Pressedokumentation auf www.freiburg-postkolonial.deBericht des Vereins ehem. Kolonialkrieger und Kolonialdeutscher, Freiburg. i. Br.:Familienausflug ins Bergwerk Kappel |
Kolonial-Post, Amtliches Organ des Deutschen Kolonialkriegerbundes, Jahrgang 1929, Nr. 10, 23.10.1929, S. 122 Freiburg i. Brg. Verein ehemaliger Kolonialkrieger und Deutscher. Der Verein ehemaliger Kolonialkrieger und Deutscher, Freiburg i. Brg., einschl. der Kolonial-Jugendgruppe unternahm am Sonntag, 29. Sept., seinen 3. diesjährigen Familienausflug, der dem Betriebsleiter des Erzbergwerkes Kappel bei Freiburg i. Brg., Kam. W. Müller, unserm Mitglied, galt. In langjähriger Tätigkeit übte Kam. Müller seinen Beruf auf den Diamantfeldern in unserer ehemaligen Kolonie Südwest-Afrika und nunmehr seit zehn Jahren in treuer Pflichterfüllung in obigem Bergwerk aus. Aus allen Stadtteilen Freiburgs eilten die Kameraden mit ihren Familienangehörigen zur Sammelstätte, von wo aus die Fahrt bei herrlichstem Wetter vonstatten ging. Wie immer, so auch bei diesem Ausfluge war zuvor den einzelnen jeder Konfess. die Gelegenheit geboten, ihre religiösen Pflichten zu erfüllen. Mit dem Gruß “Glück auf” setzte sich der Verein von der Wohnung des 1. Vs., Kam. Josef Kaiser, Littenweiler, aus in Bewegung, dem neun Kilometer entfernten Ziele, dem Schauinsland, entgegen. Das große Kappeler Tal mit seinen sauberen einzelnen Gehöften, deren Bewohner in harter Arbeit ihr Dasein fristen, liegt zur Hälfte hinter uns. Eine kurze Pause sollte dazu dienen, die mitgenommene Rucksackverpflegung etwas zu erleichtern, und weiter aufwärts geht die Fahrt, wie sich der Bergmann ausdrückt, nach dem ca. tausend Meter über d. M. gelegenem Bergmannsheim. 850 m Steigung bei 8 km Wegstrecke sind überwunden, eine Kehrtwendung und herrlich liegt die Stadt Freiburg, der Kaiserstuhl, das Rheintal zu unseren Füßen. An Hand eines vorzüglichen Kartenmaterials sowie aus langjähriger persönlicher Erfahrung gab uns Betriebsleiter Müller Aufklärung über das Innere des Bergwerkes. Noch ist das Ziel nicht erreicht. Eine derbe aber gut zubereitete Bergmannskost, bestehend aus einer Erbssuppe mit Reis zusammen gekocht, gab uns neuen Mut für weitere Anstrengungen. Die Besichtigung des Bergwerkes selbst stand noch vor uns. Weitere hundert Meter Steigung sind noch zu überwinden. Der Wille aber, in die Tiefe der Erde einzudringen, war bei groß und klein, alt und jung vorhanden. Einen eigenartigen Eindruck machten die mit Bergmannskleidern versehenen Einfahrer, und hinein ging es in ein uns noch unbekanntes Gebiet, die Bergmannslampe in der Hand unter Vorantritt unseres bewährten Führers; alte Kolonialsoldaten dienten als Gruppenführer. Kein Portal aus Kunststeinen strotzt uns entgegen, eine Holzbaracke erfüllt denselben Zweck. Stolpernd übergehen wir [Fortsetzung auf S. 123] die durch den Stollen führende Schmalspurbahn, auf deren Rücken die mühsam dem Erdinnern entrissenen Blei- und Zinkerze zu Tal befördert werden. Zur Linken ein Bächlein mit klarem Wasser verläßt den Ausgang, wo es alsdann später denen im Tal wohnenden Ansiedlern zwecks Bewässern von Gärten und Wiesen sehr zugute kommt. Vorwärts geht die Fahrt durch den Hauptstollen. Weitere 1 1/2 km liegen hinter uns, rechts und links längere und kürzere Stollen, zum Teil aus früheren Zeiten. Viel Grubenholz, das von der Gemeinde Kappel käuflich erworben, wird verwandt, leidet aber sehr unter dem Einfluß der Verhältnisse. Die Temperatur im Innern ist überraschend gut, etwas kühl. Plötzlich stehen wir vor einer senkrecht stehenden Leiter, deren Ende nicht zu sehen ist. Die etwas auseinandergerissene Kolonne rückt auf und lauscht in einer Tiefe von 270 m unter der Erdoberfläche den Schilderungen des Führers. Dem Mutigen die Welt, wer hat den Schneid, den 30 m über uns liegenden Stollen auf steil zu erkletternder Leiter zu besichtigen, ruft der Vereinsvs. den Anwesenden zu. Eine große Verantwortung lastet auf dem Führer wie auf dem Vereinsvorstand, gilt es doch allesamt wieder frisch und munter der lachenden Sonne und den in der Stadt zurückgebliebenen Angehörigen entgegen zu führen. Zunächst sieht man etwas verzagte Gesichter im Lichte der Lampen; man sah es ihnen an, das Herze pochte. Trotzdem: fast alle melden sich zum Aufstieg, ein neunundsiebzigjähriger Mann, der Vater eines Kameraden, als einer der ersten und merkwürdigerweise ebenso viele Damen wie Herren, eine wackere Tat für die ersteren. Die Bergmannslampe im Gelenke des Daumens hängend geht es voran, als erster der Führer, ihm folgend die Gruppen, alle in geschlossenen Kleidern. Vierzig Personen haben bereits die fast endlose Leiter erklettert, als letzter ein alter, echter Kolonialsoldat. Weitere Ueberraschungen bieten sich nach Ueberwindung dieses Hindernisses den Ehrgeizigen. Wir befinden uns in einem der vielen Stollen, dem z. Z. das edle Metall abgerungen wird. Es ist nicht alles Gold was glänzt, die Erzader tritt zurück, leeres Gestein muß durchbohrt werden, um vielleicht nach tagelanger mühsamer, Geld und Zeit verschlingender Arbeit wieder auf gutes Material zu stoßen. Die sachlichen Ausführungen des Führers zeigten hier deutlich, daß trotz aller technischen, praktischen und theoretischen Kenntnisse ein Bergwerk ein Lotteriespiel ist. Nach dreistündiger, teilweise gefahrvoller Fahrt landeten wir am jenseitigen 3,5 km vom Eingang Kappel entfernten Ausgangspunkt Hofgrund, woselbst uns die lachende Sonne wieder in Empfang nahm. Nach kurzer Pause, verbunden mit einer photographischen Aufnahme von seiten eines Kameraden, traten wir wieder die Rückfahrt nach dem Bergmannsheim Kappel an, woselbst sich bei gemütlichem Beisammensein jung und alt einer Tasse guten Kaffees erfreute. Fräulein Anhut, die Tochter eines unserer Kameraden, sowie einige Bergleute brachten musikalische und sangliche Darbietungen. Einen wehmütigen Eindruck hinterließ ein von den Bergleuten gesungenes Bergmannslied. Die Stunde ruft zum Abstieg, und mit dem Liede „Hoch Deutschland, hoch in Ehren“ sowie dem Absingen der 1. und 3. Strophe des Deutschlandliedes trennten wir uns von jener unvergeßlichen Stätte mit dem dreimaligen Rufe: „Glück auf“ und dem Ausspruch von Dankesworten von seiten des Vs. an die Bergleute, die seit 30 Jahren dort im Heim tätige Frau Best und zuletzt den Führer. Ein Tag unvergeßlicher Stunden liegt wieder hinter uns, und wir glauben, nach dem am heutigen Tage Erlebten erneut an Deutschlands Zukunft, an unseres Volkes Auferstehung. siehe auch: Abkürzungsverzeichnis | Zum Seitenanfang | nächster Kolonial-Post Bericht: 23.11.1929 |