Die AutorInnen thematisieren postkoloniale Nord-Süd-Verhältnisse, die Verweigerung von Subjekt-Platzierungen, die Repräsentation und Kontinuität des Kolonialen im Film sowie (Post-)Kolonialismus und Alltagskultur. Hervorzuheben ist der Artikel von Kien Nghi Ha, dem es gelingt, die kolonialrassistischen Muster der Arbeitsmigrationspolitik und koloniale Bilder im aktuellen Migrationsdiskurs in Deutschland aufzuzeigen. Er übersetzt dazu US-amerikanische und britische postkoloniale Theorieansätze in den deutschen Kontext. Positiv hervor sticht auch der Beitrag von Martina Backes über die Traumwelten und Trugbilder des touristischen Afrikabildes. Sie stellt dar, wie wenig die Warenförmigkeit der Beziehung zwischen (Weißen) Reisenden und (Schwarzen) DienstleisterInnen durch die Brille des Öko- und Ethnotourismus wahrgenommen wird.
Wie notwendig postkoloniale Kritik im deutschen Kontext ist, wird im Sammelband schließlich anhand der Artikel von Nicola Lauré al Samarai und Fatima El-Tayeb deutlich. Lauré al Samarai lokalisiert vor dem Hintergrund der postkolonialen Situation in Deutschland die angebliche Nicht-Beziehung zwischen der rassistischen Fremdwahrnehmung von Schwarzen Deutschen und Sinti und Roma und kennzeichnet die fortlaufenden Praxen ihrer soziokulturellen Deplatzierung. El-Tayeb analysiert den rassistischen Gehalt der Debatte um die eingetragene Lebenspartnerschaft in Deutschland an Hand ihrer Ein- und Ausschlüsse und zeigt die ausgrenzenden Folgen für Queers of Color auf.
Beiträge zur Repräsentation und Kontinuität des Kolonialen im Film sowie zu Postkolonialität und Alltagskultur runden den Sammelband ab. Hoch spannend ist der Artikel von Stephan Cohrs zur ARD-Krimireihe Tatort, in dem er eine – wie er es nennt – »Evaluation des Gutgemeinten« versucht. Cohrs untersucht dazu an Hand einer Folge en detail die postkoloniale Repräsentation von Weiß- und Schwarzsein sowie die Fragmente von Rassismuskritik im Tatort. Kurz: »Deplatziert!« führt die Auseinandersetzung um Postkolonialismus in Deutschland auf lohnenswerte Weise fort.
Kevin Stützel
Diese Rezension ist zuerst erschienen in iz3w Nr. 311 (März/April 2009)
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