logo

Freiburger Institutionen

Koloniale Sammlungen im Adelhausermuseum. Natur- und Völkerkunde

 

Buchcover

Inhalt:

  1. Freiburg und Afrika, Theodor Leutwein und Dr. Lübbert
  2. Wilhelm Winterer, Richard Kuenzer und Georg Nathan
  3. Karl Sauer, Eugen Fischer
  4. Offiziere, Referenten, Handelsagenten, Naturaliensammler und Literaturangaben
 
 
 
 

*siehe zu weiteren, z.T. genaueren/abweichenden Personenangaben:

Hans Hudemann

 
 
 
 
 
 
 

 

 

Siehe auch:

H. Wegmann: Die "Große Deutsche Kolonialausstellung" in der städtischen Festhalle 1935 (mit Bildern von Ausstellungsgegenständen des Adelhausermuseums, das sich an der Ausstellung beteiligte)

 

Edgar Dürrenberger: Freiburg und Afrika

Teil IV: Offiziere, Referenten, Handelsagenten, Naturaliensammler

und Literaturangaben


Offiziere, Referenten, Handelsagenten, Naturaliensammler

Mit Eugen Fischer endet die Reihe der Sammler, über die Näheres in Erfahrung gebracht werden konnte. Über die nun Folgenden beschränken sich die Informationen weitgehend auf die Museumskorrespondenz. Über ihre Biographien konnte nichts weiter herausgefunden werden, doch neben bekannten Namen und Landschaften enthalten die Briefwechsel Hinweise auf ihre Tätigkeiten, ihre Motivationen, ihre Einstellungen gegenüber den Afrikanern und das Zustandekommen ihrer Sammlungen. Interessant ist dabei häufig, unter welchen typischen und untypischen Umständen Freiburger Bürger zu Aufenthalten in den Kolonien kamen.

1905 meldete sich ein Dr. Gerber aus Freiburg beim Museum. Er teilte mit, er stehe bereits in Verhandlungen mit den Museen in Köln und Dresden und frage an, ob man sich für einen Teil seine umfangreichen Sammlung aus Südwestafrika interessiere (SAF D.S m. 34/4, Brief von Dr. Gerber ans Museum vom 13.3.1905). Umfangreich war die Sammlung in der Tat, denn eine von Gerber mitgeschickte Liste enthält allein 295 Waffen, zumeist Pfeile der Ovambo, 57 Haushaltsgegenstände und 59 Bekleidungs- und Schmuckstücke. Dazu kommen 89 Objekte von den Herero sowie 2 Bögen mit 20 Pfeilen von den Buschmännern. Nach einigem Hin und Her kam der Kauf von 41 Objekten zum Preis von 200 Mark zustande. Der Zeitpunkt des Verkaufs, das Überwiegen der Ovambo-Objekte und die Erwähnung Gerbers, er sei im badischen Staatsdienst (SAF D.S m. 34/4, Brief von Gerber ans Museum vom 23.4.1905), sind Hinweise darauf, dass es sich bei ihm um denselben Dr. Gerber handelt, der von Leutwein in seinen Erinnerungen an Südwestafrika erwähnt wird (Leutwein 1908:178). Demnach wäre Gerber Referent für Forst- und Landwirtschaft des Gouvernements von Deutsch-Südwestafrika gewesen und hätte Ende 1902 eine Reise zu den West-Ovambos unternommen (Zudem existiert eine von einem Forstpraktikanten August Gerber 1901 verfasste Abhandlung zur "Geschichte des Stadtwaldes von Freiburg i. Br.", Tübingen und Leipzig 1901, vgl. Gerber 1901). Sowohl in Ondjiva als auch in Humbe (beides im damals portugiesischen Angola) sei er aber als Regierungsvertreter und mithin Spion, besonders von Häuptling Uejulu, feindselig empfangen worden. Leutwein gibt auch die wirtschaftlichen Ergebnisse der Reise wieder, die ihm Gerber in einem Privatbrief mitgeteilt hatte. Dieser hielt das Ovamboland zum Anbau von Baumwolle, Tabak, Feigen und Datteln für sehr geeignet. Zudem sei eine arbeitskräftige, gesunde und zahlreiche Bevölkerung vorzufinden, die das Land komplett bestelle: "Das ganze Land ist ein Acker, Werft an Werft, um jede Werft größere Äcker, nie unter 4 bis 5 ha." (ebd.: 199ff. Werften nannte man in Südwestafrika, dem Kapholländischen folgend, die umfriedeten Gehöfte aller afrikanischen Völker).

Wie mag sich Dr. Gerber wohl das Schicksal des "arbeitskräftigen, gesunden und zahlreichen Volks" der westlichen Ovambo vorgestellt haben, wenn er im weiteren argumentierte, der Anbau lohne aber nur in großen Plantagen, die ein großes Anlagekapital verlangten, weshalb das Land vollkommenes Kronland werden müsse, um zu günstigen Bedingungen feilgeboten werden zu können? (ebd. ). Nahezu alle der damals gekauften Ovambo-Objekte sind noch im Museum vorhanden. Neben Waffen und Haushaltsgeräten findet sich ein kupferner Fußring, zu dem im Inventarbuch vermerkt ist, er habe den Wert eines Ochsen gehabt (IB I:1666, Inventarnr. I-1437). Gekauft wurde damals auch ein Köcher mit 17 Pfeilen der Buschmänner. Gerber erklärte in einem späteren Schreiben, die Pfeile seien so stark vergiftet, dass Antilopen mit einem Gewicht von 400-500 kg daran eingingen (SAF D.S m. 34/4, Brief von Dr. Gerber ans Museum vom 25.6.1905). Die Pfeile befinden sich heute im Magazin des Museums, ein angebrachter roter Zettel warnt noch immer vor dem Gift.

1963 wurde dem Museum ethnographische Objekte aus dem Nachlass von Frau Constance Hudemann aus Freiburg übergeben. Bei den 20 Stücken aus Ostafrika handelt es sich mit Speeren, Pfeilen und Bögen, Schwertern, einem Dolch und einem Kampfschild ausschließlich um Waffen, zu denen sich im Inventarbuch teilweise die Klassifikation "Massai" findet. Mitgebracht hatte die Waffen um 1909 der spätere Ehemann von Frau Hudemann, Hans Hudemann*, der Offizier bei der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika gewesen war (diese Angaben und alle weiteren zur Biographie von Hans Hudemann wurden mir von seinem Schwiegersohn Dr. Jeschek, Freiburg, dem ich hiermit danken möchte, in einem Telefongespräch im Juni 1994 gemacht). Im Kriegstagebuch der Schutztruppe über die Operationen während des Maji-Maji-Aufstandes wird Oberleutnant Hudemann mehrfach erwähnt (vgl. von Götzen 1909). Als Zugführer in der 13. Kompanie unter Oberleutnant von der Marwitz war er an der Expedition des Major Johannes beteiligt, die ab Dezember 1905 die Ngoni unterwarf. Beim Vorstoß nach Ubena übernahm Hudemann die Sicherung des Postens Kitanda. Dort scheint er zumindest einmal mit den Ngoniführern Shabruma und Mohamakiro zusammengestoßen zu sein, die mit ihren Kriegern über den Rovuma nach Süden ins portugiesische Moçambique zu fliehen versuchten. Das Kriegstagebuch berichtet von "harten Zusammenstößen" am 10. und 11. April 1906 zwischen den Ngoni und Hudemanns Truppe, die aus 2 Europäern, 46 Askari, 20 Ruga Ruga (Irregulären) und 150 Hilfskriegern bestand (von Götzen 1909:218). Einige Zeit später führte Hudemann die zentrale Kolonne beim Vorstoß der 13. Kompanie nach Mgende, wo versucht wurde, die dort versammelten Rebellen zur Entscheidungsschlacht zu zwingen. Es kam indes nur zu kleineren Gefechten, bei denen die Schutztruppe Verluste von 5 Toten und 17 Verwundeten erlitt, während von den Ngoni etwa 500 Krieger getötet oder gefangen genommen wurden. Die Anführer entkamen abermals. Später war Oberleutnant Hudemann Stationskommandant in jenem Kondoa Irangi, in dem auch der Freiburger Karl Sauer zeitweilig Gouvernementsekretär und Vorstand der Zivilverwaltung war. Hudemann war 1874 geboren und stammte aus Holstein. Zur Schutztruppe meldete er sich von einem Magdeburger Jägerbataillon, und kam erst nach seiner Dienstzeit in Afrika nach Freiburg. Nach seiner Eheschließung hatte er eigentlich vor wieder nach Afrika zurückzukehren, doch hinderte ihn der Ausbruch des Ersten Weltkrieges daran. Als Hauptmann und Kompaniechef fiel Hans Hudemann in den ersten Kriegstagen, am 21. August 1914, bei Sarrebourg.

Im weiteren findet sich noch eine ganze Anzahl ethnographischer Objekte im Freiburger Museum, die, wie zu vermuten ist, Offiziere der Schutztruppen aus Afrika mitgebracht hatten. 1908 übergab ein Oberleutnant Hamann dem Museum eine Sammlung von 12 Wurfspeeren, die er aus Ostafrika mitgebracht hatte, "die in den letzten Aufständen Verwendung fanden" (SAF C3 241/3, Brief von Hamann an Ficke vom 23.5.1908). 1950 schenkte Frau Oberst Baumstark dem Museum knapp 20 Speere und Speerspitzen, deren Herkunft im Inventarbuch lediglich mit "ehem. Deutsch-Ostafrika" angegeben ist. Ein Hauptmann Baumstark findet sich als Leiter des Rekrutendepots in Dar-es-salaam in einem Bericht über die Operationen der ostafrikanischen Schutztruppe während des Ersten Weltkrieges. Als Bataillons-Führer war er an der Verteidigung von Tanga beteiligt (Boell 1951:21, 78ff).

Weitere Schutztruppenoffiziere in Ostafrika dürften Zahlmeister Koch und Generaloberarzt Scheller gewesen sein. Von Koch erhielt das Museum bereits 1900 einige Schmuckstücke aus dem Hinterland von Bagamoyo, von Scheller 1926 eine 30 Stücke umfassende Waffensammlung, für die als Herkunft "Hinterland von Tanganjika" angegeben ist (SAF C3 241/1, Vertrag mit Zahlmeister Koch, vertreten durch seinen Vater, o.D., IB I: 1628ff: Geschenke Zahlmeister Koch, 1.5.1900; IB I: 1692ff: Geschenke, Generaloberarzt Dr. Scheller, hier, 18.5.1926). Als einzigem Offizier der Schutztruppe für Kamerun erhielt das Museum 1900 Gegenstände von einem Herrn Schmidt, der seinen Brief ans Museum mit: "Oscar Schmidt, Leutnant à la Suite der Kais. Schutztruppe f. Kamerun und Stationschef der Regierungsstation Johann-Albrechtshöhe" zeichnete (SAF D.S m. 34/1, Brief von Oscar Schmitt ans Museum vom November 1900). Die Sammlung, die Schmidt schickte, bestand aus 20 Objekten von den Bali, zum überwiegenden Teil Waffen, einem Akka-Speer, der wohl schon zum Verkauf angefertigt war, und einer Bula-Armbrust, die, so Schmitt, zur Jagd auf Affen verwendet wurde.

Weitere Objekte aus Kamerun gelangten über Theodor Birk 1909 und G.F. Brauch 1907 ins Freiburger Museum. Birk war Angestellter der West-Afrikanischen Kompanie, einer Handelsgesellschaft, und gab seine Adresse mit Deng Deng, Jaunde, an (SAF D.S m. 32/1e, Brief von Birk an Professor Gruber vom 20.5.1909). Obwohl Jaunde im Süden der Kolonie lag, stammten seine Objekte teilweise aus dem Norden, so ein Kriegshemd, dessen Herkunft mit "Haussa" angegeben ist, vermutlich aber von den Fulbe stammt. Ähnliches dürfte für einen mit Leder überzogenen "Strohhut" und für einen Teil der Waffen gelten. Vermutlich hatte er die Sachen einem wandernden Haussa-Händler abgekauft. G.F. Brauch war Agent der Woermann-Linie in Duala (IB B 1.Band:245). Die von ihm gekauften Waffen, Flechtarbeiten und Kürbisgefäße stammen alle von den Duala. Aus Togo stammen 47 Objekte, die Herr Schick 1974 dem Museum geschenkt hat (IB I:64). Sie gehörten seinem Vater, der von 1902 bis 1904 Leiter einer Faktorei in Palina, Togo, gewesen war. Die meisten dürften von den Ewe sein, ein kleinerer Teil stammt von den Haussa.

Adelhausermuseum Foto: H. Wegmann 2007

Mit die ersten Afrika-Objekte, die in die Sammlung des Freiburger Museums gelangten, wurden 1898 und 1899 Eduard Kuhn aus Müllheim, Karl Pfeiffer aus Freiburg und Frau Bachmann, ebenfalls aus Müllheim, abgekauft. Eduard Kuhn war ab 1896 Gewerbelehrer in Deutsch-Ostafrika gewesen, "wo ihn ein Hitzschlag zwang, seine Erholung in der Heimat zu suchen" (SAF C3 241/1, Brief von Kuhn an Oberbürgermeister Winterer vom 21.11.1898). Die gesamte Sammlung wurde von Professor Grosse als vermutlich echt und vielfach sehr wertvoll eingeschätzt, dem Museum riet er, einen Preis von 700 bis 800 Mark zu zahlen. Ficke zögerte den Ankauf geschickt hinaus, so dass Kuhn schließlich die 20 wertvollsten Stücke einzeln und, zu Fickes Befriedigung, für den Preis von nur 156,50 Mark verkaufte (SAF C3 241/1 Ficke an den Stadtrat am 4.2.1899). Bei den Objekten handelte es sich um v.a. Musikinstrumente und Waffen von verschiedenen Ethnien der damaligen Kolonie Ostafrika. Auch die knapp 40 Stücke, die Karl Pfeiffer abgekauft wurden, waren aus Ostafrika. Die Kleidungsstücke, Waffen und Schmuckstücke stammten aus Dar-es-salaam, wo Pfeiffer früher als "Naturaliensammler" gelebt hatte, aber auch aus dem westlichen Seengebiet und dem Süden der Kolonie (SAF D.S m. 34/1 Brief von Pfeiffer an Ficke vom 18.3.1899; IB B 1.Band:29).

Nach Anfrage des Museums sandte Frau Bachmann aus Müllheim 1897 zwei "südafrikanische Kaffernrüstungen" dem Museum zur Ansicht, die später gekauft wurden. Die "Rüstungen" bestanden aus jeweils Schild, Speertasche mit 11 Wurfspeeren, Stoßspeer, hölzerner Keule, Pelzschürze, "Medizintasche mit Zaubermitteln", "Provianttasche aus Thierfell", "Pelzmütze oder Tschako", Tabakspfeife und eisernen Handgelenksringen. Zusätzlich sandte sie Halsbänder für erwachsene und junge Mädchen sowie für Männer. Die "Rüstungen" seien in Schlachten getragen worden (SAF D.S m. 34/1 Brief von Frau Bachmann an Ficke vom 12.1.1898). Gesammelt wurden sie von ihrem Sohn, der Pflanzer in Entafufu, Port St. John's River, Gebiet der Pondo, in Südafrika sei. Pondoland liegt an der Ostküste Südafrikas im heutigen Homeland Transkei und wurde nach der Unterwerfung der Zulu unter Cetshwayo zwischen 1879 und 1894 durch die britische Kapkolonie annektiert. Dabei ging das meiste Land in die Hände weißer Siedler über.

Von Interesse sind schließlich noch einige in den Akten erhaltene Angebote und Briefe über Sammlungen, die nicht gekauft wurden, die aber Details deutscher Kolonialgeschichte und Einblick in die koloniale Realität und Mentalität bieten. So meldete sich 1901 die Firma von Tippelskirch & Co, "Specialgeschäft für Ausrüstungen aller Art besonders nach überseeischen Ländern ... Lieferanten für das Auswärtige Amt, Colonialabteilung. Obercommando der kaiserlichen Schutztruppen und Central. Comité der deutschen Vereine vom rothen Kreuz" beim Museum, um Objekte aus dem Hinterland von Kamerun anzubieten. Darunter befand sich außer einem "großen hölzernen Dorfgötzen" auch das "reich verzierte Sattelzeug des im Gefechte mit den deutschen Schutztruppen gefallenen Sultan von Tibati" (SAF D.S m. 34/1, Schreiben der Firma v. Tippelskirch & Co. ans Museum vom 12.7.1901). Vermutlich überstieg der stolze Preis von 6000 Mark die damaligen Verhältnisse des Museums. Die Firma von Tippelskirch, die ihre Telegrammadresse mit "Tippotip" angab (ebd.), einer Anspielung auf Tippu Tip, einen seinerzeit bekannten arabischen (Sklaven-) Händler, der zeitweilig einem König ähnlich den östlichen Kongo beherrschte, war wenige Jahre später durch überteuerte Lieferungen an die Schutztruppen in einen Kolonialskandal verwickelt. Der Zentrumsabgeordnete Mathias Erzberger wies nach, dass die Firma im ersten Jahr des Kriegs in Südwestafrika so einen Gewinn von zwei Millionen Mark gemacht hatte. Zudem kam heraus, dass die Firma über Strohmänner überwiegend dem preußischen Landwirtschaftsminister General von Podbielski gehörte, der deswegen 1906 zurücktrat (Stoecker (Hg.) 1991:166f).

Bemerkenswerterweise nahm 1907 die Firma "Dingeldey & Werres, früher v. Tippelskirch & Co. Erstes deutsches Ausrüstungsgeschäft für Tropen, Heer und Flotte" Kontakt zu Ficke auf, der sich gerade in Berlin aufhielt, um ihm die Kamerun-Sammlung des zurückgetretenen Gouverneurs von Puttkammer anzubieten (SAF D.S m. 34/1 Schreiben von Dingeldey & Werres an Ficke vom 20.7.1907). Aber auch die Preisvorstellungen des Herrn von Puttkammer überstiegen wohl die Freiburger Möglichkeiten, die Sammlung wurde nicht gekauft. Schließlich finden sich noch die Verkaufsangebote eines Herrn Kirsch, Stabsarzt im Infanterieregiment 136 in Straßburg und eines Herrn Altenroxel aus Münster. Kirsch schreibt, er habe seine Sammlung in sechseinhalb Jahren Aufenthalt in Südwest, der Kapkolonie, Natal und "Mosambik" erworben, darunter der Schmuck einer reichen Hererofrau "aus der Zeit, als der Hererostamm noch frei lebte". Es handle sich um ein schönes und seltenes Exemplar, das nicht mehr angefertigt werde, weil die Herero kein Großvieh mehr halten dürften. Ferner habe er anzubieten: Ovambospeere, Buschmannsbögen und Pfeile, Schildkrötenschalen, einen Flußpferdzahn, einen "guten Hereroschädel..." (SAF D.S m. 32/1d, Brief von Kirsch ans Museum vom 18.2.1912).

Altenroxel berichtete an Ficke, er habe seine "Kaffernkuriositäten" erworben, als er selbst einige Zeit unter diesen im nördlichen Transvaal gelebt habe. Darunter befänden sich zwei Kriegstrommeln, die äußerst wertvoll, selten und "eine directe Beute aus dem Kriege der Boeren mit Maleleo Magoeba ... 1894/95" seien. Außerdem bot er Fotographien an, "falls man sie behufs Zusammenstellung eines Kaffernalbums wünsche", weiterhin Waffen, die Nilpferdpeitsche des gefallenen Häuptlings Magoeba, einen Beutel Zaubersteine und Würfel eines Medizinmannes, und vieles mehr. Die meisten Posten veranschlagte er mit Preisen zwischen einer und fünf Mark eher günstig, die Trommeln allerdings sollten 100 und 50 Mark kosten. Bei einem Kauf hätte der Anbieter die Kriegsgeschichte der Trommeln dazugegeben. Leider kam der Kauf nie zustande kam, so dass die Geschichte der Trommeln unbekannt blieb. Genauso wie die Geschichte des letzten Postens in der langen Preisliste des Herrn Altenroxel: "1 Kaffernschädel, gratis" (SAF D.S m. 34/5, Brief von Altenroxel an Ficke vom 30.7.1908).

"Kaffernkuriositäten" (Vorlage: Stadtarchiv Freiburg, keine ungenehmigte Nutzung erlaubt)

Alle diese Ereignisse liegen nun um die 100 Jahre zurück. Sie sind Geschichte, deren Zeugnis durch die Objekte der Afrika-Sammlung des Freiburger Völkerkundemuseums abgelegt wird. Diese spiegeln den speziellen Charakterzug der deutsch-afrikanischen Geschichte insofern treffend wieder, als es sich großenteils um Waffen handelt. Es sind die Waffen der damals Unterlegenen in den Museen der damaligen Sieger. Die spezifische historische Situation, in der Deutschland antrat, um sich seinen "Platz an der Sonne" in Weltpolitik und Weltwirtschaft zu verschaffen, war die Abschlussphase der europäischen Expansion. In den Jahrzehnten vor der Jahrhundertwende hatte die "Europäisierung der Welt" (Fernand Braudel) bereits eine lange Geschichte hinter sich, die mit den Entdeckungsfahrten des 15. Jahrhunderts begonnen und über den Gewürz- und Goldhandel, den Sklavenhandel und den Export von Rohstoffen für die jungen europäischen Industrien verschiedene Phasen durchlaufen hatte.

Afrika wurde von den Prozessen, die sich von Europa aus auf die Welt richteten jedes Mal erst spät erfasst und stets lange Zeit nur äußerlich berührt. Es war einer der am wenigsten erforschten Erdteile, als im letzten Jahrhundert die europäischen Staaten damit begannen, seine Völker und Reiche unter ihre politische Herrschaft zu zwingen. Afrika war damals nicht "unterentwickelt", aber es war technisch-ökonomisch und politisch-organisatorisch weniger entwickelt. Dagegen trat die westliche Welt gerade ins Zeitalter des Hochimperialismus und des weltweiten Konkurrenzkapitalismus ein. Überall wurde in den Fabriken der neuen Industrien unter Hochdruck gearbeitet, die Städte wuchsen, die europäisch-westlichen Gesellschaften standen vor dem Beginn der Moderne und entwickelten eine expansive ökonomische Dynamik, die nach und nach auch die letzten Regionen der Erde zu erfassen begann. So auch Deutschland nach der Reichsgründung. Mit ihrem späten Auftritt in verschiedenen Rollen handelte es sich gewissermaßen um dieselbe Szene auf der Bühne der Weltgeschichte, in der sich Deutsche als Eroberer und Kolonialherren und Afrikaner als beherrschte Kolonialvölker begegneten.

Die Phase des Hochimperialismus bedeutete für die europäischen Ökonomien vor allem Bedarf an billigen Rohstoffen, Arbeitskräften und Absatzmärkten für die Produkte ihrer Industrien. Im kolonisierten Afrika erzwang dies eine sehr spezifische Richtung des sozialen Wandels. Denn Rohstoffe und Arbeitskräfte waren am billigsten, wenn man den Produzenten ihre Subsistenzbasis beließ, so dass sie ihre Lebensmittel weiterhin selbst produzieren konnten und - angesichts von Preisen und Löhnen - auch mussten. Daran hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert. Noch immer ist in Afrika die Mehrzahl der Menschen aufgrund fehlender Alternativen damit beschäftigt, ihren Lebensunterhalt direkt zu erwirtschaften. Der Begriff vom "Afrika zwischen Tradition und Moderne" hat darin seine materielle Grundlage (vgl. Jestel 1982:10).

Doch die Situation der afrikanischen Subsistenzproduktion ist prekär. Bedroht von Kriegshandlungen, Wassermangel, Landverlusten an Agrar-Großprojekte und durch Austrocknung, der Abwanderung des arbeitsfähigsten Teils der Bevölkerung in die Städte und notorischen Geldmangel findet ein verzweifelter Kampf um die Subsistenzbasis statt. Aber wo sie noch erhalten ist, wenn auch unter den Bedingungen von Armut und Ausbeutung, ist sie oft eine Voraussetzung für den Erhalt der kulturellen und sozialen Autonomie afrikanischer Gesellschaften. Hier liegt wohl das kulturelle Moment des "Afrikas zwischen Tradition und Moderne" (ebd.).

Diese Verhältnisse bestimmen heute den Unterschied zwischen Erster und Dritter Welt. Bewirkt hat sie die Geschichte der europäischen Expansion in ihrer Gesamtheit, in deren Verlauf die Gesellschaften der kolonisierten Völker mehr und mehr der technisch-ökonomischen Dynamik der westlichen Zivilisation unterworfen wurden. Dabei wurden die weltweiten Zusammenhänge von Ursachen und Wirkungen und das Netz der (ungleichen) Beziehungen zwischen den Gesellschaften immer direkter und enger. Auch Freiburg und sein Völkerkundemuseum waren darin einbezogen, bedenkt man, wie die kleine Provinzstadt vor 100 Jahren rund um den Globus Beziehungen mobilisieren und Aktivitäten entwickeln konnte, um ihr neues Museum einzurichten. Spätestens seit dieser Zeit kann eigentlich nicht mehr von der Geschichte des Westens, Europas oder Deutschlands und der Geschichte der Länder der Dritten Welt gesprochen werden, sondern nur noch von ihrer gemeinsamen Geschichte, deren weiterer Verlauf in der Verantwortung aller liegt. Als Phänomen ist die Globalisierung wesentlich älter als der Begriff (vgl. Wolf 1986:532).

Kultur ist Geschichte in der Gegenwart. Ein Beispiel für die kulturelle Gegenwart der deutsch-südwestafrikanischen Geschichte soll den Schluss bilden: Als eine Gruppe Deutscher im Frühjahr 1983 den Urenkel von Hendrik Witbooi, Hendrik Witbooi den Jüngeren in Gibeon, Namibia, besuchte, wurde ihm ein Bild seines Urgroßvaters als Geschenk überreicht. Er nahm es mit in den Sonntagsgottesdienst und zeigte es den Kirchenbesuchern, die spontan: "!Nanseb!" ausriefen, den Namen Hendrik Witboois des Älteren in ihrer Sprache (das Zeichen "!" wird für die Klicklaute der Namesprache verwendet), und das alte Preislied auf ihn anstimmten (Hinz, Patemann, Meier (Hg.) 1984:99).

Edgar Dürrenberger

Literatur

  • Badische Zeitung, 4.5.1954 zu Fischers 80. Geburtstag; 5.6.1964 zu Fischers 90. Geburtstag; 13.7.1967 zu Fischers Tod
  • Boell, Ludwig (1951): Die Operationen in Ostafrika. Weltkrieg 1914-1918. Privatdruck ehemaliger Deutsch-Ostafrikaner
  • Bridgman, Jon (1981): The Revolt of the Herero. Berkeley
  • Deutsches Kolonialblatt (1911): Nachrichten aus den deutschen Schutzgebieten, nichtamtlicher Teil, Ostafrika. Die Arbeiterverhältnisse beim Bau der Ostafrikanischen Mittellandbahn, S.708-709. Berlin
  • Fischer, Eugen (1913): Die Rehobother Bastards und das Bastardierungsproblem beim Menschen. Jena
  • ders. (1933): Der Begriff des völkischen Staates, biologisch betrachtet. Rede bei der Feier der Erinnerung an den Stifter der Berliner Universität, König Friedrich Wilhelm III. in der Alten Aula am 29.Juli 1933
  • ders. (1934): Erbe. Sonderdruck aus "Mein Heimatland" Heft 5/6, im Auftrag des Landesvereins Badische Heimat e.V., herausgegeben von Hermann Eris Busse, Freiburg i. Br.
  • Gerber, August (1901): Geschichte des Stadtwaldes von Freiburg i. Br. Volkswirtschaftliche Abhandlungen der Badischen Hochschulen. Tübingen und Leipzig
  • Götzen, G.A Graf von (1909): Deutsch-Ostafrika im Aufstand 1905/06. Berlin
  • Gründer, H. (1985): Geschichte der deutschen Kolonien. München, Wien, Zürich
  • Hinz, Manfred O., Helgard Patemann, Arnim Meier (Hg.) (1984): Weiss auf Schwarz. 100 Jahre Einmischung in Afrika. Deutscher Kolonialismus und afrikanischer Widerstand. Berlin
  • Interpress Archiv Internationaler Biographischer Pressedienst, Nr.180/25.5.1959 und Nr.173/22.5.1964
  • Jestel, Rüdiger (1982): Das Afrika der Afrikaner. Frankfurt am Main
  • Leutwein, Theodor (1908): Elf Jahre Gouverneur in Deutsch-Südwestafrika. Berlin
  • Mayer, W.,F. Metzger, J. Wilhelmi (1895): Schwarz-Weiß-Rot in Afrika. Puchheim
  • Mühlmann, Wilhelm E. (1968): Geschichte der Anthropologie. Frankfurt am Main
  • Nuhn, Walter (1994): Sturm über Südwest. Der Hereroaufstand von 1904 - Ein düsteres Kapitel der deutschen kolonialen Vergangenheit Namibias. Herausgegeben mit Unterstützung des Arbeitskreis für Wehrforschung Stuttgart. Bonn
  • Stoecker, Helmuth (Hg.) (1991): Drang nach Afrika. Die deutsche koloniale Expansionspolitik und Herrschaft in Afrika von den Anfängen bis zum Verlust der Kolonien. Berlin
  • Timm, Uwe (1981): Deutsche Kolonien. München
  • Westphal, Wilfried (1984): Geschichte der deutschen Kolonien. München
  • Winterer, Wilhelm (1923): Werben und Sterben. Ein Traum aus Deutsch-Ostafrika. Freiburg
  • Wolf, Eric R. (1986): Die Völker ohne Geschichte. Europa und die andere Welt seit 1400. Frankfurt am Main

homenach oben home