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Zum fehlenden strategischen Erfolg am Waterberg durch die erfolgreiche Flucht der Hereros, möglicher Feldzug gegen die Ovambos; Abdrängen der Hereros in Richtung Omaheke und deutsche Verluste; Freiburger Stadtrat dankt Forstassessor Gerber in Windhuk; „Mord“ an deutschen Missionaren auf dem Bismarck-Archipel?

Freiburger Zeitung, 13.09.1904, 1. Blatt, 1. Seite

Vom Herero-Aufstand. Zur Lage in Südwestafrika wird dem Lokalanzeiger von wohlunterrichteter Seite geschrieben:

Es ist nunmehr kein Zweifel, daß der große Aufwand von Zeit, Kosten und Mühe, mit dem unsere Truppen am Waterberg zusammengezogen worden sind, zu dem erhofften Erfolge nicht geführt hat. Der größte Teil der Hereros ist trotz aller Vorkehrungen nach Südosten entkommen und schweift, in kleine Trupps geteilt, im Lande umher. Hierdurch war auch General v. Trotha gezwungen, seine Truppen in einzelne Detachements aufzulösen, denen wohl so viel Selbständigkeit gewährt werden muß, daß für den General v. Trotha und seinen Stab nur noch wenig Funktionen übrig geblieben sein dürften. Zum Glück kann man nach Ansicht der Sachkundigen sich der ziemlich sicheren Erwartung hingeben, daß die zerstreut im Lande umherziehenden Hererohaufen schließlich durch den Hunger sich zur Unterwerfung gezwungen sehen werden; nur ist leider die Annahme nicht von der Hand zu weisen, daß die Häuptlinge und alle diejenigen, welche die deutsche Justiz zu fürchten haben, vorher auf englisches Gebiet übergetreten sein werden, wo sie vor Auslieferung ziemlich sicher sein dürften. Dadurch wird ein Zustand geschaffen, der keineswegs als Ruhe und Frieden für die Zukunft verbürgend angesehen werden kann. Was den Ovambo-Feldzug anlangt, der in kolonialen Kreisen als politische Notwendigkeit betrachtet wird, so dürfte seine Ausführung wohl auf das nächste Jahr verschoben werden. Die dann voraussichtlich fast vollendete Otavi-Bahn wird für diese Operation von allergrößtem Werte sein. Der Zustand des versandeten Hafens von Swakopmund dürfte in erster Linie durch Ausbaggerung einer Fahrrinne zu heben sein.

General von Francois spricht sich dagegen soeben im Mil.-W.-Bl. folgendermaßen aus: Vom 3. September an stehen fünf Abteilungen, etwa 3000 Mann, für frontales und beide Flügel des Feindes umfassendes Vorgehen bereit. Den Zeitpunkt für das Vorgehen der fünf Abteilungen nach dem 3. September hat sich General v. Trotha vorbehalten. Möglicherweise wird dasselbe für den 6. September befohlen. Im Rücken des Feindes liegt das wasserlose Omaheke. Hoffentlich ist der Feind recht zahlreich, bleibt stehen und es kommt zu keinem Luftstoß. Wie am Waterberg wird der Wassermangel die Abteilungen zu energischem Vorgehen zwingen. Es wird dem Feinde aber schwerer fallen, nach Westen durchzubrechen; denn die Abteilungen stehen nach Fortnahme von Okahandja auf einer Linie von nur 25 Kilometer. Zusammenschluß ist also möglich. Wehe den Hereros, wenn sie nach Osten und Nordosten zurück müssen. Im Südosten empfängt sie Heydebreck, neben dem allerdings viel Platz zum Entweichen ist. Dagegen stehen die Abteilungen des Obersten Deimling sehr günstig für eine energische Verfolgung. Wenn der Wunsch auch zu optimistisch erscheint, daß den Augustkämpfen ein Sedan folgen möge, so sind doch von den Kämpfen in der Omaheke ähnliche gute Erfolge wie von den Kämpfen am Waterberg zu erwarten. Die Kämpfe am Waterberg bilden den erfolgreichen Beginn der Unterwerfung der Hereros und die Herstellung der Ueberlegenheit der weißen über die schwarze Rasse. Hohe Werte standen in Frage. Viele Edle haben mit Begeisterung ihr Leben dafür eingesetzt und die Besten sind genommen worden.

Ueber die Kämpfe am Waterberg gibt das Militärwochenblatt einen interessanten Bericht, dem wir folgende Szene aus dem Gefecht der Abteilung Müller, bei der sich das Hauptquartier befand, vom 10. August entnehmen: Der Feind, Okahandja-Hereros, hatte die Dorn-Dickichte am Hamakari-Fluß verschanzt und auf den hohen Bäumen dahinter überall einzelne Schützen aufgestellt. Mit Sonnenaufgang, 6 ½ Uhr vormittags, trat die Avantgarde, Hauptmann Gansser, 11. Kompagnie 1. Feldregiments, an. Im Gros folgten 10. Kompagnie 1. Feldregiments, Funkentelegraphenwagen, Heliographenwagen, 6. Batterie, 5. Batterie Maschinengewehrabteilung Dürr, 9. Kompagnie 1. Regiments, Sanitätswagen, kleine Bagage. Bald nach dem Antreten stürzte Oberstleutnant Müller mit dem Pferde, brach das Schlüsselbein und erlitt eine Gehirnerschütterung. Für ihn übernahm Major v. Mühlenfels das Kommando. Zwischen 9 und 10 Uhr vormittags stieß die Avantgarde auf einzelne Hereros, die auf as stark besetzte Hamakari zurückwichen. Hauptmann Gansser entwickelte seine Kompagnie, rief seinen Leuten zu: „Schießt gut und dann vorwärts“ und griff an, seiner Kompagnie vorangehend. Dabei fiel er, durch den Kopf getroffen. Es entspann sich auf nahe Entfernung ein hartnäckiges Feuergefecht, in welchem die Kompagnien Gansser und Wilhelmi gegen die Front eingesetzt wurden, während die 9. Kompagnie und die Stabswache die Flanken gegen kleine Hererobanden deckten, die rings die vorgehenden Abteilungen umgaben. Die Artillerie scheint zunächst zurückgehalten worden zu sein, weil die feindlichen Stellungen so lagen, daß sie nur auf nahe Infanterieentfernungen unter Feuer genommen werden konnten. Die Hereros hielten lange mit großer Zähigkeit dem starken Infanteriefeuer stand und nahmen von den in der Front wie in den Flanken besetzten Bäumen alle freien Stellen unter Feuer. Das Hauptquartier, die zurückgehenden und getragenen Verwundeten, die Verbandplätze, die Funken- und Blitzstationen wurden daher wiederholt beschossen. Am Nachmittage wurde die Fortnahme der Wasserstellen unbedingt notwendig. Dazu wurde zunächst der Zug des Leutnants von Höpfner, demnächst aber die ganze Batterie Rembe, die Batterie Stahl und die Maschinengewehrabteilung Dürr in die Kompagnien Gansser und Wilhelmi eingeschoben. Unter ihrem furchtbaren Feuer schmolz der Widerstand zusammen, und als die beiden Kompagnien vorbrachen, wichen die Hereros in der Front, während ihre Flankenangriffe von der Stabswache und der 9. Kompagnie zurückgewiesen wurden. Der Feind ging in der Front so schnell zurück, daß er viele seiner Toten angezogen und mit Waffen liegen lassen mußte. Bis in die Nacht hinein griff er aber von verschiedenen Seiten an, sodaß die Abteilung in vollster Gefechtsbereitschaft blieb. Hauptmann Gansser, Leutnant Graf Arnim, Leutnant Leplow und 10 Mann waren gefallen; Oberleutnant Streccius, Major v. Mühlenfels, Leutnant v. Watter und 28 Mann wurden verwundet.

Gouverneur Leutwein meldet weiter: Die Abteilung Stempel rückte vor dem Eintreffen der Expedition Lengerle mit 34 Mann von Plattbeen aus, um die, durch Morenga abgeschnittene Patrouille zu befreien. Er stieß am 30. Augustauf dem Wege von Kouas nach Langhas, westlich vom Schanzogberg, auf Morengo, welcher 70 bis 100 Gewehre stark war. Beim Ansturm fielen (wie wir Sonntag schon kurz berichteten) Leutnant Stempel und Sergeant Stolle. Die Kompagnie Koppy ist zur Aufnahme der Abteilung Stempel am 1. September von Hasuur ausgerückt. Wo sich gegenwärtig die Abteilung Lengerle befindet, ist nicht gemeldet.

General v. Trotha meldet aus Otjosondu vom 8. September: Am 3. September wurde Volkmanns Spitze auf dem Marsch von Okahitua nach Okosondusu von Hererobanden angegriffen. Viele Hereros, darunter zwei Großleute, wurden getötet. Diesseits wurde ein Reiter verwundet. A, 5. September versprengte Deimling bei Okowindombo starke Kräfte des Feindes, der zahlreiche Tote hatte und viel Vieh verlor. Deisseits keine Verluste. v. Estorff jagte den Feind von Okosondusa in die Flucht über Otjomasu-tOjimbinde [sic!]. Der Feind ist anscheinend nach Osten und Südosten gewichen. Für die Verfolgung nach Osten bieten sich überaus große Schwierigkeiten durch den Mangel an Wasser und das völlig unerforschte Gelände. Ein langsames Vorfassen unter sorgfältiger Aufklärung wurde angeordnet. v. Estroff mit Volkmann steht 14 Kilometer östlich von Otjimbinde, Deimling in engster Verbindung mit ihm geht von Okowindombo auf Epata. Reitzenstein ist in Otjomasu, Meister im Marsch auf Oparakane-Emaruse begriffen.

Eine weitere amtliche Meldung lautet: Reiter Hermann Zietlow, geb. 24. September 1882 in Prützow, Kreis Regenwalde, Pommern, früher im 1. Pommerschen Feldartillerie-Regiment Nr. 1in Belgard, ist am 6. Sept. im Lazarett von Okusongoto gestorben. Sergeant Friedrich Kaplick aus Niebel, Kreis Zauch-Belzig, früher im Regiment Gardes-du-Corps, ist am 8 September im Lazarett von Okahandja an Typhus gestorben. Kriegsfreiwilliger v. Reichel aus Terpen bei Saalfeld, Ostpreußen, am 11. August am Waterberg durch einen Streifschuß am linken Arm und durch einen Schuß in das rechte Knie verwundet.


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Freiburger Zeitung, 13.09.1904, 1. Blatt, 2. Seite

Freiburger Stadtanzeiger. Mitteilungen aus den letzten Sitzungen des Stadtrats.

(…) Dem Kais. Forstassessor Dr. Aug. Gerber in Windhoek (Südwestafrika) wird für den der Stadt schenkweise überlassenen Wüstenlux, welcher dem Stadtgarten zugewiesen wurde, der gebührende Dank abgestattet.

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Freiburger Zeitung, 13.09.1904, 1. Blatt, 3. Seite

Neuestes und Telegramme. 5 Missionare ermordet? London, 11. September. Morning Leader weiß zu berichten, in der deutschen Kolonie Sanpong (Bismarck-Archipel) sei es zu einem Gemetzel gekommen. Die Eingeborenen hätten fünf Missionare ermordet. Eine deutsche Strafexpedition habe bereits 25 Eingeborene getöten und 20 gefangen.


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