (zweite von links) teil. Foto: Matthias Henkel


Dem einstigen Afrika-Haus Am Karlsbad 10 im Ortsteil Tiergarten kommt eine herausragende Bedeutung zu, da es sich um das einzige Bauwerk mit kolonialer Vergangenheit handelt, das in ganz Berlin noch erhalten ist. In den Jahren vor und nach dem Ersten Weltkrieg hatte in dem mehrstöckigen Gebäude die Deutsche Kolonialgesellschaft ihren Sitz. Sie war der größte und einflussreichste Lobbyverband der damaligen Kolonialbewegung. Dabei ist dem Gebäude, in dem sich heute Eigentumswohnungen befinden, seine kolonialgeschichtliche Bedeutung kaum mehr anzusehen. Nur wer ganz genau hinsieht, kann hoch oben direkt unter dem Dachgesims kleine Schmuckreliefs erkennen, die neben floralen Motiven wie Kakaobohnen oder Baumwolle das rassistisch verzerrte Bild eines Afrikaners mit Ohrringen zeigen. Abgeschlagen worden sind nach 1945 die über dem Eingang stehenden Lettern des Namens AFRIKA-HAUS. Verschwunden sind auch die fünf Köpfe „kolonialer Typen“, welche als Schlusssteine die Fensterreihe im Erdgeschoss zierten. In dem einstigen Geschäftshaus hatten weitere koloniale Verbände ihre Büroräume, darunter in der Kolonialwirtschaft tätige Unternehmen und der Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft. Nach dem Ersten Weltkrieg waren es die Koloniale Reichsarbeitsgemeinschaft und später der Reichskolonialbund, die von hier aus ihre kolonialrevisionistische Propagandaarbeit betrieben.

Foto 2 An der Einweihung der Stele mit ihren in Deutsch und Englisch verfassten Texttafeln nahmen rund vierzig Menschen teil. Zu den Redner:innen gehörten neben Oumar Diallo und dem Historiker Joachim Zeller, der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU), die Präsidentin der Deutschen Afrika Stiftung Uschi Eid (Grüne), die Bezirksstadträtin Almut Neumann (Grüne) sowie Lissy Quart, Vorsitzende a.D. der Deutschen Afrikanischen Gesellschaft. Die Bürgermeisterin von Berlin Mitte, Stefanie Remlinger (Grüne), musste kurzfristig ihre Teilnahme absagen.
In den Redebeiträgen wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, die Dekolonisierung des öffentlichen Raums voranzubringen. Es gelte die Verstrickungen Berlins in die Kolonialgeschichte ins Bewusstsein der breiten Bevölkerung zu heben. Denn noch immer sei die Gesellschaft von Vorurteilen und Unwissenheit gegenüber ihrer mit Afrika verflochtenen Geschichte geprägt, so Oumar Diallo. Kultursenator Chialo - seine Eltern stammen aus Tansania - sagte: „Ich kenne das Land (das ehemalige Deutsch-Ostafrika) und seine Geschichte gut – und ich kenne Orte. Orte wie jene, an denen die damaligen Kolonialherren Gericht hielten, Urteile fällten, Menschen folterten oder hinrichteten. Ich kenne den Schmerz aus Erzählungen meines Vaters, kenne den Wunsch nach Aufarbeitung der Kolonialgeschichte – wie den Wunsch gemeinsam in die Zukunft zu blicken.“ Und er fügte hinzu: „Es ist gut, dass wir diese Gelegenheit zur ‚Stadtmarkierung‘ noch haben, weil so Geschichte sichtbar und erlebbar wird und Geschichte sich kaum besser als an realen Orten vermitteln lässt.“ Chialo kündigte an, dass bis zum kommenden Jahr ein Erinnerungskonzept erarbeitet werden soll, auf dessen Grundlage „alle bislang unmarkierten Orte in Zukunft sichtbar gemacht und im Stadtraum hervorgehoben werden“. Er bezog sich damit unter anderem auf die erinnerungspolitischen Aktivitäten des in Berlin laufenden Projekts „Dekoloniale“. Dass solche Initiativen nicht ohne Kontroversen vonstattengehen und mitunter mit erheblichen Gegenwind zu kämpfen haben, lässt sich an dem seit Jahren anhaltenden Streit um die Umbenennung der M-Straße („Mohrenstraße“) im Bezirk Mitte ablesen.


Foto 2:
Die Mahn- und Informationstafel zum „Afrika-Haus“ Am Karlsbad 10 in Berlin. Foto: Olivia Dibelius

 

Foto 3 Foto 3:
Im Anschluss an die Einweihung der Stele veranstaltete das Afrika-Haus in der Bochumer Straße eine Podiumsdiskussion über Berlins (post-)koloniale Geschichte. Foto: Olivia Dibelius

Die neue Mahn- und Informationstafel zum „Afrika-Haus“ reiht sich ein in die postkoloniale Erinnerungslandschaft der Bundeshauptstadt. Finanziert wurde sie mit Geldern des Senats von Berlin, die Initiative zu ihrer Errichtung ist aber zivilgesellschaftlichem Engagement zu verdanken.
Olivia Dibelius

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