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Dokumentation:

"Will Deutschland Kolonien?" und "Die Deutschen im früheren Deutsch-Südwestafrika"

Freiburger Zeitung vom 10.6.1927, Abendblatt 1, Seite 2

"Will Deutschland Kolonien? London, 10. Juni (Eig. Ber.) Die englische Presse reproduziert Aeußerungen der Berliner 'Germania' (Zentrum), die sich gegen Bestrebungen zur Wiedererlangung von Kolonien durch Deutschland ausgesprochen hat. Dabei sagt die 'Westminster Gazette', die 'Germania' verkenne den Status der ehemaligen deutschen Kolonien gänzlich, denn den Mandatsinhabern sei auferlegt, diese ehemaligen Kolonien einer völligen Autonomie und Freiheit entgegenzuführen. Kolonien im eigentlichen Sine gebe es überhaupt nicht mehr, so daß Deutschland auch keine solchen fordern könne. Die Mandatsverwaltung bedinge kein Recht der Souveränität über das betreffende Gebiet, wie das im Haag erst kürzlich der Vizepräsident der ständigen Mandatskommission des Völkerbundes, der Holländer Van Rees, deutlich ausgeführt habe. Das Blatt glaubt nicht, daß Deutschland einen Antrag auf Erteilung eines Mandatsrechtes stelle, sondern sich mit einem Sitz in der Mandatskommission begnügt.

Die Deutschen im früheren Deutsch-Südwestafrika. London, 10. Juni (Eig. Ber.) Nach Pressemeldungen aus Kapstadt haben sich in der gesetzgebenden Versammlung von Windhoek, dem Hauptorte des früheren Deutsch-Südwestafrika, erregte Szenen abgespielt, weil eine Gruppe von englischen Abgeordneten eine deutschfeindliche Revolution eingebracht hatte. In dieser Resolution wurde nicht nur getadelt, daß in Deutschland eine Bewegung zur Wiedererlangung der früheren Kolonie im Gange sei, sondern auch noch der Wunsch ausgesprochen, daß weitere Zuwanderung von Deutschen verhindert werde. Die deutschen Abgeordneten verließen, als die Verlesung der Resolution angekündigt wurde, demonstrativ den Saal. Ihr Wortführer erklärte in der Presse, die Resolution sei eine Provokation, denn von deutscher Seite sei nicht das Geringste geschehen, um eine derartige Gehässigkeit zu veranlassen. Die Angelegenheit beschäftigte auch das südafrikanische Bundesparlament in Kapstadt, wo General Hertzog, Premierminister der Ver. Staaten von Südafrika, unter deren Mandatsverwaltung die frühere deutsche Kolonie gestellt ist, selber das Wort ergriff. Er tadelte die englischen Einbringer der Resolution, die ganz unnötig einen Zwist heraufbeschwöre. ER sei mit dem Verhalten der Deutschen in Südwestafrika zufrieden. Man dürfe nicht vergessen, daß die Mandatsverwaltung nur ein Provisorium bis zum Selbständigwerden des Landes sei, das sich dann willig der südafrikanischen Union als freier Gliedstaat anschließen werde. Resolutionen, wie die erwähnte, seien jedoch geeignet, diese ganze normale Entwicklung zu stören. Die Deutschen der gesetzgebenden Versammlung in Windhoek hätten recht gehabt, die Versammlung zum Protest zu verlassen; er hätte in der gleichen Lage das gleiche getan."

Deutsche in Südwestafrika