Pressedokumentation auf www.freiburg-postkolonial.deDie Forderungen des südwestafrikansichen Farmers F. Erdmann bezüglich Reformen der Verwaltung der deutschen Kolonie; neu ausgestellt im Städtischen Museum für Natur- und Völkerkunde, Rezension zu Dudley Kidd "Das Wesen der Kaffern" |
Freiburger Zeitung, 11.09.1904, 1. Blatt, 1. Seite Allgemeine Umschau. Reformvorschläge für Südwestafrika werden bekannt. Der Sprecher der Abordnung, welche die südwestafrikanischen Ansiedler in der Entschädigungsfrage nach Deutschland gesandt haben, Herr F. Erdmann, Farm Haris, führt in der Deutschen Kolonialzeitung aus, daß bei der nach Niederwerfung des Hereroaufstanes zu erwartenden Neuordnung der Dinge im Schutzgebiet die folgenden Aenderungen anzustreben seien. 1. Die Verwaltung soll einem Zivilgouverneur als Vertreter des Kaisers unterstehen, dem ein ihm sonst untergeordneter, aber in Bezug auf die technisch sachgemäße Ausführung etwaiger Operationen nur seinen militärischen Behörden verantwortlicher Schutztruppenkommandeur beizugeben ist. Dadurch soll der Uebelstand vermieden sein, daß der größte Teil des Schutzgebietes vernachlässigt werden mußte, sobald der Gouverneur genötigt war, in irgend einen Teil der weiten Kolonie zur Unterwerfung von Unruhen eines Eingeborenenstammes zu Felde zu ziehen. 2. Es soll nur das beste und zuverlässigste Beamtenmaterial hinausgesandt und dieses zunächst in einem praktischen Vorbereitungsdienst seine Qualifikationen erweisen. Daß, wie es jetzt der Fall ist, die Beamten, während sie bereits ihr verantwortungsvolles Amt ausüben, sich die notwendigen Kenntnisse der einschlägigen Verhältnisse sowie des Charakters der Gewohnheiten und Gebräuche der Eingeborenen erwerben müssen, ist ein unhaltbarer Zustand. 3. Die bisherige Verpflichtungszeit der Beamten für den Dienst in der Kolonie von drei Jahren ist auf sechs Jahre auszudehnen. Das Land bedarf eines mit seinen Verhältnissen und Bedürfnissen vertrauten Beamtenstandes, der seine Stellung nicht nur als Durchgangsstation auffaßt und an der Entwicklung der Kolonie selbst Interesse nimmt. Damit im Zusammenhange ist anzustreben, daß die Stellen der Distrikts- und Bezirkschefs möglichst wenig gewechselt werden. 4. Der Bevölkerung des Schutzgebietes ist ein gewisses Maß von Selbstverwaltung einzuräumen, indem man den einzelnen Bezirken in ihren örtlichen Angelegenheiten unter Mitwirkung der Bezirksamtmänner eine möglichst uneingeschränkte Selbstverwaltung gewährt, deren Organ ein aus Wahlen hervorgegangener Bezirksrat zu sein hätte. Ebenso wäre dem Gouverneur für Maßnahmen von allgemeinem Landesinteresse ein Beirat mit beschließender Stimme zur Seite zu setzen, in den jeder Bezirksrat ein Mitglied abzuordnen hätte. Den Beschlüssen des Beirats gegenüber soll dem Gouverneur ein Veto, dem letzteren - dem Veto des Gouverneurs - gegenüber die Berufung an den Reichskanzler zustehen. So wird die Bevölkerung eine geeignete Vertretung erhalten, die das, was dem Lande zu seinem Wohlergehen und zu seinen Entwicklung not tut, zum Ausdruck zu bringen in der Lage ist. Der Aufsatz des Herrn F. Erdmann schließt mit dem Ausdrucke der sicheren Hoffnung, daß Deutsch-Südwestafrika, wenn man die in den englischen Kolonien bewährten Grundsätze, vor allem bezüglich einer möglichst weitgehenden Selbstverwaltung der Kolonisten, annehme, sich in kurzer Zeit zu einer Freude für das Mutterland entwickeln werde, während es jetzt seine ernste Sorge bilde. Scan der Originalseite auf Server der UB-Freiburg | nach oben | Zur Übersicht September 1904 der Pressedoku
Freiburger Zeitung, 11.09.1904, 1. Blatt, 2. Seite Neuestes und Telegramme. Aus Deutsch-Südwestafrika. London, 9. September. Die Times meldet aus Kapstadt: Bei einem Gefecht zwischen deutschen Truppen und Hereros bei den Kurratbergen wurden Leutnant von Stempel und drei Mann getötet. Scan der Originalseite auf Server der UB-Freiburg | nach oben | Zur Übersicht September 1904 der Pressedoku
Freiburger Zeitung, 11.09.1904, 2. Blatt, 4. Seite Städtisches Museum für Natur- und Völkerkunde. Turnseeschule (Turnseestr. Nr. 14). Neu ausgestellt: Gruppe von Raubtieren aus dem Katzengeschlecht. Gruppe des afrikanischen Straußes. Mann, Frau und Kind aus Australien. Völker-Typen in Brustbildern von Professor Martin in Zürich. (…) Scan der Originalseite auf Server der UB-Freiburg | nach oben | Zur Übersicht September 1904 der Pressedoku
Freiburger Zeitung, 11.09.1904, 4. Blatt, 2. Seite Neues von den Eingeborenen Südafrikas. In einem jüngst erschienenen Buche von dem Engländer Dudley Kidd, das den Titel: Das Wesen der Kaffern führt, werden die Eigentümlichkeiten und Gebräuche der Volksstämme Südafrikas beleuchtet. Es ist interessant, einiges über die Sitten dieser Wilden zu erfahren, die gerade unserem deutschen Interessenkreise gar nicht fernstehen. Die Polygamie, die in früheren Zeiten allgemein herrschte, vor allem als die Kraale durch langwierige Kriege verödet waren und man auf einen zahlreichen Nachwuchs bedacht sein mußte, ist jetzt wieder ein Luxus geworden, den sich nur die Häuptlinge gestatten können. Die Macht der Umstände wird gar bald alle Stämme von Südafrika und Utha zur Monogamie zwingen und dieselbe Gewalt der Verhältnisse führt immer mehr zu einer Entartung und Dekandence der Kaffernstämme hin. Daran ist nicht nur ihre Verderbtheit schuld, die alle Laster des weißen Mannes noch zu den eigenen häuft, sondern das neue Regime hat überhaupt die altgewohnte Art, die den Stamm kraftvoll erhielt, von Grund aus verändert. Die früheren Kriegssitten sterben aus, die die Heere dieser Wilden zu so furchtbaren Feinden machten. Wenn eine Abteilung geschlagen war, dann wurde sie bei ihrer Rückkehr vor den Augen des Königs niedergemetzelt. Wer im Kriege seine Waffe verlor, wurde wegen Feigheit getötet. Wenn der Häuptling erproben wollte, welche Waffe sicher töte und am schwersten verwunde, dann befahl er ein Scheingefecht zwischen seinen Kriegern, bei dem aber wirklich auf Leben und Tod gekämpft wurde. Diese unbeschränkte Gewalt des Führers, diese rohe, doch kraftvolle Disziplin herrscht jetzt nicht mehr. Nunmehr müssen die Häuptlinge zu anderen Mitteln greifen, um ihre Macht und ihre Würde zu dokumentieren. Sie lassen die Besucher lange warten, die um eine Audienz bitten, und haben das Zeremoniell europäischer Fürsten angenommen. Eine andere Einrichtung, die allmählich abkommt, ist die Hofstelle eines öffentlichen Lobredners des Königs, ein Amt, dem eines Hofdichters früherer Zeiten vergleichbar; jetzt besorgen das unbesoldete Höflinge, doch sie haben nicht die Virtuosität darin, die z. B. der Lobredner des Swazikönigs Bunn bewies. Eines Tages jagte der König mit hundert Kriegern und nach den Anstrengungen eines ganzen Tages gelang es ihm doch nur einen erbärmlichen kleinen Hasen zu schießen. Doch der Hofdichter rannte vor ihm her und rief laut: Bunn, der König der Swazis, der Held der Helden, hat einen Hasen getötet. Möge alles Volk lauschen meinem Volk: Groß war der Hase wie ein Ochse, kühn wie ein Löwe und schnell wie ein Rehbock. Der tapfere König Bunn, er ganz allein, tötete den Hasen, er tötete ihn mit seiner Assagai. Höret, ihr Völker: Bunn, der König, hat den Hasen getötet; der Hase war schrecklich wie ein Tiger; riesig wie ein Elefant; feurige Flammen waren seine Augen und doch hat der König ihn ohne alle Hilfe erlegt! Immer wieder klang diese Siegesweise, und von ihr umtönt zog der König mit großer Würde und Majestät einher. In mancher Beziehung ist es bei diesen Wilden: tout comme chez nous. So haben sie ihre Mode, die ganz so schnell wie bei uns wechselt. Während einer Saison trugen alle Sicherheitsnadeln als Ohrringe; die nächste Saison durfte man nur Knöpfe in den Ohren tragen. Bei einem Stamm sind blaugetupfte Taschentücher das Entzücken der Dandys, doch fünfzig Meilen weiter weist man solche Taschentücher mit Verachtung von sich; man will baumwollene Hemden. Nur einen Schmuck vielleicht lieben alle gleich sehr, das sind Perlenketten. Einige Stämme, wie die Fingos und Zulus, lieben Perlen mehr als die anderen. Bemerkenswert ist der äußerst feine Farbensinn, den sie haben. Sie lieben durchaus nicht die schreiigen und grellbunten Zusammenstellungen von Farben, wie andere wilden Völker, sondern haben ein apartes Empfinden für gewählter Harmonien. Große Sorgfalt verwenden sie auf die Pflege des Haares und auf Frisuren. Dabei wird in recht freigebiger Weise roter Ton hineingeschmiert, und da ein solcher kunstvoller Aufbau wenigstens einen Monat vorhalten muß, so ist der Kopf stets aufrecht zu halten, so daß sie dann aussehen, als hätten sie Genickstarre. Eine unverwüstliche Lustigkeit lebt in den Kaffernvölkern. Als der erste Eisenbahnwagen durchs Land ging, da lief alles Volk aus den Kraals, um dies neue Wunder anzustaunen: das war ja eine Hütte, die sich auf Rädern bewegte. Meilenweit standen sie, klatschten in die Hände und jauchzten laut auf über die kleinen Räder, die vor allem ihre Aufmerksamkeit zu fesseln schienen. Als man sie fragte, was es denn an diesen kleinen Rädern so Aufregendes zu sehen gäbe, da sagten sie, sie dächten, es wäre von diesen kleinen Dingern doch mutig, daß sie neben den großen so tüchtig mithalten könnten. Zauberei und Aberglauben ist unter ihnen noch vielfach zu finden. Den Schlangen erweisen sie Ehrfurcht, weil in ihnen die Voreltern neue Gestalt angenommen haben. Vor dem Tode haben sie große Furcht und einen Schauder vor toten Körpern; in ihrer Mythologie finden sich Erzählungen, denen von Adam und Eva gleich, die alle von dem Einbrechen des Todes in eine paradiesische Welt handeln. Von der Schöpfung gehen seltsame Geschichten um; so meinen sie, die Wolken entstünden aus dem Blauen Rauch ihrer Feuer, sie seien voller Löcher, durch die der Regen riesele. Die Sonne sinkt nach ihrem Glauben abends in das Meer und fährt dann in einem heiligen Boot wieder nach Osten, eine Anschauung, die an den ägyptischen Osiriskult gemahnt. 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