logo

Pressedokumentation auf www.freiburg-postkolonial.de

Feierlicher Einzug der "China-Truppe" in Berlin mit erbeuteter chinesischer Flagge

 

Freiburger Zeitung, No. 294, Freitag, 18. Dezember 1900, Tagesausgabe, Seite 1

Allgemeine Umschau
Zu Ehren der aus China heimgekehrten Mannschaften
hatten in Berlin die staatlichen, städtischen und viele Privatgebäude festlich geflaggt. Dichte Menschenmassen umsäumten Sonntag Vormittag die Straßen, die die Truppen passieren sollten. Um 12½ Uhr lief der Sonderzug im Lehrter Bahnhofe ein, wo der Kommandant von Berlin, Generalmajor Ende mit Begleitung und eine Anzahl Marine-Offiziere anwesend waren. Nachdem die Mannschaften sich auf dem Bahnhofe formiert hatten, wurden den Dekorierten die Auszeichnungen überreicht. Inzwischen rückte draußen eine Kompagnie des 2. Garde-Regiments mit Musik und Fahne an und nahm vor dem Bahnhofe Aufstellung. Während die Garde präsentirte, marschirten die Marine-Abtheilungen von den begeisterten Hochrufen einer tausendköpfigen Menge begrüßt, aus dem Bahnhofe, an der Spitze das Musikkorps der 2. Matrosen-Division, welchem die deutsche Kriegsflagge, die den deutschen Kriegern in den Kämpfen vorangeweht hat, sowie eine erbeutete chinesische Flagge folgte. Den Schluß des Zuges, der auf dem ganzen Wege enthusiastisch begrüßt wurde, bildeten die erbeuteten Kanonen, dann folgte die Ehrenkompagnie. Die Verwundeten waren vorher in Wagen nach dem Zeughause gefahren. Vor dem Brandenburger Thor erwarteten den Zug die Vertreter des Magistrats und der Stadtverordneten, an ihrer Spitze der Oberbürgermeister, Bürgermeister und Stadtverordnetenvorsteher. Der Oberbürgermeister hielt eine Ansprache, auf die Korvettenkapitän Koch erwiderte. Kurz vor 3 Uhr setzte sich der Zug durch das Brandenburger Thor nach dem Zeughause in Bewegung. Die Straße Unter den Linden entlang, voran die Matrosenkapelle, der ein kleines Häuflein Iltis-Leute mit der bei dem Sturm auf die Takuforts geführten Reichskriegsflagge und der eroberten chinesischen Fahne folgte. Dann kamen in langer Kolonne die anderen Detachements mit den erbeuteten chinesischen Kanonen. Den Abschluß bildete die Ehrenkompagnie des 2. Garde-Regiments. Unter brausenden Hoch- und Hurrahrufen der dichtgedrängten Menschenmenge ging der Zug über den Pariser Platz und die Linden zum Zeughause, wo der Kaiser die Chinakrieger erwartete.

In der Umgebung des Zeughauses erwarteten Tausende die Ankunft der Chinatruppen. Vor dem Hauptportal desselben hatten sich die Mitglieder des königlichen Hauses und andere Fürstlichkeiten, die Generalität und zahlreiche andere Offiziere, die Militärbevollmächtigten, die Attaches, sämmtliche hiesige Marine-Offiziere, sowie der Reichskanzler, die Kabinetchefs, der Kriegsminister, Tirpitz, Schlieffen, Diederichs u.A. versammelt. Kurz vor 3 Uhr traf der Kaiser mit dem Prinzen Rupprecht von Bayern, ferner die Kaiserin, Prinz Heinrich, die kaiserlichen Prinzen und die Prinzessin Luise Viktoria ein. Der Kaiser begrüßte im Lichthofe des Zeughauses einige nicht gehfähige Verwundete und erwartete dann vor dem Zeughause das Herannahen des Zuges. Unter den Klängen des Flaggenliedes nahten die Truppen. Der Kaiser salutierte. Die Abteilung schwenkte vor dem Zeughause ein. Die Truppen präsentirten und die Musik spielte den Präsentirmarsch. Die Truppen begrüßten darauf den Kaiser mit Hurrah; die Hochrufe der Menge setzten immer wieder von Neuem ein. Der Kaiser schritt die Fronten ab und besichtigte die Geschütze. Sodann befahl er den Einmarsch der Truppen in den Lichthof des Zeughauses. Der Kaiser begrüßte hier zunächst die Verwundeten und sprach mit jedem Dekorirten. Darauf hielt der Kaiser eine Ansprache an die gesamten Mannschaften und nahm sodann vor dem Zeughause den Parademarsch ab. Hierauf begab sich Se. Majestät unter den Hochrufen der Menge mit dem Prinzen Heinrich in das Schloß. Der Kaiser befahl die Absendung nachfolgender Telegramme: Verwittwete Frau Korvettenkapitän Bucholz- Braunschweig bei dem feierlichen Einzuge der aus China zurückgekehrten Marinemannschaften gedenke Ich mit Wehmut, aber auch mit Stolz Ihres vor dem Feinde gebliebenen Gatten, des tapferen Führers des Landungskorps Meines Kreuzers Kaiserin Augusta. Möge der allmächtige Gott Sie in Ihren Kindern für das Opfer belohnen, das sie dem Vaterlande gebracht haben und möge die Erinnerung an den Heldentod des Gatten und Vaters den Hinterbliebenen zum Segen gereichen. Wilhelm, I. R. Admiral Thomsen, Wilhelmshaven. Bei dem feierlichen Einzuge der aus China zurückkehrenden Marinemannschaften gedenke Ich auch der wegen Ihrer Verwundung oder Krankheit im Lazareth Zurückgebliebenen und spreche denselben Meine herzlichsten Wünsche für ihre baldige Genesung aus. Wilhelm, I. R.


Scan der Zeitungsseite auf Server der UB-Freiburg Weiter

Zur Übersicht 1900 der Pressedokumentation | nach oben