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Pressedokumentation auf www.freiburg-postkolonial.de

Über eine Kolonialaffäre um einen behinderten Mordprozess in Deutsch-Südwestafrika 1903; Spezialberichterstatter des Berl. Lok.-Anz., Hauptmann a. D. Dannhauer über die Waterbergschlacht am 12. August; zur Kritik an mangelnden Informationen über gefallene Unteroffiziere und Mannschaften; Aufruf an Freiwillige für die Besatzung von Kiautschou

Freiburger Zeitung, 23.08.1904, 1. Blatt, 2. Seite

Allgemeine Umschau. Eine Kolonialaffäre macht neuerdings die Runde durch die Presse und hat bereits zu einer Auslassung in der Nordd. Allg. Ztg. geführt. In einer kolonialen Zeitschrift sind nämlich vor kurzem gegen die deutsche Verwaltung und Rechtsprechung in Südwestafrika schwere Vorwürfe erhoben worden. Danach sollte ein Ansiedler Groeneveld sich durch seine fortgesetzten Bemühungen, das Verbrechen des Mordes, begangen durch einen Sanitätsunteroffizier an einem Neger, der gerichtlichen Bestrafung zuzuführen, bei der Verwaltung der Kolonie lästig gemacht haben. Er sei dann fortgesetzt in Untersuchungen verwickelt und von dem Gericht erster Instanz wiederholt zu längeren Zuchthausstrafen verurteilt worden, die dann allerdings in zweiter Instanz zumeist in kurze Gefängnisstrafen verwandelt wurden. Seine Anzeigen seien anscheinend von der Verwaltung unterdrückt worden, so daß er gezwungen gewesen sei, sich an die Presse zu wenden. Es wurde zwar anerkannt, daß die Kolonial-Abteilung stets bemüht gewesen sei, dem Groeneveld zu seinem Rechte zu verhelfen, allein die ausübenden Organe im Schutzgebiete hatten den klaren Anordnungen ihrer vorgesetzten Behörde keine Beachtung geschenkt.

Zu dieser Angelegenheit schreibt nun die Nordd. Allg. Ztg.:

Im Anschluß an den Artikel der Kolonialen Zeitschrift bringen eine Anzahl von Zeitungen Artikel, die schwere Anschuldigungen gegen die Gerichtsbarkeit und die Verwaltung des südwestafrikanischen Schutzgebietes erheben. Die Tatsache, daß gegen einen gewissen Groeneveld von dem Bezirksgerichte Keetmanshoop in der ersten Hälfte des Jahres 1903 wegen verschiedener Anschuldigungen auf Freiheits- und Geldstrafen lautende Urteile gefällt worden sind, die von der Berufungsinstanz im Schutzgebiete teils erheblich gemildert, teils gänzlich aufgehoben wurden, wird von den erwähnten Blättern damit in ursächliche Verbindung gebracht, daß Groeneveld über die Ermordung eines Negers, nachdem seine Beschwerde an die Behörde fruchtlos verlaufen war, der Presse Nachricht gegeben hatte, die ebenfalls keine Notiz davon nahm. In Wirklichkeit hat Groeneveld sich mit seiner Anschuldigung gegen einen den Distriktschef von Bethanien vertretenden Sanitätsunteroffizier an die deutsche Presse gewendet, ehe er an die Schutzgebietsbehörde Anzeige erstattete. Nachdem Groeneveld dem Distriktschef nach seiner Rückkehr auf seinen Posten Anzeige gemacht hatte, ist sofort das kriegsgerichtliche Verfahren gegen den beschuldigten Unteroffizier eingeleitet worden. Das Verfahren hat zu der Feststellung geführt, daß der Unteroffizier sich der Mißhandlung des Eingeborenen schuldig gemacht hat; das Kriegsgericht hat jedoch auf ärztliches Gutachten den Tatbestand der Paragraphen 226 und 223a des Reichsstrafgesetzbuches und damit den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Mißhandlung und dem Tod des Eingeborenen verneint. Der Angeklagte, gegen den der als Staatsanwalt fungierende Oberrichter Richter, der als strenger Verurteiler solcher Verfehlungen bekannt ist, drei Wochen Gefängnis beantragt hatte, wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Sobald hier der Tatbestand bekannt geworden war, hat das Oberkommando der Schutztruppen sofortige Aufhebung der Kapitulation und die Heimsendung des Unteroffiziers verfügt.

Zu der Angelegenheit erfährt der Hamb. Mitarbeiter der Frkf. Ztg. von eingeweihter Seite, daß Groeneveld sich auf dem Weg nach Hamburg befindet, um seine Angelegenheit persönlich zu vertreten.

 

Bericht des Spezialberichterstatters in des Berliner Lokalanzeigers aus Deutsch-Südwestafrika über die Schlacht am Waterberg

Von der Niederwerfung des Herero-Aufstandes. Der Sieg der Deutschen am Waterberg. Ueber den erbitterten Kampf am 12. d. M., der mit der Niederlage und Zerstreuung der Hereros endete, gibt der Spezialberichterstatter des Berl. Lok.-Anz., Hauptmann a. D. Dannhauer, folgenden anschaulichen ausführlichen Bericht:

Biwak Hamakari, 12. August. Da die Beförderung eines heute von mir gegebenen heliographischen Berichts über den gestrigen umfassenden Angriff auf Schwierigkeiten stieß, wiederhole ich ihn nochmals in großen Zügen. Er geht brieflich mit einer Patrouille unter Hauptmann Bayer nach Okahandja. Der allseitige Angriff auf die Hereros am 11. August war überall erfolgreich. Estorff nahm Otjosongombe, Deimling forcierte den Omuweroume-Paß, nahm die befestigte Stellung bei Waterberg und rückte heute auf Hamakari heran. Mühlenfels, der die Abteilung des mit dem Pferde gestürzten Oberstleutnant Müller übernommen hat, nahm Hamakari. Heyde stieß östlich hiervon auf starke Kräfte des Feindes. Heyde wie Mühlenfels hatten den schwersten Kampf, da hier die Hereros unseren sich ausgezeichnet schlagenden Truppen verzweifelten Widerstand entgegensetzten. Der Feind ist auseinandergesprengt, hat allerdings teilweise sein Vieh mitgenommen. Er scheint östlich entweichen zu wollen und wird in dieser Richtung verfolgt. Die Hereros hatten schwere Verluste; allein gegenüber der Abteilung Mühlenfels mußten sie, die sonst alle ihre Toten mitnehmen oder mindestens auskleiden, 42 Leichen angekleidet und zumteil noch mit Waffen liegen lassen. General Trotha war mit seinem Stabe bei der Abteilung Mühlenfels. Hauptmann Ganßer, der Chef der Avantgarden-Kompagnie, fiel bald nach Beginn des Gefechts mit einem Schuß durch den Kopf; er vermochte nur noch seinen Leuten zuzurufen: Schießt gut, dann vorwärts! Vorher hatte bereits Oberleutnant Streccius einen schweren Schulterschuß bekommen. Ich sprach ihn, nachdem er in der Schützenlinie einen Notverband erhalten hatte. Er achtete der Schmerzen nicht; seine einzige Sorge war, dass er wieder vollkommen dienstfähig würde. Die Aerzte hatten heiße Arbeit. Stabsarzt Eggel und die Oberärzte Schulz und Hintze verbanden viele Verwundete in den Schützenlinien. Oberstabsarzt Schian ließ sofort ein Feldlazarett und 1000 Schritt dahinter einen großen Verbandsplatz errichten, wo die Stabsärzte Wiemann, Dansauer, Kunze und er selbst die Verwundeten in Empfang nahmen. Manche waren nicht mehr zu retten, so auch Leutnant Leplow, der zwei schwere Schüsse bekommen hatte. Dagegen besteht Hoffnung, dass Leutnant Watter durchkommt. Wie in allen Gefechten, hatten die Hereros auch diesmal Scharfschützen auf hohen Bäumen in unserer Front und weitab in unseren Flanken postiert, die fortdauernd Einzelschüsse abgaben. Desgleichen trieben sich kleinere Trupps, die auf weite Entfernungen schossen, im dichten Busch rings um unsere vorgehenden Abteilungen herum. Als vier Mann die Leiche Ganßers zurückbrachten, und dabei eine unbewachte Fläche passierten, hagelten von allen Seiten Kugeln von den fernen Bäumen. Desgleichen erhielt mittags das Hauptquartier, das neben dem weit sichtbaren Ballon der Finkenstation die Kommandoflagge zeigte, scharfes Feuer von verschiedene [sic!] Seiten, ebenso etwas später unser Verbandsplatz, der seine Stellung verlegen mußte. Wesentlich trug zu dem schließlichen Erfolge das Maschinengewehr- und Artilleriefeuer bei, besonders bei der unbedingt not- [Fortsetzung auf der nächsten Seite]


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Freiburger Zeitung, 23.08.1904, 2. Blatt, 2. Seite

wendigen Erkämpfung der Wasserstellen; dort wurde neben einer stark verteidigten Hererowerft erst ein Zug der Batterie Rembe unter Leutnant Hopfner angesetzt, dann die ganze Batterie Rembe, die Batterie Stahl und die Hälfte der Maschinengewehr-Abteilung des Hauptmanns Dürr, zwischen den Kompagnien Wilhelmy und Ganßer. Ein gemeinsamer Vorstoß sämtlicher hier beteiligten Truppen brach den Widerstand der Hereros vor unserer Front, während die Kompagnie Klitzing, der Rest der Maschinengewehre und die Stabswache Flankenangriffe des Feindes zurückwiesen. Interessant ist, daß kurz vor diesem entscheidenden Schlußmoment ein riesiger Heuschreckenschwarm das Gefechtsfeld gleich einer schwarzen Wolke passierte, vor dem formidablen Geschützfeuer aber - die Batterie Rembe feuerte eine Zeitlang mit Sprenggranaten - auswich und verschwand. Treffliche Dienste leisteten während des Gefechts die Funken- wie die Blitzstation, indem sie die Verbindung mit anderen Abteilungen herstellten. Wir biwakierten neben den erkämpften Wasserstellen. Das Feldlazarett war eben dort bis spät nachts in voller Tätigkeit. Unsere Toten begruben wir am 12. August nachmittags an derselben Stelle in einem gemeinsamen Massengrabe, nachdem General Trotha ihrer wie der Tapferkeit der gesamten Truppen in markigen Worten dankbarste Anerkennung gezollt hatte.

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Eine Liste der in den Kämpfen am Waterberg gefallenen und verwundeten Unteroffiziere und Mannschaften liegt zur Stunde immer noch nicht vor. Wir haben es, wie ein großer Teil der Presse, bereits gerügt, daß die Namen derselben nicht gleichzeitig mit denen der Offiziere, wie es durch Gouverneur Leutwein jeweils geschehen ist, genannt wurden. Die Nordd. Allg. Ztg. versucht nun eine Erklärung dieser unentschuldbaren Rücksichtslosigkeit zu geben, indem sie schreibt:

Es kommt hier inbetracht, dass die Aufstellung von Mannschaftsverlustlisten zur Vermeidung von Irrtümern eine genaue Durchsicht der Stammrolle jedes in Frage kommenden Unteroffiziers und Mannes inbezug auf Namen, Geburtsjahr und -Ort und früheren Truppenteil erfordert, daher weit mehr Zeit beansprucht, als bei Offizieren. Bei der verhältnismäßig geringen Anzahl der letzteren ist ein Irrtum bei bloßer Namensnennung ausgeschlossen. Es war daher seitens des Kommandos der Schutztruppe im Schutzgebiet eine alsbald telegraphische Mitteilung auch der Mannschafts-Verlustlisten zu erwarten, so ist dasselbe auch von hier am 18. d. Mts. zur telegraphischen Einsendung noch besonders angewiesen worden. Uebrigens sind die Todesfälle und Verwundungen in der Schutztruppe seit jeher durch Vermittelung der Garnisonskommandos, Polizeiverwaltungen und Geistlichen den Angehörigen gemeldet worden. Wenn insbesondere in der Presse getadelt ist, dass die Angehörigen des Leutnant Leplow die Todesnachricht zuerst durch die Presse erfahren hätten, so kann hier angeführt werden, dass die Ortsbehörde in Plauen unmittelbar nach dem Eintreffen der amtlichen Nachricht durch ein Telegramm des Oberkommandos der Schutztruppen vom 16. d. Mts. mittags um schonende Benachrichtigung des Vaters des Verstorbenen ersucht worden ist.

Diese Auslassung rechtfertigt allerdings eine gewisse Verzögerung, kann aber das Ausbleiben der Liste bis zur Stunde kaum entschuldigen.

Samstag vormittag ging mit dem Dampfer Sylvia ein Truppentransport in Stärke von 36 Offizieren, 943 Mann und 205 Pferden nach Afrika ab. Ihm folgt laut Frkf. Ztg. voraussichtlich am 30. d. M. noch ein weiterer Transport auf der Alexandra Woermann, die etwa 150 Mann an Bord nehmen wird. Die kürzlich zurückgekehrten dienstuntauglichen Mannschaften des südwestafrikanischen Expeditionskorps werden dem Vernehmen nach zunächst einen vierwöchentlichen Urlaub erhalten, worauf ihnen in der Heimat ihre Entlassungspapiere ausgehändigt werden. Zur Erinnerung an die Teilnahme am Feldzug erhielten die Mannschaften als Andenken ein blau-weißes Band mit der Kaiserkrone.

 

Freiburger Stadtanzeiger. Freiwillige für Kiautschou. Im Herbst 1904 wird eine größere Anzahl tropendienstfähiger Dreijährig-Freiwilliger für die Besatzung von Kiautschou zur Einstellung gelangen. Die Ausreise erfolgt im Frühjahr 1905, die Heimreise im Frühjahr 1907. Bauhandwerker (Maurer, Zimmerleute, Dachdecker, Tischler, Glaser, Töpfer, Maler, Klempner usw.) und andere Handwerker (Schuhmacher, Schneider usw.) werden bei der Einstellung bevorzugt. Die dienstpflichtigen Mannschaften erhalten in Kiautschou neben der Löhnung und Verpflegung eine Teuerungszulage von 0,50 M. täglich, die Kapitulanten eine Ortszulage von 1,50 M. täglich. Militärdienstpflichtige Bewerber, von kräftigem und mindestens 1,65 großem Körperbau für das III. Seebataillon, bezw. 1,67 Meter für die Matrosen-Artillerie-Abteilung Kiautschou, die vor dem 1. Oktober 1885 geboren sind, haben ihr Einstellungsgesuch mit einem auf dreijährigen Dienst lautenden Meldeschein entweder: dem Kaiserlichen Kommando der Stammkompagnien des III. Seebataillons in Wilhelmshaven: zum Diensteintritt für das III. Seebataillon und die Marinefeldbatterie, oder dem Kaiserlichen Kommando der III. Matrosenartillerie-Abteilung in Lehe: zum Diensteintritt für die Matrosen-Artillerie-Abteilung Kiautschou (Küstenartillerie) möglichst sofort, spätestens zum 20. September 1904 einzusenden.

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