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Dokumentation

"Vom Aufstand der Hereros" - Einschätzungen zur Zahl der Aufständischen, Hereros seien "von unbändiger Grausamkeit"; "Tod des Eisenbahnsekretärs Rock"; Freiburger Forstassessor Dr. Gerber "auf Reise im Hererolande"; verschiedene Meldungen

Freiburger Zeitung, 04.02.1904 1. Blatt, Seiten 1-2

Vom Aufstand der Hereros. Von kolonialer Seite wird der Deutschen Tageszeitung geschrieben: Einen hervorragenden Platz über den Aufstand der Herero in Südwestafrika nehmen die Schätzungen ein über die Menge der im Aufstand Befindlichen. In den Zeitungen ist sogar die Zahl von 20,000 Hereros als aufständisches Heer genannt worden. So viele erwachsene und kriegstüchtige Männer zählt das gesamte Hererovolk überhaupt nicht. Der frühere Reichskommissar von Südwestafrika, Dr. Göring, der das Volk durch jahrelangen Aufenthalt in seiner Mitte kennen gelernt und manchen Kämpfen derselben mit den Hottentotten beigewohnt hat, erklärt, daß dieses Bantuvolk höchstens 5000 Mann im Kriegsfalle stellen könnte. Doch wird diese Zahl in keinem Falle erreicht worden sein, da zur Bewachung der Viehherden auf den weitzerstreuten Weideplätzen eine große Anzahl von Männern festgehalten wird. Das Richtige wird man treffen, wenn man die auf dem Kriegspfade befindlichen Herero auf 3000 Köpfe einschätzt. Auch diese Anzahl ist groß genug, um den Ernst der Lage erkennen zu lassen, zumal die Herero von unbändiger Grausamkeit sind; sie schlagen alle Verwundeten unfehlbar mit ihrem Kirri tot.

Nach neuern Meldungen haben sich andere Bantu den Herero angeschlossen, man nimmt an, daß damit Betschuanen gemeint sind. Von diesem Volke sind aber nur so kleine Abteilungen auf das deutsche Schutzgebiet übergetreten, daß ihre etwaige Beteiligung kaum von fühlbarer Wirkung sein kann. Auch die Bergdamara sind als Genossen der Herero auf dem Kriegspfade genannt worden. Dieses über den ganzen Norden des deutschen Schutzgebietes verbreitete Volk wird dabei aber wohl nur die Rolle spielen, wie sie den kleineren Raubtieren, wie dem Schakal im Gefolge der Löwen und Leoparden zufällt. Sie nehmen mit den Resten der Beute vorlieb und verstärken die Reihe der Kämpfenden wohl nicht. Die Meldungen, welche im Laufe der verflossenen Woche aus dem Gebiete des Herero-Aufstandes eingetroffen sind, haben im Wesentlichen nur Kunde gebracht von Vorgängen, die bereits sich in der Vorwoche abgespielt haben. Es ist das ein Beweis dafür, wie ungemein schwierig der Nachrichtendienst und in noch höherem Maße jede andere Operation in dem von dem Aufstand betroffenen Teil des Schutzgebietes ist.

Die Norddt. Allg. Ztg. gibt im folgenden einen Überblick über das vorliegende Nachrichtenmaterial: Ersichtlich ist der ganze 120 Kilometer breite Landstrich ungefähr von der Linie Karibib-Wilhelmsfeste (Tsaobis) östlich bis zur Linie Okahandja-Windhuk von den Horden der Hereros beherrscht. Aus dem Gebiet östlich von der zuletzt genannten Linie, aus den militärisch besetzten Orten und Poststationen Otjosasu, Neudamm, Hohewarte, Gobabis, Epukiro, Seeis u., liegt bisher nur eine einzige Nachricht vor, aus Otjosasu östlich von Okahandja, und zwar in der Meldung, welche am 12. v. M. die erste bestimmte Angabe über den Aufstand der Herero brachte. Sie führte zu der Annahme, daß in jener Gegend der Aufstand seinen Ursprung und seinen Mittelpunkt hat. Von dorther kamen wohl die mehrere hundert Köpfe zählenden Hererobanden, die am 11. v. M. bei Okahandja erschienen. Dies wurde nun von den dort ansässigen Hererohäuptlingen verlassen, die sich wohl den Aufständischen angeschlossen haben. Zu diesen dürfte wohl auch der Oberhäuptling Samuel Maharero, der seinen Sitz in Okahandja hatte, zu zählen sein. An der Hand der Meldungen kann man nun verfolgen, wie der Aufstand sich nach Süden und Westen weiter verbreitete. Gegen Windhuk zerstörten die Hereros am 12. v. M. die Telegraphenleitung und die große Eisenbahnbrücke bei Osona (5 Kilometer südlich von Okahandja). Die südwärts ziehenden Horden warfen an diesem und dem folgenden Tage ein schwaches Entsatzkorps zurück, das mit einem Maschinengewehr von Windhuk herbeieilte, und drangen, mordend und plündernd, in das Farmgebiet von Windhuk ein. Von da konnte noch am 14. d. M. der Sergeant Dietrich mit einer Botschaft nach Karibib abgehen; er scheint unterwegs verwundet worden zu sein. Am 15. v. M. waren die Hereros bereits bis zur Farm Hoffnung, etwa 10 Kilometer nordöstlich von Windhuk vorgedrungen u. stießen dort auf eine ihnen entgegengesandte Erkundigungsabteilung. Wenn das daraus sich entspinnende Gefecht von dem stellvertretenden Kommandanten von Windhuk, Oberleutnant Techow trotz des Verlustes von mindestens acht Mann als ‚erfolgreich’ bezeichnet wird, so darf man wohl annehmen, daß die Hereros an weiterem Vordringen gehindert worden sind. Seit dieser Meldung, die hier am 25. v. M. eingetroffen ist, haben wir keine Nachricht aus Windhuk; doch darf man hoffen, daß der Ort, der infolge des Landsturmaufgebotes und der Einstellung sämtlicher Pflichtigen und Buren über eine zum Teil berittene Streitkraft von 230 Mann und zwei Maschinengewehren verfügt und stark befestigt ist, jedem Angriff standgehalten hat, obgleich fünf neue Haufen gegen ihn in Anzug waren. Inzwischen dürfte die 2. Kompagnie, die sich laut der am 17. v. M. von Windhuk abgesandten Meldung bereits auf dem Marsch vom Süden befand, sowie die Gebirgsgeschütze aus dem nur 25 Stunden von Windhuk entfernten Rehobot bereits daselbst eingetroffen sein. Gleichzeitig mit dem Zuge gegen Windhuk sind die Hereros von Okahandja gegen das 102 Kilometer südwestwärts gelegene Otjimbingwe vorgegangen. Dieses war bereits am 15. v. M. bedroht; doch scheint es dort zu einem eigentlichen Kampfe noch nicht gekommen zu sein, denn eine von dort am 27. v. M. eingetroffene Meldung wußte nur von der Ermordung des dort ansässigen Farmers Kronewitter zu berichten. In der Umgebung haben die Hereros aber furchtbar gehaust. 16 Ermordungen sind festgestellt, und es steht zu befürchten, daß von den 70 Vermißten ebenfalls viele den Tod gefunden haben. In Otjimbingwe stehen 35 Gewehre zur Verteidigung bereit. Die dort wohnenden Bastarde sind treu geblieben.

Von Okahandja sind die Hereros westwärts längs der Bahn vorgegangen, die sie vielfach zerstört haben. Der am weitesten westlich gelegene Ort, an dem sie gehaust haben, war Kubas (147 Kilometer von Swapokmund). Inzwischen ist der Teil der Eisenbahn von der Küste bis Karibib (194 Kilometer) gesichert worden. Oberleutnant von Zülow, der am 13. v. M. von Swakopmund mit einer Abteilung nach Okahandja abgegangen war, hat nach heftigem Kampfe bei der Eisenbahnstation Waldau am 15 v. M. Okahandja besetzt. Er hat 200 Mann zur Verfügung u. kann sich, wie er am 20. v. M. meldete, noch einige Zeit halten. Um die Verbindung mit Karibib herzustellen, entsandte er am 21. auf der Eisenbahn eine Abteilung von 70 Mann westwärts. Diese stieß etwa 40 Kilometer westlich von Okahandja bei Kawatuerasane (zwischen Waldau und Okasise) mit den Hereros zusammen. Bei dem Gefecht, dass sich nun entwickelte, verlor unsere Truppe 4 Tote und 3 Verwundete. Es wurde festgestellt, dass die Eisenbahnverbindung mit Karibib durch Zerstörung einer 20 Meter langen Brücke unterbrochen ist. Allerdings ist gemeldet worden, daß sich bei den Hereros vor Okahandja 'Kaffern', entweder Bergdamara oder Betschuanen, befänden.

Karibib, die durch die Hauptwerkstatt besonders wichtige Station der Eisenbahn, wird voraussichtlich den Ausgangspunkt der weiteren Operation bilden. Der Ort, in dem die umwohnenden Farmer versammelt sind, war um den 16. v. M. ebenfalls von den von Johann Albrechts-Höhe westwärts ausrückenden Hereros bedroht. Zwar ist bei einem Patrouillenritt bei Karibib der Tierarzt Kämpy gefallen, aber auf den Ort scheint kein Angriff erfolgt zu sein. Es befanden sich dort Freiwillige aus Swakopmund, die der Leutnant der Reserve Laubschat dahin führte, ferner 58 Reservisten und 30 Pferde unter Stabsarzt Kuhn und das 84 Mann starke Detachement von S.M.S Habicht unter Kapitän Gudewill und zwei Maschinengewehre und zwei Revolverkanonen. Die Frauen und Kinder sollten von Karibib nach Swapokmund gebracht werden. Eine große Schwierigkeit entstand daraus, daß seit dem 21. der Eisenbahnkörper 57 Kilometer östlich von Swakopmund bei Khau durch die fortwährenden Regengüsse zerstört wurde. Kapitän Gudewill hoffte, daß die Wiederherstellungsarbeiten am 31. Januar sein würden. Nach einer Meldung, die am 28. v. M. hier anlangte, war die Bahn von Karibib ostwärts bis Kilometer 229 (zwischen Stationen Johann Albrechts-Höhe und Wilhelmstal) hergestellt, so daß ein Zug am 24. v. M. bis zur Station Friedrichsfelde (Kilometer 209) fahren konnte. Aus unbekannten Gründen ist die Arbeit auf dieser Strecke aber eingestellt worden, und Kapitän Gudewill beabsichtigte (27 v. M.) zu Fuß von Karibib einen Vorstoß zu machen."

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„Den Tod des Eisenbahnsekretärs Rock haben wir bereits berichtet. Der Berl. Vok.-Anz. berichtet dazu: Rock war mit seiner jungen Frau erst kürzlich hinausgegangen. Bei Ausbruch des Aufstandes war er als Unteroffizier der Reserve eingezogen worden. Seine Frau ist die einzige Tochter des Besitzers vom Wirtshaus Waldesruch in Zehlendorf, Pettig. Die Aussicht auf eine sichere Zukunft hatte den jungen Gatten veranlasst, sich auf drei Jahre für den kolonialen Dienst in Deutsch-Südwestafrika zu verpflichten, und hoffnungsvoll hatte seine ihm eben angetraute Lebensgefährtin sich im April v. J. bereit erklärt, ihm zu folgen. In zahlreichen Briefen schrieb sie ihren Eltern fortgesetzt von der Schönheit des fernen Landes und [dem anregenden?] Verkehr in der aufblühenden Hafenstadt von Südwestafrika. Jetzt befindet sie sich seit acht Tagen auf der Rückkehr nach Deutschland. – Ueber das Schicksal des Gouverneurs Leutwein beginnt man in kolonialen Kreisen einige Beunruhigungen zu empfinden. Seit dem 23. v. M. sollte Oberst Leutwein in Windhuk sein. Wenn man nicht befürchten will, daß ihm etwas zugestoßen sei, so glaubt man, sein bisheriges Schweigen nur dadurch erklären zu können, daß seine Boten von den Aufrührern abgefangen worden sind, während der Gouverneur vielleicht der Ansicht ist, man sei über ihn durch seine ja nach Swakopmund gesandten Meldungen unterrichtet.“

Im Aufstandsgebiet in Südwestafrika befindet sich auch ein Freiburger, der Forstassessor Dr. Gerber. Der Ort. Bote weiß über den Aufenthalt des Genannten zu berichten: Nach einer Mitteilung des Kolonialamtes hat Gerber mit einem Berichterstatter der Köln. Ztg. namens Mühlendorf, kurz vor Beginn die Reise ins Hererogebiet angetreten. Seitdem ist über den Verbleib der beiden nichts mehr bekannt geworden.“

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Freiburger Zeitung, 04.02.1904 1. Blatt, 3. Seite

"Neustes und Telegramme, Nach Deutsch-Südwestafrika Berlin, 2. Februar. Der Hauptmann á la suite der Schutztruppe für Südwestafrika Fromm begibt sich nach Swakopmund, um an dem Feldzuge gegen die Hereros teilzunehmen. Fromm wird zwei eigene Offizierspferde mit hinaus nehmen, um festzustellen, daß das deutsche Dienstpferd sich in Südafrika besser bewährt als die mexikanischen und argentinischen Pferde, deren Ankauf von der Regierung beschlossen ist. Wie verlautet, wird im Laufe des Februar noch eine weitere Verstärkung der Schutztruppe von 200 Mann nebst einer Anzahl Offiziere nach Swakopmund gehen, wodurch unsere Streitkräfte auf 8400 Mann gebracht werden. Diese setzen sich dann zusammen aus 1700 Mann Schutztruppen, 800 Mann Marine-Expeditionskorps, 1000 Mann Marinemannschaften und 800 Reservisten.“

Aus Deutsch-Südwestafrika. Berlin, 2. Februar. Der Kommandant der Habicht meldet, daß der Feind von Otjimbingwe abgezogen sei. Hamburg, 3. Februar. (Voss. Ztg.) Beruhigende Nachrichten aus Windhuk sind bei drei hiesigen Familien eingetroffen. Die Meldungen besagen, es sei alles wohl und keine Gefahr vorhanden.“

FrZ 4.2.1904

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