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Freiburger
Zeitung, No. 132, Samstag, 09.06.1900, Tagesausgabe, Seite 1
Zum Aufruhr
der Boxer
wird weiter berichtet aus Tientsin, 7. Juni. Gerüchtweise verlautet,
bei Tunglu habe ein Zusammenstoß zwischen Boxern und katholischen Christen
stattgefunden, wobei letztere drei Boxer tödteten und neun gefangen
nahmen. Ein Zug mit Geschützen und Soldaten, der heute früh von hier
abgegangen war, konnte bei seiner Rückkehr nur drei Meilen über Langfang
hinauskommen, da auf eine große Entfernung die Häuschen der Schienenlager
und die an der Bahn gelegenen Ortschaften in Flammen standen. Die Telegraphenstangen
waren umgerissen. Die chinesischen Truppen, welche sich auf dem Zug
befanden, feuerten auf die Eingeborenen auf den Feldern, weigerten sich
aber, weiter vorzugehen oder den Zug zu verlassen. Sie bestanden darauf,
zurückzukehren. In der vergangenen Nacht sind 230 Seesoldaten verschiedener
Mächte hier eingetroffen. Das englische Kriegsschiff Barfleur ist hier
angekommen. Der Terrible wird binnen kurzem hier erwartet. Es herrscht
hier die Ansicht, das durch die Vermehrung der Streitkräfte Sicherheit
für die Stadt Tientsin geschaffen sei.
Aus Peking, 6. Juni, wird telegraphiert: Die Lage verschlimmert sich
immer mehr. Die fremden Gesandten halten häufig Zusammenkünfte ab und
der englische Gesandte hat telegraphiesch um Entsendung von weiteren
75 Seesoldaten nachgesucht. Auf seine Beschwerde, daß die russische
Regierung dem Tsunli-Yamen Truppen zur Unterdrückung der Boxer angeboten
habe, ist der japanische Gesandte benachrichtigt worden, man habe auf
den russischen Vorschlag erwidert, daß die chinesische Regierung selbst
die Unruhen unterdrücken könne. Abends wurde ein Edikt erlassen, worin
die kaiserlichen Truppen wegen ihrer Feigheit getadelt werde. Der Oberkommandirende
Yunglu, sowie der Vizekönig von Tschilil wurden bauftragt, die Boxer
unverzüglich zu unterdrücken.
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Freiburger Zeitung, No. 132, Samstag,
09.06.1900, Tagesausgabe, Seite 2
Die Lage in China.
Berlin, 7. Juni. Der Chef des Krenzergeschwaders in Tschifu ist telegraphisch
angewiesen worden, ein Detachement nach Tientsin zu entsenden und nach
Vereinbarung mit dem kaiserlichen Gesandten in Peking sich mit dem Geschwaderchefs
der übrigen Mächte über weitere Maßregeln zum Schutze der dortigen Europäer
zu verständigen.
Tientsin, 7. Juni. (Reutermeldung.) Die Eisenbahnverbindung mit Peking
ist seit Montag unterbrochen. Es herrscht die Ansicht vor, daß die einzige
Art der Mächte, der unerträglichen Lage entgegenzutreten, die sei, daß
sie die Aufsicht über die Bahn ausüben, bis die chinesische Regierung
im Stande sein wird, die Verbindung mit der Hauptstadt aufrecht zu erhalten.
Tientsin, 7. Juni. Der Reuter-Korrespondent, der gestern mit dem Bahnzuge
Tientsin verließ, um nach Peking zurückzukehren, kam nur 32 Meilen weit.
Dann verbot ein chinesischer Gerneral, der unterwegs mit 60 Soldaten
den Zug bestiegen hatte, die Weiterfahrt, weil die ganze Gegend von
Boxern wimmle und die Reise zu gefahrvoll sei. Ueberall ertönt der Ruf:
Tod den Fremden! Die Ortschaften an der Bahnlinie stehen in Flammen.
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