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Widersprüchliche Haltung der chinesischen Zentralregierung gegenüber den Boxern

Freiburger Zeitung, No. 127, Samstag, 02.06.1900, Tagesausgabe, 2. Seite

Der Aufruhr der Boxer
in China nimmt einen immer gefährlicheren Charakter an und scheint Peking ernstlich zu bedrohen. Unter diesen Umständen haben die fremden Gesandten alle Vorkehrungen zum Schutz der ihnen anvertrauten Interessen treffen müssen und das Tsungli-Yamen davon unterrichtet, daß die von ihnen berufenen Schutzwachen unverzüglich in Peking eintreffen würden. Große Besorgniß herrschte wegen des Schicksals der beim Bau der Linie Peking-Hankau beschäftigten französischen und belgischen Ingenieure, die vor den andringenden Horden der Boxer flüchten mußten und bei Chang-sin-tien eingeschlossen waren. Zu ihrer Befreiung ist eine aus Deutschen und Franzosen bestehende Entsatzkolonne von Tientsin abgegangen, die mit der Bahn nach dem von den Boxern theilweise zerstörten Fengtai vorgedrungen sind. Erfreulicher Weise ist die Befreiung der hart bedrängten Europäer inzwischen gelungen. Dieses Eingreifen europäischer Truppen wird den Aufruhr der Boxer vielleicht noch steigern. Denn die Einmischung der ihnen verhaßten Fremden in ihre Angelegenheiten wird die fanatisierten Sektirer erst recht von der Nothwendigkeit scharfer Abwehr des gegen das Bestehende und Ueberlieferte gerichteten fremden Einflusses überzeugen. Gelingt es nicht bald, den Aufruhr zu ersticken, so kann die nur durch die Schuld der Centralregierung zu ihrer gegenwärtigen Bedeutung gelangte Bewegung leicht auch der vielgewandten Frau, die die Zügel des Regiments mit sicherer Hand führt, und der Dynastie gefährlich werden. Denn die Kaiserin muß trotz ihrer wohlbekannten Gesinnung gegen die Fremden in den Verdacht gerathen, die Ueberwindung der Boxer mit Hilfe von europäischen Truppen zu betreiben, und dieser Verdacht kann ihr leicht zum Unsegen ausschlagen. Bisher fehlt es freilich an Anzeichen dafür, daß die Zentralregierung mit vollem Ernst gegen die Aufrührer vorgehe, und wenn es wahr ist, wie eine Londoner Nachrichten-Agentur aus Shanghai meldet, daß der oberste Befehlshaber des chinesischen Heeres Jung-lu die Leitung der gegen die Boxer gerichteten Operationen anzunehmen verweigert hat, so darf man nicht erwarten, daß die Machthaber in Peking sich zu durchgreifenden Maßnahmen gegen die Geheimbünde aufraffen werden. Eine solche Haltung würde nur der Furcht entsprechen, die man in Peking vor der Macht der Boxer hat, sowie den Sympathien, die man dort den Bestrebungen entgegenbringt.

Politische Tagesschau
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Shanghai, 31. Mai. Nach einem Telegramm Londoner Blätter von hier hat die chinesische Regierung ein Edikt erlassen, wodurch die Zugehörigkeit zum Bund der Boxer mit der Todesstrafe bedroht wird.


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