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"Was steht für Deutschland in Ostasien auf dem Spiel?"; DSWA: Kriegsmeldungen

Freiburger Zeitung, 04.03.1904, 1. Blatt, 1. Seite

Was steht für Deutschland in Ostasien auf dem Spiel?

(Nachdruck verboten). Es ist gewiß von Interesse, einmal die wirtschaftlichen Folgen ins Auge zu fassen, die der russisch-japanische Krieg für Deutschland zurfolge haben kann.
Gehen wir in der Entwicklung des deutschen Außenhandels und der ihm dienenden Industrie auch nur um etwa 40 Jahre zurück, so sehen wir, daß das Interesse für Ostasien ziemlich gleich Null war. Nur in Hamburg und Bremen begann man schon damals die Länder des asiatischen Ostens als Absatzgebiete der Zukunft ins Auge zu fassen. Auch der berühmte Geograph und Forschungsreisende Ferdinand von Richthofen, der von 1868 bis 1872 China und Japan bereist hatte, und Prinz Adalbert von Preußen, hielten es für Deutschland für überaus wichtig, dort Boden zu fassen. Ihre Rufe fanden jedoch weder beim Volk noch bei dessen Regierungen einen Widerhall. Man verwies auf die geringen Ziffern unsres Handels mit Ostasien, der im Debet und Kredit des deutschen Reichs noch nach 1870 fast den allerletzten Posten bildete. Im nächsten Jahrzehnt begann aber hierin eine Aenderung einzutreten. Im Jahre 1880 belief sich die Einfuhr aus China auf 1879 Tonnen im Werte von 1 346 000 Mk. Im Jahre 1890 war sie auf 8317 Tonnen im Werte von 7 700 000 Mk. gestiegen. 10 Jahre später, im Jahre 1900, waren 16 751 Tonnen im Werte von 36 088 000 Mk. erreicht, während die Ausfuhr von 6515 Tonnen im Werte 7 026 000 Mk. im Jahre 1880 auf 128 538 Tonnen im Werte von 52 912 000 Mk. im Jahre 1900 gewachsen war. Eine entsprechende weitere Steigerung weisen die Jahre 1901 bis 1903 auf, so daß die Umsätze im Handel mit China für das letzte Jahr bereits 110 Mill. Mk. erreicht haben. Aehnlich war der Verlauf der Dinge im Verkehr mit Japan und Korea. Um die Darstellung nicht zu sehr mit Zahlen zu belasten, sei hier nur summarisch angegeben, daß der Gesamthandel mit Japan schon im Jahre 1900 einen Betrag von 87 Mill. Mk. erreichte, wogegen jedoch die direkten Umsätze mit Korea sich auf einem so lächerlich geringen Betrage hielten, daß sie hier nicht inbetracht gezogen zu werden brauchen.
Unsere kaufmännischen und industriellen Interessen in Ostasien sind hiermit jedoch keineswegs erschöpft. Ein entscheidender Sieg Japans würde den deutschen Kaufmann mit der Gewißheit auch aus einem großen Teil seiner Absatzgebiete auf den Philippinen und in Niederländisch-Indien und Siam verdrängen, und wenn unser Gesamthandel mit den genannten amerikanischen im Jahre 1900 auch nur einen Wert von 8 ½ Mill. Mk. hatte, so betragen die Umsätze mit Siam in demselben Zeitraum doch weitere 5 Mill. Mk., während mit Niederländisch-Indien ein Warenumtausch im Werte von 111 Mill Mk. stattfand. Die direkten Handelsbeziehungen mit Ostasien belaufen sich somit auf mindestens 321 Mill. Mk. Hierzu treten aber noch die nicht genau in Zahlen wiederzugebenden Gewinne, welche die deutsche Handelsschifffahrt aus dem Transport nicht deutscher, aber europäischer Waren und aus der Vermittlung des Verkehrs zwischen den einzelnen Ländern Ostasiens zieht. Man wird daher unsre unmittelbaren Interessen dortselbst mit 400 Mill. Mk. im Jahre kaum zu hoch einschätzen. In diese Summe ist auch noch nicht der Warenumsatz an deutschen Fabrikaten eingerechnet, den Engländern und Holländern als Zwischenhändler vermitteln, der sich aus den Lagern des Hamburgischen Freihafens vollzieht und in der Statistik nicht als deutsch-ostasiatischer Handel zum Vorschein kommt. Um wie viel endlich der Handel Deutschlands mit Rußland (einschließlich Finland), das im Jahre 1900 nicht weniger als 359 Mill. Mk. Waren von uns kaufte und für 729 Mill Mk. Waren nach Deutschland verkaufte, sinken würde, wenn bei längerer Dauer des Krieges Rußlands finanzielle Mittel erschöpft werden oder im Falle eines für Rußland ungünstigen Ausganges das weite Zarenreich einer ähnlichen langjährigen Krise unterworfen würde, wie sie nach dem Krimkriege eintrat, entzieht sich jeder Berechnung.
Erhebliche Verluste hat unser Handel also unzweifelhaft schon während des Krieges zu erwarten, wenn auch einzelne an den Kriegslieferungen für Rußland beteiligte Industrien mit vorübergehenden höheren Gewinnen rechnen könne. Von viel weittragender Bedeutung wird aber der längerdauernde Stillstand des Güteraustausches sein. Wie erfreulich sich die Verhältnisse für Deutschland in Ostasien in den letzten 10 bis 15 Jahren entwickelt hatten, kann man aus einem Buche ersehen, daß der amerikanische Bundessenator Beveridge vor wenigen Wochen über eine nach Ostasien unternommene Studienreise veröffentlicht hat. Er sagt darin, daß dem russischen Vordringen dortselbst einzig und allein das deutsche ebenbürtig an die Seite zu stellen ist, während der Handel aller andern europäischen Mächte nur unbedeutende Fortschritte gemacht habe. Die Ursachen dieses Erfolges sieht er vor allem in dem Fleiße und der Gründlichkeit, in dem zielbewussten Vorgehen unsres Kaufmannstandes, der seine Unternehmungen genau den Bedürfnissen des fremden Volkes anpaßt, die am meisten gewünschten Waren gerade in denjenigen Mustern und Farben anfertigt, die dem Geschmacke des exotischen Käufers zusagen, und durch ein Geschäftspersonal vertreiben lässt, das sich in unermüdlicher Arbeit auch dann betätigt, wenn der Engländer es für Pflicht gegen sich selbst hält, getreu den Gewohnheiten in seinem Heimatslande den Laden zu schließen, um zum Diner oder zum Sportplatz zu gehen.
Alle diese der deutschen Tüchtigkeit gezollten Komplimente klingen unsern Ohren sehr angenehm, sichern aber doch, selbst wenn sie durchweg auf Wahrheit beruhen, uns nur den Vorrang vor unsern europäischen Konkurrenten, sodaß zum Beispiel in der Millionenstadt Shanghai und im ganzen Yangtsekinagtale [gemeint ist wohl das Yangtsekiangtal], die ehemals unbestritten als englische Domänen gegolten haben, heute der Handel zum weitaus größten Teile in deutschen Händen liegt. Ueber den Mitbewerb der japanischen Rasse, die das fast unfaßbare und in der Geschichte einzig dastehende Wunder vollbracht hat, sich innerhalb des kurzen Zeitraums von 35 Jahren von einer zwei Jahrtausende alten Tradition loszusagen und sich aus mittelalterlichen Zuständen heraus auf den Boden unsrer Kultur zu stellen, ist damit aber noch nichts gesagt. Man kann zwar heute täglich in unendlichen Variationen die billige und im Grunde sinnlose Redensart lesen, daß die allgemeine Kultur unmöglich leiden könne, wenn sich in Japan die Kultur hebe. Diese Argumentation schießt aber mit anerkennenswertem Ungeschick an dem Kernpunkt der Sache vorbei. Daß unsere geistigen Güter nicht innerhalb eines Zeitraums von heute auf 50 oder 100 Jahre hinaus zugrunde gehen werden bedarf überhaupt keines Beweises. Es handelt sich vielmehr, wie schon eingangs betont wurde, um das materielle Gedeihen. In dieser Hinsicht machen aber gerade die besten Kenner Ostasiens darauf aufmerksam, daß einerseits der Kultur Japans überhaupt nicht zu trauen sei, weil zwar ein Teil der gebildeten Klassen aus wahrem Herzensgrunde für einen aufrichtigen Anschluß an Europa sei, der weitaus größere Teil der Volksmassen aber von national-chauvinistischer Abneigung gegen das Ausland erfüllt ist. Noch bedenklicher als diese Imponderabilien der Volksseele ist aber die ungeheure Expansionskraft Japans, das schon heute tatsächlich unter seiner Ueberbevölkerung leidet und dessen Arbeitermassen über kurz oder lang hungern müssen, wenn der Bevölkerungsüberschuß nicht einen Abfluß nach dem asiatischen Festlande findet. Es ist daher gewiß, daß, wenn Japan das Ziel seiner jetzigen Wünsche erreicht, die Ueberschwemmungen der chinesischen, mandschurischen, koreanischen und hinterindischen Märkte mit japanischen Händlern und deren Waren in schnellem Tempo sich vollziehen wird und daß dafür am allermeisten der europäische Kaufmann, Fabrikant und Arbeiter die Kosten zu tragen haben wird.
Ernst von Hesse-Wartegg, dessen vorzügliche Sachkenntnis in ostasiatischen Angelegenheiten wohlbekannt ist, äußert sich in der Wiener Zeit wie folgt hierüber: „Sollte Korea japanisch werden, so wird der japanische Wettbewerb, der sich schon jetzt in ganz Ostasien so empfindlich macht, den europäischen Handel gar nicht aufkommen lassen, nicht durch die Wohlfeilheit seiner Produkte, sondern dadurch, daß Japan an der Pforte Koreas wie auch Chinas sitzt und daher nur verschwindend kleine Transportkosten, Versicherungen seiner Waren und Zinsenverlust des schwimmenden Kapitals zu tragen hat. Die Einverleibung Koreas in das japanische Zollgebiet würde daher den Handel mit diesem großen, ungemein reichen und fruchtbaren Lande schon in den Geburtswehen ersticken. Dazu würde durch den koreanischen Besitz Japan sich gewissermaßen eine Brücke nach China bauen, um mehrere Tagereisen Peking, Schantung, Petschili näher gerückt sein und in diesen Gebieten, wo die verschiedenen europäischen Großmächte so wichtige Interessen haben, zur herrschenden und gefährlichen Vormacht werden.“
Das eine läßt sich jedoch mit Gewißheit behaupten, daß dieser Krieg auch für die Machtstellung des Deutschen Reiches das wichtigste Ereignis seit 1870 – 71 ist.
H. von Hiller-Sternberg


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Freiburger Zeitung, 04.03.1904, 1. Blatt, 2. Seite

Aus Deutsch-Südwestafrika.
Berlin, 2. März. Einem heute eingegangenen Telegramm des Gouverneurs Leutwein zufolge ist der Gefreite Emil Fehr aus Hopfenau (Kreis Insterburg) bei einer Rekognoszierung gefallen.
Köln, 2. März. Die Köln. Ztg. bringt ein Telegramm ihres Spezialberichterstatters aus Outjo vom 18. Februar, das von Swakopmund am 1. März abtelegraphiert ist. Außer den bereits bekannten Tatsachen wird u.a. angeführt, daß die Hereros bei ihrem Angriff an der Wasserquelle von Otjorukaku zwei Häuptlinge und einen Großmann, der als Führer des Aufstandes in der dortigen Gegend galt, verloren haben. Im ganzen haben sie 26 Tote. In Grootfontein befinden sich 200 Flüchtlinge. Die Besatzung der Nebenstationen wird dort vereinigt. Mit den eingezogenen 60 Mann Truppen sind im ganzen 100 waffenfähige Männer vorhanden. Auch die Bewohner von Otavi brachte man nach Grootfontein, das verschanzt wurde. Unter den Pferden, deren Zahl gering ist, kommen einzelne Sterbefälle vor.
Aus Omaruru vom 28. Februar (abgesandt von Karibib am 1. März) ging der Köln Ztg. auch folgende Meldung zu: Mit der 4. Kompagnie brach ich am 18. Febr. von Outjo auf. Wir stießen am 21. bei Okowakuatjiwi auf Major v. Estorff und die 2. Kompagnie. Beide Kompagnien hatten dort ein Gefecht erwartet, die Hereros waren aber ostwärts abgezogen. Major v. Estorff lässt in Erwartung eines gemeinsamen Vorstoßes der drei Truppen gegen Waterberg, wo die meisten Hereros gesammelt zu sein scheinen, den hiesigen Bezirk durchstreifen. Der im Gefecht am 25. Febr. bei Otjihinamaparero, nordöstlich von Omburo, gefallene Leutnant Schulze hätte Ende des Jahres den Dienst quittiert, um nördlich von Outjo eine Farm anzulegen. Sein Tod wird allgemein bedauert. Der Kampf muß namentlich um die tief gelegene, von hohen Klippen umgebene Wasserstelle heftig gewesen sein. Im Norden ist jetzt, nachdem gestern der Weg von Karibib hierher freigegeben worden war, die ganze Strecke von Karibib bis Outjo frei. Viel Freude erregten unsere Meldungen, die aus übereinstimmenden Privatbriefen aus der Ctoschagegend stammten, über den Kampf bei Amontink. Sechs Mann hielten dem Sturm großer Ovambascharen stand, töteten 56 und verwundeten viele. Bald darauf traf eine Patrouille ein, um die Stationsbesatzung nach Grootfontein zu bringen. Die Ovambo gehörten zu Necheles Kapitänschaft. Die Frage war, ob Necheles im Westen sitzender Bruder Kambonde Rache an den Deutschen üben würde. Kambonde ließ aber durch finnische Missionare seine Freundschaft nach Outjo versichern. Dadurch wurde die vierte Kompagnie endlich frei.
Berlin, 8. März. Ein Telegramm des Gouverneurs Leutwein lautet: Major von Estorff meldet, nach einem Gefecht am 25. v. M. wurden 50 tote Gegner gefunden.


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