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China: Über die Kämpfe bei Taku; Mobilmachung der Seebataillone; "Ansichten über den Aufstand": der deutsch-katholischen Bischof Anzer und der chinesische Gesandte Li-Tê-schun; verschiedene Meldungen

Freiburger Zeitung, No.141, Donnerstag 21.06.1900, Tagesausgabe, Seite 1

Die Kämpfe in China
Ueber die
Kämpfe bei Taku

liegen jetzt nähere Berichte vor. Nach einer Meldung der Times aus Shanghai hielten die ausländischen Flottenkommandanten bei Taku Samstag Nachmittag angesichts der Thatsache, daß sich starke chinesische Truppenmassen in den Forts von Taku sammelten, im Flusse Torpedos gelegt wurden und alle Verbindungen unterbrochen waren, eine Berathung und beschlossen die Absendung eines Ultimatums, das die Entlassung der Truppen verlangte und ankündigte, falls nichts bis Sonntag früh 2 Uhr Folge geleistet werde, sollte die Zerstörung der Forts erfolgen. Gegen 1 Uhr am Sonntag Morgen eröffneten dann – nach der Daily Expreß – die Forts plötzlich das Feuer auf die der Küste zunächst ankernden Kanonenboote Algerine (britisch), Iltis (deutsch), Atago (japanisch), Yorktown (amerikanisch), Mandschur (russisch). Die ersten Granaten der Forts blieben ohne Wirkung dann aber fanden die chinesischen Geschütze ihr Ziel und Algerine und Iltis wurden dreizehn oder vierzehnmal getroffen und übel zugerichtet, hierauf erwiderte die ganze Flotte mit einer schrecklichen Kanonade, es wurde gut geschossen und die Forts wurden buchstäblich zerschmettert. Die russischen Truppen sollen von der Landseite der Forts den Angriff unterstützt haben, der bis zum hellen Morgen andauerte. Alsdann wurden die Werke durch starke Landungsabtheilungen, die die Chinesen mit dem Bajonnet angriffen, besetzt. Hunderte der Vertheidiger fielen auf der Flucht nach Norden. Die Hauptstärke an Truppen bei dem Angriff entfalteten die Russen, die bisher 10 000 Mann bei Taku gelandet haben. Die Kanonenboote wurden durch den ersten Angriff vollständig überrascht. Eine Granate schlug in die Munitionskammer des Mandschur ein und sprengte das Schiff, das zahlreiche Todte und Verwundete hatte, in die Luft. Der japanische Admiral erhielt die Weisung, die gleiche Zahl Truppen wie die Russen zu landen. Nach einer späteren Meldung geht bei den Chinesen das Gerücht um, sämmtliche Pekinger Gesandtschaften seien genommen und die Diplomaten gefangen in den Händen des Gesindels. Die Kabelgesellschaft machten gestern einen kräftigen Versuch, mit der Verwaltung der chinesischen Landlinien eine Einigung zu erzielen, um die Wiederaufnahme der Verbindung mit Peking und Tientsin zu erlangen, jedoch erfolglos, da die Chinesen nach langem Gerede erklärten, die Linien seien zwischen Lutai und Taku unterbrochen. Nach einer Dalziel-Meldung waren die von den vereinigten Landungstruppen aus den Forts vertriebenen Vertheidiger der Forts auf der Flucht den russischen Landungstruppen in die Hände gefallen; so berichten wenigstens die Chinesen.

Neue deutsche Verstärkungen
gehen auf Befehl des Kaisers nach China. Der Kaiser befahl die Mobilmachung des zweiten Seebataillons zur Entsendung nach China. Das zweite Seebataillon hat seinen Standort in Wilhelmshaven. Kommandeur des Bataillons ist Major v. Kronhelm. Beim 2. Seebataillon stehen die Hauptleute Wendenberg, v. Falkenhayn, Wellenkamp, Fricke, Gudewill; die Oberleutnants v. Keiser, Frhr. V. Steinacker, Robert, Reinhard, v. Brauchitsch, v. Bosse; die Leutnants Pfützenreuter, Barchewitz, v. Eichstedt, Buttelin, Anderson, Schultz, Steuer, Hermann Graf zu Castell-Rüdenhausen, Paschen, Poland, Hedemann, v. Sierakowski nach dem Stande vom 7. April 1900. Das Seebtaillon besteht aus 1003 Mann, 141 Unteroffizieren, 2 Stabshoboisten, 53 Hoboisten und 2 Büchsenmachern. In Summa 1201 Mann, ausschließlich der Offiziere. Es ist zum zweiten Mal seit Bestehen des Reiches, daß Marineinfanterie im Kolonialdienste verwendet wird. Das erste Mal wurde im Frühjahr 1894 ein Detachement Marineinfanterie zur Dämpfung des Auffstandes nach Kamerun entsendet. Zur Beförderung von Truppen sind die großen tansatlantischen Dampfer der Lloyd und der Hamburg-Amerika-Gesellschaft vorbereitet und stehen im Bedarfsfalle sofort zur Verfügung.
Gleicheitig meldet Wolffs Telegr.-Bureau aus Kiel, 19. Juni.: Die Marine-Infanterie, bestehend aus dem ersten und zweiten Seebataillon, ist mobil gemacht und geht auf dem Dampfer Fürst Bismarck unter Generalmajor v. Hopfner in kürzester Frist nach China ab. Kommandeur des ersten Bataillons ist Major von Madai, Adjutant Oberleutnant Vitßthum v. Eckstaedt, Kompagnieführer sind Hauptleute Frhr. v. Seherr-Thoß, von Schmid, Frhr. V. Rheinbaben, v. Busse. Der Friedensbestand der beiden Seebataillone beträgt 44 Offiziere, 168 Unteroffiziere, 1038 Gemeine. Die Kriegsstärke des Bataillons zu sechs Kompagnien soll 1400 Mann betragen.

Ansichten über den Aufstand.
Mehrere mit den chinesischen Verhältnissen Vertraute haben in den letzten Tagen ihre Ansichten über den Boxeraufstand, theils in Wiederholung früherer Aussagen theils zum ersten Male öffentlich kund werden lassen. Der früher in Süd-Shantung thätig gewesene deutsch-katholische Bischof von Anzer, der die Boxer aus nächster Nähe kennt, erklärte dieser Tage:
„Unter den Boxern sind die besten Stände Chinas vertreten. – Gelehrte, Mandarinen, hohe Beamte. Ich kenne den Chef der Sekte. Er heißt Chan und ist ein Gelehrter. Er verkündet, daß das regierende Herrscherhaus, die Dynastie der Mandschus, die Fremdlinge seien, abgesetzt werden müsse. Die Bewegung der sogenannten Boxers richtet sich also gegen die Dynastie selbst.“ „Und wen, so fragte sein Wiener Gast, wollen die Boxer, wen will Chan auf den Thron bringen?“ „Nun, Chan“, antwortete Bischof Anzer, Chan will selbst Kaiser werden . Er macht auch kein Hehl daraus. Er hat sich bereits wiederholt öffentlich im gelben Anzuge gezeigt, und das Gelb ist das Abzeichen der höchsten Gewalt. Das Gelb kommt nur dem Kaiser zu. Der Hof in Peking ist demnach verblendet, wenn er die Boxer im Geheimen unterstützt, in der Meinung, sie strebten nur die Austreibung der Fremden an und hätten demnach ausschließlich nationale, patriotische Ziele.“
Auch das Mitglied der chinesischen Gesandtschaft in Berlin (zugleich Vorsteher im geheimen Kabinett zu Peking). Li-Tê-schun weist darauf hin, daß die regierenden Mandschus eigentlich auch Landfremde sind und daß sie daher nothwendig vorsichtig sein müßten bei fremdenfeindlichen Bewegungen. Der genannte chinesische Diplomat stellt nun mehrere interessante Behauptungen auf. Er meint, daß der Aufstand haptsächlich aus Arbeitsnoth entstanden, also ein sozialer oder sozialistischer ist; er meint ferner, daß der Aufstand deshalb möglichst milde behandelt werde.
In einzelnen begründet er diese Auffassung folgendermaßen: Seit nunmehr einem Jahre ist der Bahnbau zwischen Peking und Tientsin vollendet. Allmonatlich beinahe erstehen in Verbindung hiermit kleine Anschlußbahnen die hauptsächlich dem Kohlentransport zu dienen haben. Während man früher, als dieses Bahnnetz noch nicht bestand und beide Städte noch nicht durch einen Schienenstrang verbunden waren, tausende und abertausende von Arbeitskräften bei dem starken Verkehr zwischen beiden Orten, der sich damals noch auf den Land- und Wasserstraßen abspielte, ihr tägliches Brot als Kameel- oder Eseltreiber, Wagenführer, Herbergsbedienstete, Lastträger und Bootsführer fanden, ist im Augenblick, wo der erste Zug von Peking nach Tienstin rollte, dieser ganzen Schar von Menschen ihr Erwerb genommen worden. Seit einem Jahr schon vermehrt sich die Armee von Arbeitslosen beständig. In dieser Menge gährt es also seit langer Zeit – begreiflich genug, denn Hunger thut weh! Zum Ausbruch allerdings wäre es auch heute nicht gekommen, denn der niedrige chinesische Arbeiter ist geduldig , friedliebend und jeder Gewaltthat abgeneigt. Nun aber haben sich die „Tachuan“, oder wie sie in Europa allgemein genannt werden, die Boxer, die aus ähnlichen Gründen unzufrieden sind, der Sache bemächtigt und die allgemeine Unzufriedenheit benutzt, um ihrem Aerger Luft zu machen.
Wer sind nun diese Tachuan? Ursprünglich Leute, die ihre von Jugend auf durch stetige Uebung erworbene Körperkraft und Geschicklichkeit zum Broterwerb machen. Nicht wie in Europa, indem sie sich als Beschützer und Wächter an Reisende und Privatpersonen, manchmal sogar auch an den Staat verdingen. Sobald sich jemand einen Boxer als Begleiter oder Wächter gemiethet hat, ist er nicht nur vor allem übrigen Gesindel und vor Räubern geschützt, sondern vor etwa augenblicklich stellungslosen Tachuan, die ihre Körperkraft nicht anders zu verwerthen mögen, als indem sie sich zu denen gesellen, gegen die sie im Fall eines Engagements schützen sollen und würden. Diese Privatpolizisten, wenn man so sagen will, bilden also die Gesellschaft der Boxer.
So hat die Gemeinschaft der Tachuan eigentlich nur die Bedeutung einer Berufsgenossenschaft, die den einzigen Zweck verfolgt, Leute desselben Berufes zu vereinigen und ihnen eine Arbeitsnachweisstelle zu schaffen. Erst in den letzten Jahren hat sich dies geändert – aus den gleichen Gründen, aus denen heute andere Arbeiter zur Gewalt greifen und politische Zwecke zu verfolgen scheinen. Durch die Vereinfachung des Verkehrs und durch die Hebung der Sicherheit auf den Landstraßen sowie in den Städten sind auch die Boxer entbehrlich und deshalb brotlos geworden. Während früher sogar die Provinzialbehörden selbst, wenn sie große Geld- oder Werthtransporte zu besorgen hatten, sich eine größere Anzahl von sogenannten Boxer zum Schutz des Transports mietheten und kein Privatmann eine Reise antrat oder auch nur Geld im Hause verwahrte, ohne sich mindestens einen Tachuan als Begleiter oder Wächter zu nehmen, transportirt man heute auf der Eisenbahn schneller und sicherer, ohne einen Beschützer zu gebrauchen, und reist auch ebenso ohne Begleiter. Während nun der arme, verhungerte und körperlich schwache Arbeiter es nie unternommen hätte, zu Gewaltmaßregeln zu greifen und seinem Jammer durch aufrührerische Handlungen Luft zu machen, liegt es in der Natur der Sache und ist psychologisch und physiologisch nur zu begründet, daß der körperlich kräftige, auf Gewaltthaten dressierte Tachuan, der ja dazu erzogen ist, sich Brot und Erwerb durch körperliche Kraft zu verschaffen, auch jetzt, wo ihm der Broterwerb entzogen ist, seine Körperkraft zu Gewaltmaßregeln benutzt, um sich seinen Erwerb zu retten. Sein [?]gang, den er naturgemäß allen Theilnehmern am Aufstand suggerirt, ist sehr einfach zu analysieren: durch die Eisenbahnen hat er und mit ihm eine große Anzahl Arbeiter ihr täglich Brot verloren – die Eisenbahnen sind von den [Europäern?] ins Land gebracht – gäbe es keine Europäer, so gäbe es auch keine Eisenbahnen; folglich müssen die Europäer hinaus!
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Die Forts von Taku
Beherrschen die Mündung des […?], des […?]Nebenfluß Hunho die Hauptstadt Peking liegt. An der Vereinigung beider Flüsse, zwischen Peking und Taku, […?] [Fortsetzung nächste Seite]


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Freiburger Zeitung, No.141, Donnerstag 21.06.1900, Tagesausgabe, Seite 2

[Fortsetzung von voriger Seite] vielgenannte Tientsin, wo das Deutsche Reich eine sog. [Kronkozession?] besitzt. Wie es scheint, haben sich die ursprünglich […?] chinesischen Heermassen dort noch nicht festsetzen können. Bekanntlich ist eine größere Abtheilung der vereinigten Mächte auf dem Marsche nach Peking, um die dort befindlichen auswärtigen Gesandtschaften zu beschützen, frühere Nachrichten über
Die Dinge in Peking
fehlen immer noch, da die Chinesen sich auf das Abschneiden der wichtigen Telegraphendrähte vorzüglich zu verstehen scheinen. Zu dem bereits mitgetheilten Gerücht, daß die
Gesandtschaften in Peking genommen worden seien,
bemerkt die Köln. Ztg.:
An der Richtigkeit dieser Meldung, deren Sinn nur sein kann, daß die Gesandtschaftengebäude der Mächte von den chinesischen Aufrührern erstürmt worden seien, ist kaum ein Zweifel gestattet. Sind aber die Gesandtschaften vom chinesischen Pöbel genommen worden, so haben zweifellos die Schutzwachen – es standen etwa 600 Mann ausländischer Truppen in Peking – aufs Aeußerste Widerstand geleistet, und somit eröffnet sich leider auch die Aussicht, daß sich vielleicht nicht nur die Kunde bestätigt, der deutsche Gesandte Frhr. V. Ketteler sei ermordet, sondern daß auch noch andere Verluste an Menschenleben, sowohl was das Gesandtschaftspersonal als was die Schutzmacht angeht, zu beklagen haben. Wann sich das folgenschwere Ereigniß zugetragen hat, ist aus dem Telegramm nicht ersichtlich. Der Landweg von Peking bis Tientsin beträgt 127 Kilometer: die Nachricht könne also, zumal da noch ein Stück der Eisenbahn benutzbar war, nach Tientsin in 1 1/2 bis 2 Tagen und von dort nach Taku (50 Kilometer), falls Bahn und Telegraph nicht gebraucht werden konnten, in knapp einem Tage übermittelt werden. Zu der weiteren Beförderung von Taku bis Tschifu (185 Kilometer) braucht ein schnelles Schiff etwa einen halben Tag. Ist somit das Telegramm am 17. am 17. von Tschifu angegangen, so konnte es am 17. Morgens in Taku bekannt gewesen sein. Nun verlautet aber schon früher, am 13. Juni seien die Boxer in Peking eingerückt und die letzte direkte Meldung aus der Hauptstadt, ein aus Peking vom 14. d. datirtes Telegramm der Times besagt, in der Nacht vom 13. zum 14. Juni sei es in Peking zu ernsten fremdenfeindlichen Unruhen gekommen. Einige der schönsten Gebäude im östlichen Theile der Stadt seien niedergebrannt und Hunderte von chinesischen Christen, die bei Ausländern bedienstet sind, ermordet worden. Alle Ausländer seien unter dem Schutze der fremden Wachmannschaften zusammengebracht worden, und man glaube, daß keinem Europäer etwas zu Leide geschehen sei. Im Laufe des 14. oder in der Nacht vom 14. zum 15. Juni muß also der erfolgreiche Angriff auf die Gesandtschaften unternommen worden sein. Die Nachricht, daß die fremden Kriegsschiffe mit den chinesischen Forts bei Taku ein Gefecht hatten, zeigt, daß die Mächte es heute nicht mehr mit den Boxern allein, sondern mit den chinesischen Truppen zu thun haben, die mit oder ohne Befehl der Regierung in Peking mit den Kriegsschiffen den Kampf aufgenommen haben. Was später geschieht, und die politischen Folgen, die sich aus den neuesten Ereignissen ergeben könnten, müssen jetzt in allen Erwägungen zurücktreten vor dem ersten Erforderniß, die in Peking, auf der Strecke Peking-Taku und in Tientsin selbst gefährdeten Ausländer – Beamte, Kaufleute, Missionare und Soldaten – und deren Interessen zu schützen und zu retten, was noch zu retten ist. Das Gefecht bei Taku zeigt, daß jetzt nur noch eine militärische Expedition größeren Stils der Lage Herr werden kann. Die Lage dort an der Mündung des Peho ist etwa folgende: Dem Flusse vorgelagert ist eine Barre, die nur zur Zeit der Flucht überschritten werden kann. Einige Kilometer flußaufwärts liegen die Takuforts, drei, das obere, das große und das kleine Südfort, auf dem rechten zwei, das obere und das große Nordfort, auf dem linken Ufer. Diese Forts sind schon vor dem Kriege mit Japan nach modernen Anschauungen umgebaut und mit Geschützen neuer Konstruktion armirt worden. Die Japaner haben bekanntlich keinen Angriff auf die Peho-Mündung versucht, wer aber damals vor Taku lag oder mit seinem Schiffe auf der Peihobarrre festsaß, konnte jeden Abend vor Einbruch der Dunkelheit bis zum Morgen beobachten, wie die Scheinwerfer der Takuforts das Meer nach japanischen Kriegsschiffen absuchten. Schon bei der englisch-französischen Unternehmung gegen China spielten die Takuforts eine große Rolle. […?] die Chinesen die Einfahrt in den Peiho noch überdies durch Ketten und Kammern versperrt. Gefechte unter den englischen und französischen Kriegsschiffen und den Forts fanden im Mai 1858 und im Juni 1859 statt, erst am 21. August 1860 aber konnten die Forts mit stürmender Hand genommen werden.


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Freiburger Zeitung, No. 141, Donnerstag 21.06.1900, 2. Blatt, Seite 1

Neuestes und Telegramme.
(…)
Die chinesischen Wirren.

Berlin, 19. Juni. Auch heute ist jede telegraphische Verbindung mit Peking und Tientsin, sowie mit den in der Provinz Tschili gelandeten europäischen Truppen ausgeschlossen. Es liegen daher auch heute noch keinerlei zuverlässige Nachrichten von der deutschen Gesandtschaft in Peking vor. Ebenso ist unbekannt, weshalb der englische Vizeadmiral Sir. E. Seymour nach Tientsin zurückgekehrt ist.
Tschifu, 19. Juni. Die Forts von Taku auf beiden Seiten des Peiho-Flusses sind besetzt. Die Verluste der Truppen der vereinigten Mächte sind folgende: Die Engländer hatten 1 Todten und 4 Verwundete; die Deutschen 3 Todte und 7 Verwundete; die Russen 16 Todte und 45 Verwundete. Die bei Taku liegenden chinesischen Torpedoboote wurden genommen.
London, 19. Juni. Nach einer Meldung des Daily Telegraph aus Shanghai wäre gestern Abend in Peking bereits Reue eingetreten. Vizekönig Yuku wäre abgesetzt und vor das Strafamt befohlen worden, weil er den Aufruhr zugelassen habe. General Tung sei wegen des Mordes des japanischen Legationskanzlers kassirt und verbannt worden.
Italien sendet drei Panzerkreuzer nach China, Japan weitere 3000 Mann, Rußland ebenfalls größere Verstärkungen.


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