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Dokumentation

"Die Erhebung der Herero-Stämme"

Freiburger Zeitung, 17.1.1904 2. Blatt 1. Seite

"Die Erhebung der Herero-Stämme gegen die Verwaltung unseres südwestafrikanischen Schutzgebietes ist, wie wir schon berichteten, zur Tatsache geworden. Danach ist das Zentrum der Kolonie gefährdet und die Verbindung von der Küste nach dem Innern des Landes und dem Sitze der Verwaltung unterbrochen. Die beiden Orte, welche eine Mitteilung als Sammelplätze der Hereros nennt, Okahandja und Otjofazu, liegen im Bezirke Windhuk, nördlich von diesem Orte. Der Distriktort Okahandja, Militärstation, ist Eisenbahnstation, 78 Kilometer von Windhuk, 803 Kilometer von Swakopmund entfernt. Es liegt am rechten Ufer des Schmelenshoop-Reviers in einer weiten Ebene 1830 Meter über dem Meere. Im Osten des Ortes steigt der Kaiser-Wilhelmsberg zu 1615 Meter Höhe auf, im Südosten ziehen sich die Otjihavera- und Oujati-Berge gegen das Auas-Gebirge bei Windhuk hin. Nach den letzten Angaben wohnten in Okahandja 62 Europäer, etwa 900 Hereros, je 100 Hottentotten und Bergdamara. Otjafazu liegt etwa einen Tagesmarsch östlich von Okahandja auf einer im Westen und Süden von Bergen begrenzten Ebene in 1500 Meter Meereshöhe an einem Nebenfluß des Swakop, dessen QUelle vom Januar bis Oktober fließt. Nach den letzen Angaben wohnten dort elf EUropäer und etwa 500 Hereros und Ovambandjerus. An beiden Orten befinden sich Stationen der Rheinischen Missionsgesellschaft, deren Gemeindemitgliederzahl für Okahandja auf 1150 (1903), für Otjofazu auf 489 (1902) angegeben wurde.

Die Hereros, ein den Kaffern verwandter Bantustamm, sind vor etwa 100 Jahren, von Norden kommend, über den Kunene in das heutig Schutzgebiet eingewandert und später von den nachfolgenden Ovambos südwärts in das Gebiet der Bergdamara, ihre heutigen Sitze, gedrängt worden. Ihre Anzahl wird auf etwa 65 000 Köpfe geschätzt. Als Deutschland in Südwestafrika festen Fuß zu fassen begann, beherrschte die Hereros der Häuptling Maharero in Okahandja, der, durch Engländer aufgehetzt, sich lange sträubte, mit Deutschland einen Vertrag abzuschließen. Schließlich gelang dies dem Reichskommissar D. Göring am 21.Oktober 1885 doch. Maharero, von dem Engländer Lewis aufgestachelt, fiel am 30. Oktober 1888 von der deutschen Herrschaft ab, jedoch bildeten sich nach Vertreibung Lewis’ durch Hauptmann von François allmählich wieder bessere Verhältnisse heraus, so nach dem Tode Mahareros (Oktober 1890) dessen Sohn Samuel Maharero, der auch in Okahandja wohnt, 1894 mit der Regierung ein Abkommen schloß, das u.a. auch die Grenzen des Hererogebiets feststellte.

Die Gründe, die die Hereros neuerdings zu einer Bewegung veranlassten, sind noch unbekannt. Die Hereros stehen körperlich den südafrikanischen Kaffern sehr nahe. Ihre Körperfarbe ist ein schwärzliches Braun, doch sieht man auch gelbbraune Hereros. Ihre Waffen bilden die Wurfkeule (Kirri) und der Asfagat; doch haben viele, namentlich im Süden, auch Gewehre, in der Mehrzahl allerdings sogen. Pavianspfoten, Vorderlader ältester und oft sehr mäßiger Konstruktion.

Sehr beachtenswert und dringlich ist wohl der Vorschlag eines bekannten und verdienten alten Afrikaners, der Land und Leute genau kennt und in voller Würdigung des Ernstes der Lage der Tägl. R. schreibt: Nun wird die Oeffentlichkeit doch endlich zum Nachdenken über die südwestafrikanischen Verhältnisse angeregt werden und einsehen, das es so nicht weiter gehen kann und daß für diese stiefmütterlich behandelte, zu Unrecht bewitzelte und gering geschätzte Kolonie etwas getan werden muß. Ich stimme den Ausführungen des Herrn Dr. Hartmann (in einer Broschüre: Die Entwicklung Deutsch-Südwestafrikas) aus meiner genauen Kenntnis des Landes zu und glaube, daß die Gelegenheit günstig wäre, die Probe auf das Exempel zu machen. Nachdem nunmehr der Aufstand in Südwestafrika so bedenkliche Dimensionen angenommen hat und eine ernste Gefahr besteht, schlage ich vor, man schicke eine Truppe von tausend Mann zur endgültigen Unterdrückung des Aufstandes und zur Entwaffnung der Eingeborenen hinaus. Selbstverständlich müssen diese tausend Mann Freiwillige bester Qualität sein, die geneigt sind, nach Absolvierung ihrer aktiven Kriegsdienst-Tätigkeit als Farmer drüben zu bleiben, also nach Möglichkeit Landbewohner. Diese 1000 Mann werden sich leicht finden, nachdem ihnen die Bedingungen, die Dr. Hartmann vorschlägt, mitgeteilt. sind. Nach Absolvierung der Dienstzeit soll wenigstens der Hälfte der Leute eine Farm von 2-8000 Hektaren und finanzielle Beihilfe gegeben werden. Diese 1000 Mann werden, wie mir jeder Kenner Deutsch-Südwestafrikas zugeben wird, imstande sein, zusammen mit der Schutztruppe die Ruhe in Deutsch-Südwest ein- für allemal herzustellen. Eine kleinere Zahl dürfte kaum genügen, da das Land groß ist und die Verbindungsmöglichkeiten immer noch mangelhaft sind, so daß man mit einer kleinen Truppe nicht zweckentsprechend manövrieren kann. Diese tausend Mann genügen aber auch, um, nachdem die Sicherheit wieder hergestellt ist, die Besiedlung durchzuführen, da unter diesen 1000 Mann und den sonstigen, schon draußen befindlichen Kriegsteilnehmern sich doch sicher 500 Ansiedler finden werden, die sich draußen ein Heim schaffen wollen. Das Land für diese Militäransiedler könnte aus den Territorien der aufständischen Eingeborenen entnommen werden, wodurch die Eingeborenen-Reservationen gleichzeitig eine wohltätige Verkleinerung erfahren würden. Der Kolonie würde geholfen sein und Deutschland doch noch Freude an seiner überseeischen Provinz erleben, für die es jetzt leider nur zu wenig zum Leben und zuviel zum Sterben übrig hat.“

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