logo

Pressedokumentation auf www.freiburg-postkolonial.de

Schusswaffen in Deutsch-Südwestafrika, Tirpitz über Hafen von Kiautschou, Reichstagsetats für die deutschen Kolonien in Afrika und Asien; "Die Zustände in Kamerun"

Freiburger Zeitung, 17.03.1904, 1. Blatt, 1. Seite

Allgemeine Umschau
[...]

Zum Herero-Aufstand
meldet der Berliner Lokal-Anzeiger: Der Kaiser hat zur Entsendung von etwa 1000 Mann mit 1200 Pferden nach Deutsch-Südwestafrika seine Genehmigung erteilt. Es werden Freiwillige aus allen Armeekorps genommen. Ob man sich für die Mitnahme hiesiger Pferde oder für australische entscheiden wird, die vielleicht für geeigneter gehalten werden, ist noch nicht bestimmt. Diese neue Expedition wird sehr bald zum Abmarsch bereit sein, da sie vom Kriegsministerium gleich nach Beginn der ersten Verstärkung vorbereitet wurde.
Die Frage der Abgabe von Feuerwaffen und Munition an Eingeborene im südafrikanischen Schutzgebiet hat, so schreibt die Nordd. Allg. Ztg., letzthin die Öffentlichkeit stark beschäftigt. Von gut unterrichteter Seite geht uns hierzu folgende Mitteilung zu: Nach der Verordnung betr. Einführung von Feuerwaffen und Munition in Deutsch-Südwestafrika vom 29. März 1897 hat die Schutzgebietsverwaltung das alleinige Recht über Feuerwaffen und Munition im Land. Sie ist hierdurch in die Lage versetzt, den Erwerb dieser Gegenstände durch Kauf zu kontrollieren. Kauf, wie jede andere Erwerbsart, Tausch oder Schenkung sind für Eingeborene oder Nichteingeborene nur aufgrund behördlicher Genehmigung zulässig. Die Einfuhr von Feuerwaffen und Munition ist Weißen gestattet, sofern diese genügende Sicherheit bieten, daß der eingeführte Schießbedarf nur für den eigenen Gebrauch bestimmt ist und nicht an Dritte abgegeben wird. Auch diese Einfuhr ist in jedem Falle von behördlicher Genehmigung abhängig. Alle Schießwaffen im Schutzgebiet unterliegen der Stempelung und amtlicher Registrierung. Aufgrund der letzteren wird der Erlaubnisschein ausgestellt, der nach fünf Jahren zu erneuern ist. Hiermit dürfte die jüngste Nachricht in der Presse zusammenhängen, daß im letzten Jahre über 1100 Gewehre an die Herero abgegeben seien. Da die erwähnte Verordnung am 1. Januar 1898 inkraft getreten ist, lief 1903 die Gülitigkeitsdauer der Erlaubnisscheine sämtlicher aufgrund derselben gestempelten und registrierten Gewehre ab. Sie bedurften daher der Erneuerung. Um die Erneuerung der Erlaubnisscheine, nicht um die Abgabe von Gewehren, dürfte es sich daher bei der genannten Meldung der Presse handeln. Diese Auffassung wird dadurch bestärkt, daß nach zuverlässigen Mitteilungen, seit Bestehen amtl. Verkaufsstellen im Schutzgebiet, seit dem 1. Januar 1898, amtlicherseits abgegeben wurden an Herero im Bezirk Windhuk insgesamt nur 4 Gewehre M. 71, 280 Patronen M. 71, 15 Kilogramm Pulver, 14 Kilogramm Blei, im Bezirk Okahandja insgesamt nur 3 Gewehre M. 71, 348 Patronen M. 71. Die Entwaffnung der Herero ließe sich nach Ansicht bewährter Landeskenner niemals ohne Krieg durchführen.

[...]

Deutscher Reichstag

Der dem Reichstag zugegangene zweite Reichstagsetat für 1903 beantragt die Bewilligung von 3 092 000 Mk. aus Anlaß der Expedition in das südwestafrikanische Schutzgebiet, darunter 1 797 000 Mark als Zuschuß zur Bestreitung der Verwaltungsausgaben, 1 300 000 Mk. Ausgabe bei der Verwaltung der kaiserlichen Marine, 65 000 Mk. Ausgaben der Reichspost- und Telegraphenverwaltung. Dem Reichstag ging ferner eine zweite Ergänzung zum Entwurf des Reichshaushaltsetats für 1904 zu, worin aus Anlaß der Expedition in das südafrikanische Schutzgebiet die Bewilligung von 3 710 000 Mk. beantragt wird, darunter 3 197 000 Mk. Zuschuß zur Bestreitung der Verwaltungsausgaben im südwestafrikanischen Schutzgebiet und 513 000 Mk. für die Ausgaben der Reichspost- und Telegraphenverwaltung.

*

In der Budgetkomission des Reichstags bei der Beratung des Etats für Kiautschou erklärte Staatssekretär von Tirpitz, in Kiautschou sei ein bedeutender wirtschaftlicher Aufschwung zu konstatieren; der Hafen sei so weit fertig, daß am 18. Februar die Mole, die Anschluß an die Eisenbahn hat, eröffnet werden konnte. Der Staatssekretär gab dann weitere Mitteilungen über die Entwicklung des Handels. Abg. Müller-Fulda regte den Wunsch an, daß der Kostenersparnis wegen die Verwaltung für Kiautschou mit der ostasiatischen Expedition zusammengelegt werde. Der Staatssekretär hebt die Schwierigkeiten solcher Aenderungen hervor. Abg. Richter wünscht, daß die ganze Kolonialverwaltung der Marineverwaltung unterstellt werde. Auf die Frage nach den Sandverhältnissen im Hafen von Kiautschou erwiderte der Staatssekretär von Tirpitz, eine Versandung sei nicht zu befürchten, da die Strömung sehr gewaltig sei. Bei der Beratung des Etats der Schutzgebiete, zunächst für Ostafrika, wird die zweite Rate von 1 800 000 Mk. gegen 750 000 Mk. im Vorjahre zur Fortsetzung der Eisenbahn von Tanga-Muhesa bis Mombo genehmigt.


Scan der Originalseite auf Server der UB-Freiburg | nach oben


Freiburger Zeitung - Ausgabe vom 17. März 1904 (1. Blatt) S. 2

Die Zustände in Kamerun
Einem jetzt eingegangenen Berichte des Gouverneurs von Kamerun zufolge ging die erste Nachricht über den am 22. Januar erfolgten Tod des Stationsleiters Grafen Pückler am 8. Februar in Zusa ein. Es wurde sofort eine Entsatz- und Strafexpedition zusammengestellt, die am nächsten Morgen an Bord des Regierungsdampfers Nachtigall Duala verließ, um in Viktoria weitere Verstärkungen einzunehmen und am 5 Februar in Rio del Rey und am 14. Februar in Ossidinge einzutreffen. Diese Expedition wird befehligt von Leutnant Ritschmann, dazu treten Leutnant von Puttlitz und 37 Mann von der Stammkompagnie. Mit gleicher Gelegenheit ist – so berichtet die Nordd. Allg. Ztg. – als Nachfolger des Grafen Pückler Stationsleiter K[...?] mit 20 Mann Polizei nach Ossidinge entsandt worden. Bis zur Herstellung geordneter Verhältnisse ist für den Bezirk der Kriegszustand erklärt worden. Ritschmann hat Befehl, zunächst das nördliche Großufer vom Feinde zu säubern und die dort bedrohten Punkte zu sichern. Gleichzeitig erhielt der Stationschef und Kompagnieführer von Knobloch in Bonneveda [?], das nur 3 bis 4 Tagreisen von dem Schauplatze der Ereignisse entfernt ist, Befehl, mit dem größeren Teile seiner Kompagnie in das aufständische Gebiet einzumarschieren und sich sobald wie möglich mit der Kolonne Ritschmann zu vereinigen. Beide Expeditionen sollen dann unter dem Befehl Knoblochs nach Norden marschieren, in Boscho ein Exempel statuieren ...., das ganze Gebiet nördlich des Croß an der englischen Grenze entlang von Rebellen säubern und ein für allemal unterwerfen. Der Gouverneur berichtet weiter, daß Graf Pückler seine Reise mit seiner Genehmigung und begleitet von zwei Vertretern der Gesellschaft Nordwestkamerun unternommen habe, um vor seinem Urlaubsantritt dem Handel im Norden des Bezirks die Wege zu öffnen. Diesem friedlichen Zweck entsprechend hatte Graf Pückler eine Begleitmannschaft von 80 Polizeisoldaten bei sich. Da er bei seinen früheren Reisen in dem Bezirke nie in kriegerische Verwicklungen mit den Eingeborenen geraten war, den Stamm der Arjangs [?] auch von seinem vorjährigen Besuche kannte, und denselben für durchaus harmlos hielt, so glaubte er auch diesmal friedlich durchzukommen. Leider hat Graf Pückler sich in dem Charakter der Bevölkerung und in seinem Vertrauen auf seinen Einfluß auf dieselbe getäuscht. So geriet er in eine Falle und wurde mit dem größten Teile seiner Expedition aufgerieben. Auch die ihn begleitenden Angestellten der Gesellschaft Nordwestkamerun, Küster und Schoof, sind gefallen. Eine authentische Darstellung der Ereignisse wird daher schwerlich zu erhalten sein.


Scan der Originalseite auf Server der UB-Freiburg

Zur Übersicht März 1904 der Pressedoku | nach oben