Morlang wählt die Bezeichnung Söldner anstelle von Soldat, weil sich diese Männer vor allem aufgrund des hohen Einkommens oder sozialer Aufstiegsmöglichkeiten anwerben ließen. Verbundenheit mit Deutschland und seiner ‚Schutztruppe’ spielte dem Autor zufolge keine Rolle und viele wechselten nach Ende des Ersten Weltkrieges zu einer Armee der gegnerischen Siegermächte. Das Bild des ‚treuen Askaris’ erweise sich somit als Mythos, der von deutscher Seite nach Kriegsende verbreitet wurde, um die so genannte ‚Kolonialschuldlüge’ zu widerlegen.
Bei der Anwerbung von Soldaten sollten vor allem in der Anfangsphase ausländische Söldner, möglichst Angehörige einer „kriegerischen Rasse“, eingestellt werden. Denn man befürchtete, dass sich einheimische Soldaten im Konfliktfall mit der Bevölkerung solidarisieren könnten.
Trotz des offiziellen Verbotes griff man bei der Anwerbung auch auf Sklavenhändler zurück und ließ die Sklaven ihren Kaufpreis vom eigenen Lohn abarbeiten.
Zwar war das Einkommen eines Soldaten im Vergleich zu dem eines Arbeiters hoch, doch mussten die Männer rassistische Geringschätzung und Demütigungen ihrer deutschen Vorgesetzten ertragen. Für einen ‚farbigen’ Soldaten war es trotz seiner Verdienste nicht möglich, in der Militärhierarchie über einem Deutschen zu stehen: Auch bei einem höheren militärischen Rang hatte ein Askari niemals Weisungsbefugnis gegenüber einem Deutschen Soldaten. Selbst die offiziellen Ehrenabzeichen blieben afrikanischen Offizieren verwehrt; sie mussten sich mit speziell für die Söldner eingeführten Medaillen zufrieden geben. Die Prügelstrafe war in den meisten Kolonien auch bei kleinsten Vergehen üblich: „Für die meisten deutschen Offiziere und Unteroffiziere waren alle Afrikaner, auch die eigenen Söldner, Menschen zweiter Klasse“, bilanziert Morlang. In Folge kam es in den Kolonien wiederholt zu passivem Widerstand, offenen Meutereien und Flucht, wie der Autor in einem gesonderten Kapitel ausführlicher beschreibt.
Er zeichnet in seiner Studie jedoch kein einfaches Schwarz-Weiß-Bild und unterstreicht, dass die Söldner sowohl Opfer als auch Täter der deutschen Kolonialherrschaft waren. Bei der einheimischen Bevölkerung waren die ‚farbigen’ Soldaten vielerorts auf Grund ihrer brutalen Überfälle und Plünderungen gefürchtet und wurden als Kollaborateure des Kolonialregimes verachtet. Wie wichtig eine differenzierte Betrachtung der Söldner ist, zeigt exemplarisch der Lebenslauf von Martin Paul Samba, der 1875 in Kamerun geboren wurde. Anfang der 1890er Jahre kam er mit Hilfe des Offiziers Curt von Morgen nach Deutschland und trat dort dem Berliner Garde-Füsilier-Regiment bei. Nach seiner Rückkehr arbeitete er in der deutschen Polizeitruppe Kameruns und stieg dort bis zum Feldwebel auf. Bei seinen Vorgesetzten galt Samba als ein „ganz ausgezeichneter Soldat“. Doch aus dem angepassten Soldaten wurde mit der Zeit ein Widerstandskämpfer und um 1912 bereitete Samba einen bewaffneten Aufstand gegen die Kolonialmacht vor. Seine Pläne wurden entdeckt und Samba wegen Hochverrates zum Tode verurteilt. In Kamerun gilt er bis heute als Nationalheld.
Lange Zeit fanden die Kolonialsöldner in der deutschen Geschichtswissenschaft kaum Beachtung und entsprechend wurden auch keine Interviews mit ihnen geführt. Dabei verstarb einer der vermutlich letzten Zeitzeugen erst im Jahr 1999 im Alter von 105 Jahren: Ibrahim Khalil hatte der ostafrikanischen ‚Schutztruppe’ angehört und während des Ersten Weltkrieges auf deutscher Seite gekämpft. Thomas Morlang hat nun ein lesenswertes Überblickswerk vorgelegt, das den Blick auf die deutsche Kolonialgeschichte um die Perspektive der Söldner erweitert.
Katrin Dietrich
Thomas Morlang: Askari und Fitafita. „Farbige“ Söldner in den deutschen Kolonien. Ch. Links Verlag, Berlin 2008. 204 Seiten, 24,90 Euro. ISBN:
978-3-86153-476-1
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