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Dokumentation:

"Große Kolonialkundgebung in Freiburg"

Breisgauer Zeitung, 28.11.1932, Nr. 278

"Große Kolonialkundgebung in Freiburg. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung veranstaltete die oberbadische Abteilung der deutschen Kolonialgesellschaft am Freitag abend eine eindrucksvolle Kolonialkundgebung im Paulussaal. Umrahmt wurde die Veranstaltung von zwei Liedervorträgen des unter Leitung von Musikdirektor Ketterer stehenden Männerchors Concordia, der sich in selbstloser Weise zur Werbung für den kolonialen Gedanken zur Verfügung stellte.

Der Vorsitzende der oberbadischen Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft, Oberstleutnant a.D. Knecht, der die großen Kolonialkundgebungen aus Anlaß des 50jährigen Jubiläums in Berlin miterlebt hatte, führte in seinen Begrüßungsworten aus, daß jeder Teilnehmer der machtvollen Berliner Kundgebungen den bestimmten Eindruck mitnehmen konnte, daß der koloniale Gedanke heute in Deutschland marschiert. Heute beginnt der koloniale Gedanke endlich das Verständnis zu finden, das ihm bei seiner überragenden Bedeutung für Deutschlands Zukunft zukommt. Die Deutsche Kolonialgesellschaft führt mit aller Energie den Kampf gegen die koloniale Ächtung Deutschlands und für die Lebensrechte unseres Volkes. Mit Befriedigung könne man heute feststellen, daß die hohen Stellen im Reiche gewillt sind, den Kampf um die uns im Versailler Diktat geraubten Kolonien aufzunehmen.

Besonders freudig begrüßte Oberstleutnant Knecht Ihre Königliche Hoheit Großherzogin Hilda, die als Vertreterin des Frauenvereins vom Roten Kreuz Übersee erschienen war und die stets ihr reges Interesse für die Kolonialdeutschen bekundet hat. Ferner konnte er eine größere Anzahl führender Männer des öffentlichen Lebens begrüßen. Als Vertreter der badischen Staatsbehörden war Landeskommissär Dr. Schwörer erschienen, für die Stadt Freiburg Oberbürgermeister Dr. Bender und mehrere Herrn des Stadtrats. Den Lehrkörper der Universität vertrat Seine Magnifizienz der Rektor Prof. Sauer.

Nach einem Gedichtvortrag des jüngsten Freiburger Kolonialdeutschen, dem 1917 in Deutsch-Südwest geborenen Helmut Kaiser: 'Vergiß, mein Volk, die Kolonien nicht', nahm der frühere Gouverneur von Kamerun und Deutsch-Südwest, der Ehrenpräsident der Deutschen Kolonialgesellschaft, Exzellenz Dr. Seitz, das Wort zu seinen ausgezeichneten, oftmals von Beifall unterbrochenen Ausführungen.

Die Wirtschaftskrise, die heute die ganze Welt bedrückt, könnte man heute mit mehr Recht eine seelische Krise nennen, deren letzte Ursachen die immer mehr zunehmende Mechanisierung der Wirtschaft sei. Die Industrieländer der Erde stehen heute vor dem Ende der Möglichkeiten, neue Absatzgebiete für ihre Erzeugnisse in der Welt zu schaffen. Die Umwandlung von Agrar- in Industriestaaten konnte Exzellenz Seitz beobachten, als er 1906 als Gouverneur von Kamerun nach Deutsch-Südwest versetzt wurde. Damals bestanden in den Nachbarländern dieser deutschen Kolonie, die heute in der Südafrikanischen Union zusammengefaßt sind, außer den Diamanten-, Gold- und Kohlegruben nur ganze 500 Fabriken; im Jahre 1924 waren es bereits 4500 Unternehmen, und inzwischen ist ihre Zahl weiter gewachsen. In diesen Zusammenhängen muß man die bekannte Wirtschaftsformel: 'Industrie zieht Rohstoffe an' umformen zu den Satze: 'Rohstoffe ziehen Industrie an'. Nicht aus machtpolitischen Gründen und nicht aus sentimentalen Erinnerungen heraus fordern wir heute neuen Lebensraum für unsere Jugend. Diesen neuen Lebensraum müssen wir uns erkämpfen, und zu diesem Kampfe ruft die deutsche Kolonialgesellschaft auf, wenn sie die Wiedergutmachung des durch das Diktat von Versailles an uns begangenen Unrechtes fordert. Kolonien sind heute eine unumgängliche wirtschaftliche und volkspolitische Notwendigkeit für Deutschland.

Das denkende neutrale und ehemals feindliche Ausland hat es, wie es aus vielen Verlautbarungen hervorgeht, sehr bald eingesehen, daß es ein großer Fehler war, Deutschland seiner Kolonien zu berauben, denn heute sei aus dem einstigen Konkurrenten aus Arbeitsdrang und Fleiß ein nicht minder gefährlicher Konkurrent aus Not unseren gegnern in unserem versklavten Vaterlande erwachsen. Deshalb gilt es für alle, denen die Zukunft des veterlandes am herzen liegt, nicht nur mit dem Wort, sondern auch mit der Tat einzustehen für den kolonialen Gedanken, für die Forderung, die an die ganze Welt gerichtet ist:

'Gebt uns unsre Kolonien wieder!'

Der zweite Redner des Abends, Pater Sonnenschein OSB., sprach von den ganz anderen Voraussetzungen, unter denen heute der Missionar an die Seelsorge der Kolonialvölker herangehen müsse. Die sozialen Probleme des weißen Proletariats seien heute auch den Kolonialvölkern erwachsen.

Der Redner ging dann auf das heute so viel in Deutschland angewandte Schlagwort ein: 'Wozu brauchen wir Übersee-Kolonien? - der Osten ist unser Schicksal!' der verlockende Gedanke der Ostraumpolitik, der die ganze Mittelalterliche Romantik der Ordensritter und der Hanse mit sich vereine, sei heute durch die Verschiebung nach dem Westen und die wirtschaftliche und kulturelle Umstellung der Völker nicht mehr in dem Maße durchführbar, wie es für eine fruchtbare Kolonisierung erforderlich sei. Im Osten könnten wir wohl einen Teil unseres Menschenüberschusses unterbringen, aber die notwendigen tropischen Rohstoffquellen bleiben dadurch für unsere Industrie verschlossen.

Für die 65 Millionen Deutsche, die heute auf dem viel zu engen deutschen Raum zusammengepfercht sind, müsse wieder ein Raum gefunden werden, wohin sie ihr Vaterland mitnehmen und wo sie es sich erhalten können, wo sie nicht als Fremdling in der Masse des artfremden Volkes untergehen und ihrer Hände Arbeit anderen zugute kommt. Die Kinder dieser Auswanderer müssen dem deutschen Volksstamm erhalten werden. Solange die Deutschen sich nicht nicht selbst regen, nütze alles Klagen nichts. Von der eigenen Person müsse die Hilfe kommen. Ein großer Teil unserer städtischen Bevölkerung hätte durch die Landflucht die wahre Arbeitskraft verloren und wäre, statt mit dieser, erfüllt mit Tarif- und Unterstützungsforderungen, ohne etwas geleistet zu haben. In dem freiwilligen Arbeitsdienst zeigen sich Möglichkeiten, die arbeitswilligen, verantwortungsbewußten jungen Leute für die Auslandskolonisation zu schulen und zu prüfen. Bei aller Objektivität dürfen wir den hohnlachenden Feinden, die uns auf dem absteigenden Aste wähnen, nicht den Gefallen tun und uns selbst entmannen. Nur durch zäheste Energie und unermüdliche Arbeit können wir uns wieder einen Platz an der Sonne erkämpfen. vT."

Breisgauer Zeitung