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Bericht vom Vortrag von Prof. Wolfgang Michael in der Akademischen Gesellschaft Freiburg über Kolonialpolitik des Großen Kurfürsten

 

Freiburger Zeitung. No. 297, Freitag, 21. Dezember 1900, Tagesausgabe, Seite 2

Freiburger Stadtanzeiger. Freiburg, 20. Dezember.

+ Akademische Gesellschaft. Ueber die Kolonialpolitik des Großen Kurfürsten hielt Herr Prof. Michael einen interessanten und fesselnden Vortrag. Neben den sonstigen Ruhmesthaten des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, die auf Vergrößerung und innere Hebung der brandenburgischen Monarchie gerichtet waren, wird gewöhnlich vergessen, daß der große Kriegsheld schon vor zweihundert Jahren Kolonien in drei Welttheilen gegründet hat und während seines ganzen Lebens sehr eifrig für eine brandenburgische Kriegs- und Handelsflotte eingetreten ist. In dem Land, das noch an den Wunden des dreißigjährigen Krieges blutete, in dem die Städte halb entvölkert, viele Dörfer vom Erdboden verschwunden, große Strecken Felder verödet und verwüstet lagen, in diesem Land herrschte dennoch der ideale Zug, über die engen Grenzen hinaus eine Weltpolitik zu treiben und mit den damaligen Kolonialstaaten Portugal, Spanien, den Niederlanden und Frankreich in einen Wettkampf auf dem Gebiet des Handels einzutreten.

Freilich waren die politischen Zustände erschwerend für das Gedeihen des brandenburgischen Welthandels. Günstig gelegene Hafenstädte besaß das Kurfürstenthum nicht. Die Kaufleute hatten weder das nöthige Geld, noch besaßen sie genügenden Unternehmungsgeist, um die Politik des Großen Kurfürsten würdigen zu können. Um die Lieblingsidee Friedrich Wilhelms zu verwirklichen, mußten holländische Schiffe und holländisches Kapital geliehen werden, also aus einem Land, mit welchem Brandenburg in den Wettkampf eintreten wollte. Die Unternehmungen wurden ausgeführt von der afrikanischen Kompagnie, welche 1682 gegründet wurde. Anfangs war der Sitz dieser Handelsgesellschaft in Pillau, wurde aber später nach Emden in Ostfriesland verlegt. An der afrikanischen Goldküste wurde die befestige Kolonie Groß-Friedrichsburg gegründet und ein reger Handel mit Gold, Elfenbein und Sklaven betrieben.

Den Sklavenhandel darf man dem Großen Kurfürsten nicht zum Vorwurf machen; denn alle Kolonialstaaten betrieben denselben in gleicher weise und zogen daraus mehr Nutzen als mit allen anderen Handelsartikeln. Um die Sklaven in Westindien absetzen zu können, pachtete der Kurfürst von der dänischen Regierung ein Stück Land auf der Insel St. Thomé. Die brandenburgisch-afrikanische Kompagnie arbeitete mit einem kleinen Kapital und konnte darum den Handel nicht in dem Maaße ausdehnen, wie es in der Natur der Sache gelegen haben würde. Sie zahlte wenig oder keine Dividenden, nur um ihr Kapital zu vergrößern. Neue Aktionäre wurden nur wenige gewonnen, und auch diese nur im Ausland. Um die Handelsgesellschaft etwas in die Höhe zu bringen, veranlaßte Friedrich Wilhelm auch Fahrten nach Ostindien. Hier konnte er jedoch gegen die Konkurrenz der Niederländer, Portugiesen und Engländer nicht bestehen. Bis an sein Lebensende wandte er seine Sorgfalt der afrikanischen Kompagnie zu. Seine letzten Lebenstage wurden noch verbittert durch die Nachricht, daß ein Theil ihrer Besitzungen an der Guinea-Küste von den Niederländern erobert worden war. Sein Nachfolger Friedrich I. konnte den weiteren Zerfall der Kompagnie nicht verhindern. Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig, hatte keinen Sinn für die Handelspolitik seines Vaters und Großvaters. Er benutzte die erste beste Gelegenheit, den [...?] von Kolonialbesitz loszuwerden. [...] (Fortsetzung im nächsten Blatt).


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Freiburger Zeitung. No. 297, Freitag, 21. Dezember 1900, Zweites Blatt, Seite 1

(Fortsetzung aus dem ersten Blatt.)
sie nicht von den Niederländern gekapert worden waren, wurden sammt [?] den überseeischen Besitzungen für 7000 Dukaten an die Niederländer verkauft und das baufällige Haus der Kompagnie um ein paar tausend Thaler hergegeben. Damit endete die brandenburgische Kolonialpolitik, um erst in unseren Tagen wieder als Reichspolitik neu zu erstehen.


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