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Pressedokumentation:

Kolonialpolitische Vorlage im Reichstag; verschiedene Meldungen aus Ostafrika; Deutsche Kolonialgesellschaft 17.000 Mitglieder

Freiburger Zeitung, 13.01.1889 (Tagesausgabe), 1. Seite

Wochenschau

Freiburg, den 12. Januar 1889. Der Reichstag hat am Mittwoch nach dreiwöchentlicher Pause seine Arbeit wieder aufgenommen. Derselbe wird zunächst den noch ausstehenden Theil der Budgetberathungen vollenden und sodann die wichtigsten Vorlagen, die im neuen Jahre ihrer Erledigung harren, in Angriff nehmen. Zu diesen letzteren gehört auch die colonialpolitische Vorlage, über derern Entwurf noch nichts Näheres in die Oeffentlichkeit gedrungen ist. Die Nothwendigkeit eines Einschreitens der Reichsgewalt zum Schutze der deutschen Besitzungen in Ostafrika ist von allen in Betracht kommenden Parteien anerkannt und die neuesten Gefechte auf den Samoa-Inseln sprechen sogar deutlich für eine Beschleunigung dieses Einschreitens. Es sind bei den genannten Gefechten deutscherseits 16 Mann todt geblieben und 36 Man verwundet worden. Ist auch dieser Verlust im Vergleich zu einem Landkriege ein geringer, so erscheint er doch in Anlehnung der betheiligten Mannschaften als ein sehr bedeutender. Es waren im Ganzen an 200 Mann im Treffen, von diesen blieben 53 todt bzw. kampfunfähig; das Gefecht war somit eines der blutigsten, das unsere Marine bis jetzt hatte. -

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Deutschland. Berlin, 11. Jan. (...)

- Der Gesundheitszustand auf den deutschen Schiffen, welche die Blockade der Sansibarküste ausführen, ist nach den neuesten hier eingetroffenen Berichten durchaus nicht so schlimm, wie es die ersten [Fortsetzung nächste Seite]


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Freiburger Zeitung vom 13.01.1889 (Tagesausgabe), 2. Seite

[Fortsetzung von letzter Seite] Blättermeldungen darstellen. Ein Theil der Mannschaften ist allerdings am Fieber erkrankt, dasselbe ist aber leichter Natur und rasch wieder zu heben; auch nicht ein einziger der Matrosen ist dem Fieber erlegen. Die schwere Erkrankung des auf der Rückreise in die Heimat in Aden verstorbenen Corvettenkapitäns Donner ist darauf zurückzuführen, daß der tapfere Offizier bei einem Landungsmanöver bis nahe zum Halse ins Wasser gesprungen und dann nach der Landung noch lange Zeit in seinen nassen Kleidern geblieben ist.

- Die Zahl der Mitglieder der Deutschen Kolonialgesellschaft ist bis Ende 1888 auf 17,000 angewachsen, an sich eine stattliche, verhältnismäßig aber eine immer noch eine nicht genügende Anzahl, um der Gesellschaft die erforderliche geistige und materielle Unterstützung zu leihen. Die Deutsche Kolonialzeitung richtet daher in einem kurzen Jahresrückblick ihrer letzten Nummer einen warnenden Aufruf an die Freunde der kolonialen Sache, in ihren Kreisen für die Gesellschaft zu wirken und derselben in steigendem Maße neue Mitglieder zuzuführen. „Denn,“ sagt das genannte Organ der Gesellschaft, „mit der Vereinigung des Deutschen Kolonialvereins und der Deutschen Kolonialgesellschaft, welche sich trotz aller Befürchtungen gut bewährt und zu einer vollkommenen gegenseitigen unlösbaren Durchdringung geführt hat, sind auch die Aufgaben so gewachsen, daß man wohl sagen kann, es stehen heute große Interessen auf dem Spiele. Vor allen Dingen harrt auch die ungeheuer wichtige Auswanderungsfrage noch der Erledigung, abgesehen von den brennenden Tagesfragen im Osten und Westen Afrikas und in der Südsee; denn erst mit der Lösung dieser Frage wird die koloniale Thätigkeit nach allen Richtungen hin in befriedigender Weise einsetzen können.“

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Belgien.

Brüssel, 9. Jan. Es bestätigt sich, daß, wie der „Hann. Kur.“ mittheilt, die schon gemeldete Berufung des belgischen Lieutenants Storms an die Spitze des von Cardinal Lavigerie angeregten Antisclavereiunternehmens. Lieutenant Storms erscheint als ehemaliger Commandant der Station Tanganika, welche inmitten des zukünftigen Wirkungskreises des belgischen Freiwilligencorps liegt, für eine derartige Aufgabe sehr geeignet. Er wird neben seinem Offizierssold einen Gehalt von 6000 Frcs. beziehen. Dem Aufruf des Cardinals Lavigerie zur Bildung einer Freiwilligenkarawane haben bis jetzt an siebenhundert Mann Folge geleistet, ein in der That überraschendes Ergebniß, wenn man bemerkt, daß der Cardinal zunächst nur eine Truppe von hundert Personen zur Unterdrückung der Sklaverei am Congo gefordert hat. In den letzten Tagen wurde an diese kampfbereiten Männer ein Rundschreiben versandt, wodurch dieselben an die Schwierigkeiten erinnert werden, welche die Mission mit sich bringen wird, und durch welches zugleich die Pflichten angeführt werden, denen sich die Mitglieder der Truppe zu unterziehen haben. Die Leitung des Unternehmens beabsichtigt, schon in nächster Zeit eine Anzahl von 15 bis 20 Mann abreisen zu lassen, damit diese die zum Aufenthalt der Haupttruppe erforderlichen Vorbereitungen treffen.

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Großbritannien.

London, 11. Jan. Eine Depeche der „Times“ aus Sansibar vom Heutigen bringt folgende Nachrichten aus Süd-Nyanza vom 11. November: Im Oktober beschloß Mwanga, König von Uganda, die Vernichtung seiner sämmtlichen arabischen Leibwachen; er wollte sie auf einer kleinen in einem See gelegenen Insel dem Hungertode preisgeben. Die Leibwachen wurden von diesem Anschlag unterrichtet und weigerten sich, die für sie bereit stehenden Boote zu besteigen. Sie kehrten zurück und machten einen Angriff auf den Palast des Königs Mwanga. Der König versuchte zu fliehen, wurde jedoch von den Arabern in Magu gefangen. Die Leibwachen erhoben Kiowa, einen älteren Bruder Mwangas, auf den Thron. Kiowa übertrug die hervorragenden Aemter an Christen. Infolge dessen erhoben sich die Araber, tödteten viele der neuen Beamten und vergaben deren Posten an Muselmänner. Hierauf zerstörten sie alle englischen und französischen Missionsgebäude. Die Missionare entkamen; sämmtliche retteten sich nach Usambiro. Die Araber richteten ein beleidigendes Schreiben an den englischen Gouverneur nach Usambiro, in welchem sie frohlockend von ihrem Triumph in Uganda berichteten und die Ausrottung aller Missionare in Mittelafrika ankündigten, als Rache für die englische Poloitk gegen den Sklavenhandel. Uganda sei ein muselmännisches Königreich geworden.


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